Die Schweiz kümmert sich aktiver um die Rückführung des Mubarak-Vermögens als Ägypten selbst

Seit dem ersten Juli hat die Schweiz ein eigenes Gesetz zum Umgang mit Potentatengeldern, auch schon «Lex Mubarak» genannt. Ägypten wird auch nach dem neuen Gesetz beweisen müssen, dass das eingefrorene Mubarak-Vermögen aus unrechtmässigen Quellen stammt. Der Elan in Kairo ist nicht sehr ausgeprägt.

FILE - In this Saturday, April 26, 2014 file photo, ousted Egyptian President Hosni Mubarak attends a hearing in his retrial over charges of failing to stop killings of protesters during the 2011 uprising that led to his downfall, in the Police Academy-turned-court in the outskirts of Cairo, Egypt. Egypt�s deposed leader Hosni Mubarak and his two sons were sentenced Saturday to three years in prison and a fine in a retrial on corruption charges they faced earlier. It wasn�t immediately clear whether it will include time he�s already served since his country�s 2011 revolt. (AP Photo/Tarek el Gabbas, File)

(Bild: TAREK EL GABBAS)

Seit dem ersten Juli hat die Schweiz ein eigenes Gesetz zum Umgang mit Potentatengeldern, auch schon «Lex Mubarak» genannt. Ägypten wird auch nach dem neuen Gesetz beweisen müssen, dass das eingefrorene Mubarak-Vermögen aus unrechtmässigen Quellen stammt. Der Elan in Kairo ist nicht sehr ausgeprägt.

Ägypten hat einen neuen, nationalen Feiertag. Am 30. Juni wurden erstmals die Massenproteste im Jahr 2013 gegen die Islamisten von Präsident Mohammed Mursi als «Revolution» gefeiert. Drei Tage später folgte damals seine Entmachtung durch die Armee unter ihrem Chef Abdel Fattah al-Sisi.

Die Revolution, die im Frühjahr 2011 zum Sturz von Langzeitregent Hosni Mubarak führte, scheint dagegen weit weg. Das gilt auch für den Umgang mit dem Mubarak-Vermögen. Nur selten taucht dieses Thema wieder in der Öffentlichkeit auf, etwa kürzlich bei der Publikation der Panama-Papiere, als das Schlaglicht auf das verschachtelte Imperium von Firmenbeteiligungen von Mubaraks Sohn Gamal fiel oder als der Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber im Januar wieder einmal Kairo besuchte.

14 Konten stehen in der Schweiz im Fokus

Es macht ganz den Anschein, als sei die Schweiz der aktivere Teil in dem Bemühen, die 2011 vorsorglich eingefrorenen rund 700 Millionen Dollar des inneren Mubarak-Zirkels nach Ägypten zurückzuführen. Seit dem 1. Juli ist ein eigenes Gesetz über Potentatengelder in Kraft. Damit wird der rechtliche Rahmen für Sperrung, Einziehung und Rückerstattung von Potentatengeldern gestärkt.

Es wird festgelegt, dass es keine Verjährungsfristen für die unrechtmässige Bereicherung von führenden Persönlichkeiten im Ausland gibt. Vorgesehen sind zudem gezielte Massnahmen, um Herkunftsländer in ihren Bemühungen um Rückerstattung zu unterstützen, etwa durch die Entsendung von Experten.

Von 700 Millionen «gehört» die Hälfte der Gelder der Mubarak-Familie.

Das Gesetz wurde 2011 nach dem Ausbruch des arabischen Frühlings auf den Weg gebracht und wurde deshalb auch schon als «Lex Mubarak» bezeichnet. Damals wurden Vermögen der Mubarak-Familie und weiterer Persönlichkeiten vorsorglich eingefroren. Dieser Betrag beläuft sich derzeit auf rund 700 Millionen Dollar. Knapp die Hälfte soll die Mubarak-Familie selbst betreffen. Wie Lauber im Januar in Kairo erklärte, hat sein Büro seit 2011 in die Konten von 14 beschuldigten Personen geschaut und bei den ägyptischen Behörden 30 Anfragen um rechtliche Hilfe gestellt, um den Ursprung von Geldern zu eruieren.

Für den gewöhnlichen Ägypter gibt es keinen Zweifel, dass dieses Geld dem Land «gestohlen» wurde. Auch mit dem neuen Gesetz muss die ägyptische Führung aber beweisen, dass dieses Vermögen aus unrechtmässigen Quellen wie zum Beispiel Korruption oder Geldwäsche stammt. Wie hoch die Vermögenswerte der Mubarak-Familie im Ausland – neben der Schweiz vor allem England und Zypern – sind, darüber gibt es keine vertrauenswürdigen Angaben. Die Schätzungen reichen von wenig mehr als einer Milliarde bis zu mehreren Dutzend Milliarden Dollar.

Keine verwertbaren Urteile erschweren die Rückführung

Bis jetzt wurden Mubarak und seine Söhne Alaa und Gamal erst in einem Fall der Veruntreuung bei der Renovierung von Präsidentenpalästen zu drei Jahren Gefängnis, einer Geldstrafe und der Rückzahlung von 17,6 Millionen Dollar verurteilt. Im «Jahrhundertprozess» gegen Mubarak wurde die Anklage wegen Korruption gestrichen.

Einen ähnlichen Verlauf haben Korruptionsverfahren gegen andere Mitglieder aus jener Ära, vor allem Geschäftsleute und Minister genommen. In der Revision gab es Freisprüche oder eine massive Reduktion des Strafmasses. Für die Rückführung des eingefrorenen Geldes gibt es deshalb bis jetzt noch keine verwertbaren Gerichtsurteile.

Bis jetzt sind 17,6 Millionen zurückgeflossen an den Staat.

Die neue ägyptische Führung unter Präsident Sisi hat in den letzten Jahren einen andern Weg gewählt. Mit mehreren Geschäftsleuten wurden Deals geschlossen, das heisst, sie gaben Vermögen von dem angenommen wurde, dass es aus unrechtmässiger Bereicherung stammt an den Staat zurück und wurden dafür nicht strafrechtlich verfolgt.

Die Klientelwirtschaft, die unter Mubarak geherrscht hat, ist auch heute noch weitgehend unangetastet; der Kreis der einflussreichsten Geschäftsleute praktisch intakt. Einzig beim Verkauf von Land, das früher fast verschenkt wurde, gab es Anpassungen. Das Interesse, die Folgen dieses Systems aufzuarbeiten, schwindet zusehends. Derzeit wird mit den Islamisten, auch ihrer Business-Elite und den Aktivisten der Revolution von 2011 abgerechnet.

Ist eine gütliche Einigung die Lösung?

Die Mubarak-Familie bleibt aber ein Sonderfall. Dass sie die in der Schweiz eingefrorenen Millionen zurückerhält, würde von der Bevölkerung nicht geschluckt. Das Schweizer Gesetz enthält aber auch einen Paragrafen über eine «gütliche Einigung».

Vorstellbar wäre vielleicht, dass Mubarak-Familie und ägyptische Regierung sich verständigen, dass das Geld in einen staatlichen Fonds fliesst, etwa an jenen unter dem Etikett «Lang lebe Ägypten», mit dem verschiedene Entwicklungsprojekte wie sozialer Wohnungsbau finanziert werden.

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