Die späte Freude über Bronze

Die erfolgsverwöhnten Schweizer Degenfechter sicherten sich in Montreux an der Heim-Europameisterschaft den dritten Rang im Teamwettbewerb. Aus der Riesenenttäuschung wurde schlussendlich echte Freude.

Third placed Switzerland's Fabian Kauter, Peer Borsky, Max Heinzer and Benjamin Steffen, from left, pose with the bronze medal on the podium after the men's team epee final at the European Fencing Championships in Montreux, Switzerland, Wednesday, June 10, 2015. (KEYSTONE/Laurent Gillieron)

(Bild: LAURENT GILLIERON)

Die erfolgsverwöhnten Schweizer Degenfechter sicherten sich in Montreux an der Heim-Europameisterschaft den dritten Rang im Teamwettbewerb. Aus der Riesenenttäuschung wurde schlussendlich echte Freude.

Montreux. Sie jubelten, demonstrierten Siegesposen und verbreiteten ihre grosse Freude im imposanten 2m2c Montreux Music & Convention Centre. Gewonnen hatten Max Heinzer, Benjamin Steffen, Peer Borsky und Fabian Kauter soeben das Duell um Rang 3 und sich damit die Bronzemedaille an diesen lang herbeigesehnten und intensiv vorbereiteten Titelkämpfen am Genfersee gesichert. Eigentlich eine gewaltige Enttäuschung. Als Team-Europameister der letzten drei Jahre konnte nichts anderes als die Titelverteidigung und somit Gold das Ziel darstellen.

Ein Widerspruch? Natürlich. Doch die Freude war nicht gespielt. Dahinter steckt ein Wandel, eine erstaunliche Reaktion. Rund dreieinhalb Stunden vorher nämlich herrschte im Schweizer Team Tristesse pur. Im Halbfinal scheiterten sie an Aussenseiter Estland hauchdünn in der Verlängerung 41:42. Teamleader Max Heinzer, am Wochenende noch Silbermedaillengewinner im Einzelwettbewerb, verlor das Schlussgefecht und suchte nach Erklärungen.

Nach den Tränen der Jubel

«Ich stieg voller Vertrauen in die entscheidende Begegnung und verlor schliesslich sehr unglücklich», sagte er. Immerhin hatte er es mit dem estischen Teamleader zu  tun: Nikolai Novosjolov, dem Weltmeister von 2012 und 2013. Aber Heinzer übte Selbstkritik: «Es hätten sich genug Möglichkeiten geboten, doch ich wusste sie nicht zu nutzen.» Die Dreipunkteführung (28:25), mit der er als Vorgabe ins Duell gegangen war, vermochte er nicht über die Distanz zu retten.

Es flossen Tränen. Die Konsternation war perfekt. «Während der ersten 15 Minuten in der Garderobe war’s totenstill», umschrieben die Protagonisten später die Stimmung untereinander. Eine Erklärung fürs Vorgefallene erkannten die vier erst später: «Es fehlte ein Tick, wohl wähnten wir uns gedanklich schon im Final.» Doch diese Niederlage wollten sie nicht auf sich sitzen lassen. Die Schweizer rappelten sich auf und traten im Bronzeduell gegen die Ukraine nochmals mit voller Konzentration und mit Siegeswillen an. Souverän setzten sie sich mit 39:28 durch.



Switzerland's Fabian Kauter, Benjamin Steffen, Peer Borsky and Max Heinzer, from left, celebrate the bronze medal after defeating Ukraine during the men's team epee final for the third place at the European Fencing Championships in Montreux, Switzerland, Wednesday, June 10, 2015. (KEYSTONE/Laurent Gillieron)

Der Jubel der Schweizer Degenfechter ist gross nach dem Sieg über die Ukraine. (Bild: LAURENT GILLIERON)

«Wir haben Charakter gezeigt, und daraus dürfen wir Mut für die Zukunft ziehen», sagte Heinzer. Und Borsky, der immer besser in seine Rolle hineinwuchs, meinte: «Es zeugt vom Selbstvertrauen eines jeden Einzelnen und vom Zusammenhalt als Team, wie wir dieses Turnier abzuschliessen vermochten.» Der Jüngste im Team erkennt darin, «dass das gegenseitige Vertrauen stimmt». Stolz machte sich breit.

Gescheitert ist die Schweizer Equipe schliesslich primär daran, dass an diesem Tag nicht alle ihr Toplevel abrufen konnten. Vor allem Fabian Kauter als Weltnummer 11 vermochte seinen Teamkollegen nicht die nötige Stabilität zu vermitteln. Seine Bilanz nach den beiden Gefechten gegen die Türkei und den drei gegen Tschechien ergab sechs Minuspunkte. «Ich habe meine Leistung nicht erbracht und bin wohl am Druck und der Nervosität gescheitert.» Peer Borsy, der einsprang, machte seine Sache zwar gut, verfügt aber (noch) nicht über die Klasse und Stabilität eines Kauters in Topform. Und gesamthaft betrachtet, brachte auch Teamleader Max Heinzer keine absolute Topleistung.

Souverän trat einzig der Basler Benjamin Steffen auf, der in sämtlichen Gefechten mehr als doppelt so viele Pluspunkt verbuchte wie Heinzer und Borsky zusammen.

Nächster Artikel