«Die Menschen werden für die Freiheit kämpfen»

Der Europäische Menschengerichtshof hat kürzlich die ukrainische Justiz im Fall Julia Timoschenko verurteilt. Für Vitali Klitschko, Bow-Weltmeister und Gründer der Udar-Partei, ist das ein Grund, endlich Reformen umzusetzen.

Box-Weltmeister Vitali Klitschko will politisch noch aktiver werden. (Bild: Keystone)

Der Europäische Menschengerichtshof hat kürzlich die ukrainische Justiz im Fall Julia Timoschenko verurteilt. Für Vitali Klitschko, Bow-Weltmeister und Gründer der Udar-Partei, ist das ein Grund, endlich Reformen umzusetzen.

Bis Ende Mai muss die Ukraine tiefgreifende demokratische Reformen einleiten. So verlangt es die EU. Andernfalls kann ein Abkommen über politische Assoziierung und freien Handel nicht wie geplant im Herbst unterzeichnet werden.

Herr Klitschko, das EU-Ultimatum läuft aus. Welche Erwartungen haben Sie an Brüssel?

Die Mitgliedschaft der Ukraine in der EU ist das Ziel meiner Partei Udar. Das Assoziierungsabkommen würde uns bei der Annäherung an Europa helfen. Unser Land darf nicht die Geisel eines autokratischen Regimes bleiben. Es sind Präsident Viktor Janukowitsch und die Repräsentanten seines diktatorischen Apparates, die bestraft werden sollten, nicht das Volk der Ukraine.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die ukrainische Justiz kürzlich im Fall Timoschenko verurteilt. Wie bewerten Sie die Entscheidung?

Es war ein gerechtes Urteil. Es belegt, dass die Inhaftierung von Julia Timoschenko politisch motiviert und illegal war. Uns bleibt die Hoffnung, dass der Richterspruch die Freilassung von Timoschenko und anderen politischen Gefangenen in der Ukraine bewirkt. Zugleich hat das Urteil gezeigt, dass die ukrainische Justiz vollständig der Regierung untergeordnet ist und nicht den Gesetzen.

«Unser System ist weit von europäischen Standards entfernt.»

Also trifft auch die Regierung die Entscheidung, wie es im Fall Timoschenko weitergeht?

Präsident Janukowitsch hat jede Möglichkeit, das politisch motivierte Urteil zu revidieren und Timoschenko freizulassen. Auf diese Weise würde er auch ein klares Signal nach Brüssel senden, dass die Ukraine gewillt ist, Fehler zu korrigieren und das ausgehandelte Abkommen mit der EU zu unterzeichnen. Meine Partei wird alles dafür tun, dass die Ukraine ihre Chance nicht verspielt, Mitglied der europäischen Völkergemeinschaft zu werden.

Welche Reformen sind entscheidend, um dieses Ziel zu erreichen?

Das Strassburger Urteil hat gezeigt, dass unser Justizsystem dringend reformiert werden muss. Das betrifft die Regeln für die Strafermittlung ebenso wie die Art und Weise, wie Gerichtsprozesse ablaufen und Urteile gefällt werden. All das ist weit von europäischen Standards entfernt.

Wie wird es in den kommenden Monaten weitergehen zwischen Brüssel und Kiew?

Die neuesten Nachrichten aus Brüssel verheissen nichts Gutes. Demnach verweigern die ukrainischen Behörden jede Diskussion im Fall Timoschenko. Aber selbst wenn wir uns für einen Augenblick das Undenkbare vorstellen – die Freilassung Timoschenkos in den kommenden Wochen –, dann würde dieser Triumph der Opposition dadurch geschmälert, dass es weiterhin eine abhängige Justiz und eine autoritäre Regierung in der Ukraine gibt. Die Freilassung Timoschenkos wäre ein Zeichen dafür, dass schnelle Veränderungen im Land unausweichlich sind.

Schauen wir auf die Präsidentenwahl 2015 voraus: Welche Rolle werden Sie spielen?

Ich bin mir sehr sicher, dass wir 2015 eine Ukraine erleben werden, in der die Menschen für ihre Freiheit kämpfen. Ich selbst werde eine Rolle spielen, die dazu geeignet ist, meinem Land am besten zu dienen.

Zur Person
Wie man zuschlägt und trifft, weiss Box-Weltmeister Vitali Klitschko. Seit 2010 kämpft der 41-Jährige nun im politischen Ring. Damals gründete er die proeuropäische Partei Udar (Schlag) als Gegenkraft zum autoritären Präsidenten Viktor Janukowitsch. Nach der Wahl 2012 zog Udar mit 14 Prozent der Stimmen als Oppositionspartei ins Parlament ein. Klitschko persönlich gilt im korrupten Kiewer Politbetrieb als unbelasteter Hoffnungsträger. Eine Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2015 hält er sich vielsagend-nichtssagend offen.

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