Der Grosse Rat musste sich am Mittwoch mit der Krise bei der Basler Sanität auseinandersetzen. FDP-Regierungsrat Baschi Dürr begründete seine Massnahmen. Es sei noch nicht alles gut, aber die Verkrampfung in der Sanität habe abgenommen, sagte er.
Es kommt äusserst selten vor, dass bei einem Traktandum sämtliche Grossräte von Anfang bis Schluss konzentriert zuhören und sich nicht ablenken lassen. Beim Bericht der Geschäftsprüfungskommission (GPK) zur Basler Sanität war dies ausnahmsweise der Fall. Gespenstig ruhig war es im Grossratssaal, als das Geschäft am späten Mittwochnachmittag behandelt wurde.
Das Thema ist denn auch von besonderer Brisanz. Dürr gab Ende Juli bekannt, dass er an Rettungsleiter Dominik Walliser festhält und sich Sanitätsleiter Hans Peter Altermatt sowie Teamleiter Lorenz Nägelin verabschieden müssen. Zuvor veröffentlichte die GPK-Subkommission einen Bericht zu den seit Jahren anhaltenden Unruhen in der Basler Sanität wegen der hohen Arbeitsbelastung. In diesem Bericht sprach die GPK von einem «offenen Konflikt innerhalb der Sanität» und empfahl dem Justiz- und Sicherheitsdepartement von Baschi Dürr, «umgehend personelle Massnahmen in der Leitung von Sanität und Rettung zu ergreifen».
Dürr nimmt seinen Vorgänger in Schutz
Die Absetzung des Teamleiters Lorenz Nägelin, der SVP-Fraktionschef ist und bei der Debatte nicht anwesend war, sorgte bei den Parlamentariern im Vorfeld für grosses Erstaunen und auch für Kopfschütteln. Nur reden mochte man im Grossratssaal nicht darüber. So wollte Thomas Strahm (LDP) als Präsident der GPK-Subkommission die Massnahmen von Dürr nicht beurteilen. Er sagte einzig: «Wir stellen fest, dass das Departement rasch reagiert hat und unsere Forderungen teilweise erfüllt sind. Es liegt nun nicht an uns, die Entscheide zu bewerten.»
Laut Dürr reichen die Probleme in der Sanität weit zurück. Er sei sich bei seinem Amtsantritt bewusst gewesen, dass die Sanität eine seiner schwierigsten Baustellen werde. «In der Sanität entwickelte sich über Jahre, teilweise über Jahrzehnte hinweg, eine personelle Verkrampfung. In den Teams sind verschiedene Seilschaften und Animositäten gewachsen.» Opfer und Täter seien nicht so einfach herauszukristallisieren, wie es die GPK und die Medien gemacht hätten.
Der FDP-Regierungsrat nahm seinen Vorgänger und Parteifreund Hanspeter Gass in Schutz, dieser hatte den verschiedentlich kritisierten Personal- und Organisationsentwicklungsprozess eingeleitet, der in der Sanität zu noch mehr Unruhen führte. «Ich hätte wahrscheinlich gleich entschieden wie er.» Um das Personal zu entlasten, werden nun vier neue Stellen geschaffen. Dies sei auch nötig, zumal sich bei den Sanitätsmitarbeitern im Durchschnitt 200 Überstunden angehäuft hätten. Das sei in seinem Departement ein Rekord, so Dürr.
Kritik an GPK-Bericht
Laut Dürr ist auch nach seinen beschlossenen Massnahmen noch nicht alles gut bei der Sanität. «Es braucht einen gewissen Heilungsprozess. Es ist noch nicht alles abgeschlossen und es gibt noch viele Baustellen.» Noch lange seien nicht alle zufrieden, teilweise herrsche immer noch Frustration. Jedoch werde wieder konstruktiver diskutiert. «Die Verkrampfung hat deutlich abgenommen und ich bin zuversichtlich, die richtigen Massnahmen getroffen zu haben.» Er wolle sich daran auch messen lassen. Dürr machte aber gleichzeitig klar, dass er noch mehr machen muss, um wieder Ruhe in die Sanität zu bringen. «Wir werden wohl nicht darum herumkommen, weitere personelle Massnahmen einzuleiten.»
Im Grossen Rat nahm man den Bericht der GPK und Dürrs Worte zur Kenntnis. Zurückhaltend zeigte sich die SVP, obwohl ihr Fraktionschef Nägelin direkt von den Massnahmen betroffen ist. Ganz lassen konnte es Joël Thüring aber dann doch nicht. So sagte er: «Es ist kein einfaches Traktandum für uns. Wir fragen uns, ob man nicht auch den Vorgesetzten des Sanitätsleiters in die Verantwortung hätte nehmen müssen. Im GPK-Bericht kam klar zum Ausdruck, dass es keine Schwierigkeiten in den Teams gibt und dort keine personellen Massnahmen nötig sind.»
Kritik gab es auch für die GPK. Laut Tanja Soland (SP) mischte sich die GPK mit ihrem Bericht viel zu stark in den operativen Teil ein. «Es war zwischen den Zeilen geschrieben, welche Personen bei der Sanität gehen müssen. Es ist heikel, die Leute so durch die Medien zu ziehen und sie öffentlich abzuschiessen.» Wie Lukas Engelberger von der CVP sagte, könne man Führungspersonen gar nicht öffentlicher abschiessen als es die GPK getan habe. Am Schluss liege die Führungsverantwortung bei der Exekutive.
Michael Koechlin (LDP) plädierte dafür, dass sich die Grossräte nun beim Thema Sanität zurückhalten. «Wir sollten dem Departement nun Zeit lassen. Nur so kann es zeigen, dass die Massnahmen Wirkung haben.»
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