Die SP schlägt dem Bundesrat seine Steuer-Widersprüche um die Ohren

Totaler «Informationsaustausch» mit den USA und für Lohnempfänger in der Schweiz. Aber gar keiner mit der EU und für Reiche im Inland. Das sind die schreienden Widersprüche der Steuerpolitik des Bundesrates. Die SP reibt sie ihm jetzt unter die Nase.

Nationalrätin Ada Marra (VD), Parteipräsident und Ständerat Christian Levrat(FR) und Nationalrätin Susanne Leutenegger-Oberholzer (BL) kritisieren die Weissgeldstrategie des Bundesrates. (Bild: Keystone/Peter Schneider )

Totaler «Informationsaustausch» mit den USA und für Lohnempfänger in der Schweiz. Aber gar keiner mit der EU und für Reiche im Inland. Das sind die schreienden Widersprüche der Steuerpolitik des Bundesrates. Die SP reibt sie ihm jetzt unter die Nase.

«Das Fatca-Abkommen ist der schlimmste Vertrag, den ich je gesehen habe», stellte SP-Präsident Christian Levrat am Dienstag in Bern vor den Medien fest: «Sogar die Weiterentwicklung dieser US-Regelungen müssen wir automatisch übernehmen.» Da mache der Bundesrat also mit den USA duckmäuserisch und unterwürfig in zwei wichtigen Punkten genau das, was er gegenüber den EU-Ländern stets stur und hartnäckig ablehne: Er praktiziere den grenzüberschreitenden «automatischen Informationsaustausch» in Steuerfragen. Und er übernehme in dieser Sache US-Rechtssetzung, ohne dass das Volk je etwas dazu sagen könnte.

«Fatca» heisst «Foreign Account Tax Compliance Act» – oder zu Deutsch etwa «Steuer-Einverständnis-Erlass für Ausland-Konten». Konkret bedeutet es, dass Schweizer Banken den US-Steuerbehörden gegenüber detailliert und unaufgefordert Informationen und Daten von US-Bürgern und Firmen weitergeben, die Konten bei ihnen unterhalten. Kurzum: Der zwischenstaatliche «automatische Informationsaustausch (AIA)» in Steuerfragen.»

Hier blossgestellt – da anonym

Ab 2013 soll damit im Finanzverkehr mit den USA für die Schweiz das gelten, was der Bundesrat gegenüber den EU-Staaten – und insbesondere gegenüber unserem wichtigsten Nachbarn Deutschland – mit grosser politischer und diplomatischer Energie partout verhindern will. Er hatte den Deutschen als Ersatz in einem Staatsvertrag eine «Abgeltungssteuer» offeriert, welche die Kontoinhaber in der Anonymität belässt. Die Regierung Merkel hatte das akzeptieren wollen. Doch der deutsche Bundesrat, die Länderkammer lehnte klar ab. Nicht zuletzt auch darum, weil die da dominierende SPD gegenüber der Schweiz den selben offenen Informationsaustausch verlangt, wie unser Land ihn auch den USA gewährt.

Jetzt fordert die SP, die Landesregierung solle aufhören, in Absprache und im Dienste der Bankiers den Informationsaustausch zu bekämpfen. «Der Bundesrat nimmt mit der Europäischen Union Verhandlungen über ein Abkommen zur Einführung des Automatischen Informationsaustausches in Steuersachensowie ein Finanzdienstleistungsabkommen auf», schreiben die Sozialdemokraten in einem «Verhandlungsmandat des Bundesrates». Bis im Frühjahr 2013 müssten solche Verhandlungen aufgegleist werden.

Die SP-Nationalrätinnen Ada Marra (VD) und Susanne Leutenegger-Oberholzer (BL) betonten an Levrats Seite, die Position des Bundesrates, der immer nur den Bankiers hinterher laufe, sei ohnehin nicht mehr lange haltbar. «Die Banken diktieren dem Bundesrat eine Strategie, welche den Namen nicht verdient und dem Finanzplatz Schweiz schadet», warnten sie. Jetzt sei es Zeit für eine «wirksame Weissgeldstrategie». Und diese könne nur mit dem System AIA (Automatischer Infromations-Austausch) bewerkstelligt werden. Diesen AIA praktizierten immer mehr EU-Länder untereinander. Auch die Schweiz müsse sich dafür einsetzen, «dass die Steuerhinterziehung weltweit bekämpft» und Steueroasen ausgetrocknet werden, forderten die Sozialdemokratinnen in Bern.

Totaler Informationsaustausch für Lohnbezüger

Von solchen Oasen profitiert nur eine kleine Minderheit weltweit operierender Steuerdelinquenten. Für die grosse Mehrheit der Lohnbezüger gilt längst der totale, automatische Informationsaustausch in Steuersachen. Auch in der Schweiz: In den meisten Kantonen leiten die Personalbüros die Lohnausweise ihrer Beschäftigten im Betrieb mit allen Details direkt an die Steuerverwaltung weiter. Da herrscht längst der totale AIA.

Und mit dem Anschluss der Schweiz an den Fatca der USA handelt sich der Bundesrat noch gleich einen weiteren bösen Widerspruch ein: Mit Facta besteht dann gegenüber den US-Steuerbehörden eine viel weitergehende Auskunftspflicht, als gegenüber den Steuerbehörden hierzulande. Die SP fordert darum «die Gleichbehandlung der inländischen Steuerbehörden mit den Behörden im Ausland, die im Rahmen der Amtshilfe weitergehende Bankinformationen erhalten.»

Initiative für mehr Rechtsgleichheit

Levrat vermutet zudem, dass der Bundesrat im Fatca-Vertrag mit den USA – im Unterschied zu den meisten EU-Staaten – darum nicht auf Gegenseitigkeit beharre. Diese würde nämlich bedeuten, dass die Schweizer Steuerverwaltung auch Zugriff auf die US-Konten reicher Schweizer erhalten würde. Davor wolle der Bundesrat die begüterten Schweizer mit Konten in den USA partout schützen. 

Sollte der Bundesrat diese einseitige Politik nicht aufgeben, droht die SP jetzt mit einer Initiative. Diese müsste die derzeit schreiende Ungerechtigkeit in Steuersachen beheben und wieder Steuer-Rechtsgleichheit sowie gleiche Behandlung aller Leute im Land bezüglich Informationen über die persönlichen Finanzverhältnisse garantieren.

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