Die GLP hat ihn gefragt, die Jusos haben ihn gefragt. Nur bei der SP Baselland war die religiöse Weltanschauung von Thomi Jourdan (EVP) kein Thema. «Das hat mich auch gewundert», sagt SP-Präsident Martin Rüegg.
Er hat als Gymnasiast in Muttenz seine Rock-Platten nach einem Moment der Erkenntnis entsorgt, er musiziert in der «Band of Worship», die «Musik für IHN» macht, er hilft bei der Betreuung der 24-Stunden-Beter im Basler «House of Prayer».
Denken wir an Thomi Jourdan, den EVP-Kandidaten für den Baselbieter Regierungsrat, denken wir in erster Linie an Thomi Jourdan, den Gläubigen. Ein Porträt in der Basler Ausgabe der «Schweiz am Sonntag» hat diesen Aspekt kürzlich schön aufgearbeitet.
«Mein Glauben ist Privatsache»
Er selber gibt sich in der Öffentlichkeit sehr zurückhaltend, was sein religiöses Engagement betrifft. «Mein Glauben ist Privatsache», sagte er im gleichen Text. Um diese Aussage zu unterstreichen, hat er diverse Spuren seines Glaubens im Internet gelöscht. Auch auf der offiziellen Kandidaten-Seite steht unter seinen Hobbys nur noch «Garten und Musik». Ganz alle Spuren hat Jourdan jedoch nicht erwischt: In einem Kommentar auf Facebook schwärmt der Kandidat in den höchsten Tönen vom bereits erwähnten Gebetshaus (hop Basel), dem Ableger einer charismatisch evangelischen Bewegung aus den USA: «Es gibt Dinge, die lassen sich in Worten kaum beschreiben…Ich bin so dankbar fürs hop basel. Dankbar all den Menschen, die diesen Ort zu dem machen, was er sein darf. Dankbar Gott, dass er so vielen Menschen das Gebetshaus aufs Herz gelegt hat. Dankbar IHM, weil ER diesen Ort entstehen liess und wachsen lässt. Just amazing!»
Etwas weniger amazing scheint das Hearing von Thomi Jourdan bei den Baselbieter Jusos gewesen zu sein: «Wir haben ihn gegrillt», sagt Juso-Präsident Adrian Mangold. Auch gesellschaftspolitisch heikle Themen seien angesprochen worden. Jourdans Haltung zu Homosexuellen, zur Abtreibung, zu Sterbehilfe. Jourdan habe akzeptable Antworten gegeben, sei jedoch vage geblieben, sagt Mangold. Dennoch einigten sich die Juso auf eine Stimmempfehlung. «Wir wählen einen Regierungsrat, der sich um kantonale Probleme kümmern muss und nicht die grossen Gesellschaftsfragen behandelt.» Und im Vergleich zu Gegenkandidat Anton Lauber sei Jourdan schlicht «die bessere Alternative».
Schwankende Antworten
Auch beim Hearing der Grünliberalen war die gesellschaftspolitische Einstellung der beiden Kandidaten ein Thema. Laut Parteipräsident Hector Herzig wurde Lauber eine Frage zum Thema Abtreibung und Jourdan eine Frage zum Thema Sterbehilfe gestellt. «Lauber hat Abtreibungen unter klar definierten Bedingungen gutgeheissen. Jourdan schwankte bei seiner Antwort.»
Kein Thema war die religiöse Einstellung von Jourdan und deren politische Konsequenzen beim Hearing seines wichtigsten Verbündeten: der SP. Den beiden Kandidaten wurden zwar erschöpfend Fragen zur Wirtschaftspolitik und der Zukunft des Kantons gestellt – die Gesellschaftspolitik blieb aber aussen vor. «Das hat mich auch gewundert. Und war sicher keine Absicht», sagt Parteipräsident Martin Rüegg. Vielleicht habe es damit zu tun, dass Jourdan bereits bei den Jungsozialisten eingehend befragt worden sei. Grundsätzlich glaubt Rüegg, dass die Positionen von Jourdan in den heiklen gesellschaftspolitischen Bereichen «differenziert» geworden seien. «Seine Persönlichkeit ist gereift seit der Zeit im Landrat.»
Geringe Opposition
Die Opposition gegen eine Unterstützung von Thomi Jourdan innerhalb der SP war klein. Eine der wenigen Gegnerinnen einer Wahlallianz ist Landrätin Pia Fankhauser. «Ich habe mir überlegt, ob ich eine Frage zu Schwangerschaftsabbrüchen stellen sollte. Aber es hätte der Diskussion nicht geholfen, wenn man grundsätzlich geworden wäre.» Die Debatte habe eine ganz andere Dynamik gehabt, habe sich mehr auf wirtschaftspolitische Frage konzentriert. Für Fankhauser gilt: «Als SP-Frau und Gewerkschafterin kann ich Thomi Jourdan nicht unterstützen. Wir haben in zu vielen Bereichen unterschiedliche Haltungen.» Gleichzeitig akzeptiere sie natürlich den Entscheid der Delegiertenversammlung.
Jourdan selbst scheint beim Hearing damit gerechnet zu haben, auf seine Religion angesprochen zu werden. Im Vorgespräch sei das ein Thema gewesen, sagt Parteipräsident Rüegg.
Die Ratschläge von Eric Nussbaumer
Dafür hat sich Jourdan auch Ratschläge bei jenem Mann geholt, der im Kanton wohl die meiste Erfahrung mit Religiosität und Regierungsratskandidaturen hat. Das Engagement von SP-Nationalrat Eric Nussbaumer in einer Methodisten-Kirche wurde während seinem Wahlkampf ausgiebig thematisiert. «Mich hat schon überrascht, wie fest die Medienschaffenden das umgetrieben hat», sagt Nussbaumer und deutet das Interesse als Zeichen für die fortschreitende Säkularisierung der Welt. «Da bin ich mit meinem Glauben beinahe schon eine Exot». Jeder Mensch trage doch eine bestimmte Weltanschauung in sich. Dabei ist für Nussbaumer nicht entscheidend, ob diese Weltanschauung religiös geprägt ist, sondern welche gesellschaftspolitischen Entscheidungen man daraus ableitet. «Ich hätte Mühe, wenn ein Missionar in die Baselbieter Regierung gewählt würde, der als Regierungsrat die Gesellschaft auf den Kopf stellen möchte. Bei Thomi Jourdan habe ich diese Befürchtungen nicht.»