Die Justiz greift durch

Das Baselbieter Kantonsgericht bestätigt ein höchst umstrittenes Urteil gegen einen ausländischen Einbrecher. Das wird Folgen haben.

Hat sich mit seiner harten Haltung durchgesetzt: Strafrichter Enrico Rosa. (Bild: Dominik Plüss)

Das Baselbieter Kantonsgericht bestätigt ein höchst umstrittenes Urteil gegen einen ausländischen Einbrecher. Das wird Folgen haben.

Es ist ein einzigartiger Fall. Einer, bei dem selbst der Staatsanwaltschaft das Urteil des Strafgerichts viel zu hart schien und die Anklagebehörde darum in die Berufung ging. Gemeinsam mit dem Angeschuldigten – statt wie normalerweise gegen ihn. Die ungewöhnliche Allianz änderte allerdings nichts am Strafmass. Der 22-jährige Franzose muss wegen zwei recht dilettantisch durchgeführten Einbrüchen in Muttenz und Basel nun tatsächlich für zwei Jahre hinter Gitter. Das Kantonsgericht wies sein Berufungsbegehren am Dienstagabend ebenso zurück wie jenes der Staatsanwaltschaft, die ursprünglich eine Strafe von 10 Monaten gefordert hatte.

Schauprozess vor dem Strafgericht?

So speziell der Fall ist, so gross ist auch das Aufsehen – und war es schon von Anfang an. Beim Prozess im vergangenen Sommer kritisierte Gerichtspräsident Enrico Rosa die Staatsanwaltschaft für deren angeblich schlampiges Vorgehen. Seine Forderung: ganz generell eine härtere Gangart gegen so genannte Kriminaltouristen und Strafen, «die diese auch wirklich spüren». Eine Losung, welche die rechte Basler Zeitung fast schon mit Begeisterung aufnahm und über für eine tagelange Kampagne gegen die angebliche Kuscheljustiz nutzte – mit Richter Rosa als Kronzeugen.

Dabei stellte sich bald einmal heraus, dass die Basler Zeitung aus Gerichtskreisen auf den Modellfall aufmerksam gemacht worden war – womit sich die Frage stellte, wie unvoreigenommen das Gericht bei seinem drakonischen Urteil denn noch war. Und wie fair damit der ganze Prozess.

Eine heikle Frage, die auch die Staatsanwaltschaft im Berufungsverfahren aufwarf. Das Kantonsgericht unter dem Vorsitz von Dieter Eglin (SVP) beantwortet sie allerdings nur kurz, ohne grössere Erklärung, aber dafür mit einer klaren Aussage: Hinweise auf Befangenheit gebe es keine.

Bandenmässig! Oder doch nicht?

Fast noch strenger mit dem Angeklagten war die zweite Instanz in einem anderen Punkt: der Bandenmässigkeit. Mit dem Hinweis darauf rechtfertigte das Strafgericht sein scharfes Urteil. Zu Unrecht, wie die Staatsanwaltschaft überzeugt ist. Das Kantonsgericht taxierte die Delikte nun aber ebenfalls als bandenmässiges Vorgehen, da der Angeschuldigte eine Komplizin hatte und die beiden zwar nur zwei Häuser heimsuchten, dort aber in insgesamt drei Wohnungen einbrachen oder zumindest einzubrechen versuchten. Womit man auf drei Delikte, begangen von zwei Tätern kommt, was das Bundesgericht im Minimum als bandenmässig durchgehen lässt, wie aus der Urteilsbegründung hervorging.

Offenbar kann man aber auch zu einem anderen Schluss kommen. Die sechzehnjährige Komplizin wurde von der Basler Jugendanwaltschaft jedenfalls zu einer deutlich weniger harten Strafe verurteilt, auch weil bei ihr von Bandenmässigkeit keine Rede war.

Das ändert allerdings kaum etwas daran, dass der Entscheid des Kantonsgerichts im Baselbiet Folgen haben wird. Die Staatsanwaltschaft hatte wiederholt moniert, dass die Gerichte mit den Einbrechern sehr unterschiedlich umspringen würden. Falls das Kantonsgericht das Urteil des Strafgerichts bestätige, werde die Staatsanwaltschaft Konsequenzen ziehen und tendenziell höhere Strafen fordern. Womit Richter Rosa eines seiner Ziele erreicht zu haben scheint: Strafen, die möglichst abschreckend wirken.

Gar nichts verstanden

Ob die Botschaft bei den Delinquenten ankommt, wird sich allerdings noch weisen müssen. Bis jetzt hat jedenfalls nicht einmal der 22-jährige Franzose, der am Dienstag vor Gericht stand, irgendetwas begriffen, wie er nach der Urteilsbegründung sagte. Weinend bat der mehrfach Vorbestrafte, dass ihm das auf Schweizerdeutsch Gesagte auf Französisch übersetzt wird. Das sei nicht vorgesehen, wurde ihm beschieden. Dafür durfte ihm die Dolmetscherin dann noch mitteilen, dass ihm das Gericht alles Gute für die Zukunft wünsche. 

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