Die hypernervösen Finalisten der Copa del Rey

Klassiker in Basel und Clasico in Valencia: Im Mestalla, wo vor Wochenfrist der FCB im Europacup unterging, treffen heute Abend Real Madrid und der FC Barçelona im Endspiel der Copa del Rey aufeinander. An Emotionen wird es dem ewigen Duell der Erzrivalen auch dieses Mal nicht fehlen.

Diese Szene, der Fuss auf Pepes Kopf, heizt die Emotionen vor dem heutigen Cupfinal zwischen Real Madrid und dem FC Barçelona zusätzlich an. (Bild: Reuters/PAUL HANNA)

Klassiker in Basel und Clasico in Valencia: Im Mestalla, wo vor Wochenfrist der FCB im Europacup unterging, treffen heute Abend Real Madrid und der FC Barçelona im Endspiel der Copa del Rey aufeinander. An Emotionen wird es dem ewigen Duell der Erzrivalen auch dieses Mal nicht fehlen.

Gift und Galle sind alte Begleiter im titanischen Kampf zwischen Real und Madrid und dem FC Barcelona. Entgegen zeitgenössischer Legende haben sie wie das meiste andere auf der Welt nicht erst mit José Mourinho begonnen.

Dieser Tage kursierten etwa wieder die Bilder, wie der Barça-Spieler Bernd Schuster den Siegtreffer der Katalanen im Pokalfinale 1983 mit so rauschhaften wie unzweifelhaft obszönen Gesten gegenüber dem Rivalen zelebrierte. Auch in Jahr eins nach «The Special One» Mourinho stellt sich nun beim Finale in Valencias Mestalla wieder die Frage: Wo wird die Leidenschaft enden?

Komplott und Verschwörung

Womöglich stellt sich diese Frage sogar mehr denn je, obwohl in Carlo Ancelotti und Gerardo Martino zwei Charaktere die Trainerbänke besetzen, denen Zündeleien à la Mourinho so fern liegen wie einem Veganer die Massentierhaltung. Die hypernervöse Stimmung in beiden Clubs, die möglicherweise beide die Meisterschaft hinter Atlético Madrid beenden werden, können sie mit ihrem Phlegma auch nicht enthysterisieren.

Wo die Real-Spieler eine systematische Verschwörung des spanischen Schiedsrichterwesens zugunsten des Rivalen beklagen, machen die Barça-Funktionäre für ihre jüngsten Konflikte mit Staatsanwaltschaft und Fifa eine «schwarze Hand im weissen Handschuh» verantwortlich: einen von Madrid gesteuerten Komplott.

Mit Schadenfreude getanktes Selbstvertrauen

Die obsessive Verstrickung beider Klubs geht so weit, dass es den einen schon deshalb wieder viel besser geht, weil es den anderen jetzt noch schlechter geht. Nach der desaströsen Champions-League-Vorstellung beim 0:2 in Dortmund schien in Madrid die Welt unterzugehen.

Barças Ausscheiden am nächsten Tag sowie die darauf folgende Ligapleite der Katalanen beim Abstiegskandidaten Granada hoben die Laune bei Real wieder kräftig an. Trotz des Ausfalls von Cristiano Ronaldo (Knieprobleme) glauben die Madrilenen wieder fest an den Triumph gegen das in der Abwehr ersatzgeschwächte Barcelona, den sie jüngst im Liga-Clásico (3:4) so spektakulär verpassten.

Ein Tritt und die Polemiken

Dort kam es auch zu einer Szene, die seit Wochen die Boulevard-Presse in Atem hält. Während einer Rudelbildung nach dem zwischenzeitlichen 2:2 durch Messi stieg Barças Sergio Busquets über den am Boden liegenden Pepe. Auch auf den Kopf? Und absichtlich? Darüber stritten nun die Gelehrten beider Seiten. Und das Erstaunliche dabei: Es waren nicht nur die Medien, die das Thema auf der Agenda hielten.

Es waren auch nicht die Clubs, die während des Clásico-Reigens 2011 mit vier Duellen innerhalb von zweieinhalb Wochen noch Propaganda-Videos mit den Fouls des einen beziehungsweise den Schwalben des anderen um die Welt schickten. Es waren die Spieler selbst.

Pepe nutzte die Gelegenheit, zur Abwechslung auch mal die Opferrolle zu besetzen: «Wäre ich auf Busquets getreten, würde man mich wahrscheinlich des Landes verweisen». Seine Gegenüber wehrte sich: «Ein dummes Thema, hätte ich ihn getreten, hätte er sich vor Schmerzen gekrümmt oder jetzt einen Abdruck der Schuhgrösse 45 am Kopf.»

Vor allem aber meldeten sich die Führungskräfte zu Wort. Real-Kapitän Iker Casillas schlug sich auf Pepes Seite («Die Bilder sind eindeutig») und kündigte an, Busquets bei nächster Gelegenheit «die Ohren lang zu ziehen». Was wiederum Barças Vize-Captain Xavi zurückkeilen liess: «‹Busi› tritt Pepe nicht, er ist ein aufrichtiger Spieler. Einige Mitspieler der Nationalelf sind gerade ungerecht zu ihm.»

Alte Disharmonien, die ins Nationalteam abstrahlen

Spätestens mit diesem Satz waren sie zurück, die Geister von 2011. Damals führten die vier Clásicos samt Eskalation im vermeintlich nebensächlichen Supercup-Finale einige Monate später zu einer schweren Harmoniestörung in der «selección». Xavi etwa weigerte sich, mit Madrids Xabi Alonso zusammen an einem Werbedreh teilzunehmen, nachdem ihm der Teamkollege aus der Weltmeisterelf von 2011 auf das Knie getreten war und die Bitte um Vorsicht bei künftigen Zweikämpfen mit derben Beschimpfungen der Mutter des Barça-Regisseurs beantwortet hatte.

Erst ein legendär gewordener Anruf von Casillas bei Xavi rettete die Situation. «Wir waren dabei es zu verkacken, ich musste handeln», erinnerte sich der Torwart später. Spanien wurde 2012 wieder Europameister, aber bei Mourinho verlor Casillas seinen Stammplatz. «Dass er die Beziehungen zwischen Madrid und Barça befriedete, hat ihm geschadet», sagt Nationaltrainer Vicente del Bosque. Kann man da noch einmal Ähnliches erwarten?

Del Bosque selbst sandte angesichts der Aggressionen zwischen Spaniens Spitzenteams kürzlich eine deutliche Warnung aus. Reals Álvaro Arbeloa liess er nach einigen hässlichen Szenen in einem Derby gegen Atlético unberücksichtigt. Der ruppige Verteidiger, mittlerweile verletzt, ist auch für die Barça-Spieler das grösste Feindbild bei Real, neben Xabi Alonso, der in Brasilien 2014 wieder zusammen mit Busquets die Doppel-Sechs bilden dürfte. So sie einander heute am Leben lassen.

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