Über 300 Millionen Euro Schwarzgeld soll die Vatikanbank verwaltet haben. Es ist nicht das erste Mal, dass die Bank des Papstes in der Kritik steht.
Es ist erst ein paar Tage her, dass das Institut für die religiösen Werke (IOR), besser bekannt als Vatikanbank, erstmals seine Bilanz veröffentlichte. Mit Interesse nahm die Fachwelt von den Zahlen aus dem Jahr 2012 Kenntnis.
Es war ein historischer Augenblick, denn noch nie hatte die sagenumwobene Vatikanbank, die laut ihrem Statut nur Geistlichen, Vatikanmitarbeitern, Vatikan-Diplomaten sowie katholischen Stiftungen und Organisationen zugänglich ist, Einblick in ihre Bücher gewährt. Immer wieder betonte der deutsche IOR-Präsident Ernst von Freyberg, er wolle mehr Transparenz.
Konten müssen geschlossen werden
Nicht mitgeteilt wurde der Öffentlichkeit damals, dass offenbar Hunderte Privatkunden viele Jahre lang Schwarzgeld-Konten bei dem Institut unterhalten haben. Das meldete «Spiegel Online» am Sonntag. Bis zum Sommer 2013 seien mehr als 300 Millionen Euro auf den Konten von mehr als Tausend Privatleuten gelagert worden. «Nach internen Informationen aus der Bank soll es sich bei diesem Geld ‹zum allergrössten Teil› um Schwarzgeld handeln», hiess es. Insgesamt wird geschätzt, dass das IOR rund sechs Milliarden Euro verwaltet.
Der «Corriere della Sera» hatte vergangene Woche berichtet, die Bank habe am 23. September 900 Briefe an Kunden verschickt mit der Aufforderung, ihre IOR-Konten zu schliessen. Darunter seien auch die Vatikan-Botschaften von Syrien, Iran, Irak und Indonesien.
Papst Franziskus will eine «Ethik-Bank»
2011 hatte Papst Benedikt einen Prozess in Gang gebracht, in dem die Vatikanbank sich internationalen Standards nähern sollte. Laut den Regularien der Bank ist es offiziell nicht zulässig, dass vatikanfremde Privatpersonen Konten beim IOR unterhalten. Papst Franziskus hatte vor kurzem eine Kommission zur Überprüfung der IOR-Aktivitäten eingesetzt. In diesem Zusammenhang war auch die Rede von einer Umwandlung des Instituts in eine «Ethik-Bank», aber auch seiner möglichen Schließung.
Im Vatikan reagierte man überrascht auf die Vorwürfe. Der Pressesprecher des Heiligen Stuhls, Pater Federico Lombardi, sagte der TagesWoche, er wisse nichts von den Vorwürfen. Er wies aber auf die Anstrengungen der Vatikanbank hin, Transparenz zu fördern und internationale Standards in der Geldwäsche-Bekämpfung zu erreichen.
Schmiergelder und Geldwäsche der Mafia
«Diese Prozeduren werden wie bisher weiter verfolgt», sagte er. Die Enthüllungen könnten die Reputation der Bank allerdings erneut beschädigen. IOR-Präsident von Freyberg, der erst im Frühjahr eingesetzt wurde, sagte in einem Interview mit dem «Osservatore Romano» aus Anlass der Veröffentlichung der Bilanzen: «Für den Heiligen Stuhl ist es sehr wichtig, dass das IOR ein positives Subjekt wird und nicht von der Botschaft des Heiligen Vaters ablenkt.»
Seit Wochen sind auf interne Initiative Rechnungsprüfer im Vatikan zu Gange, die die Konten der Bank durchleuchten. Derzeit untersuchen 20 Experten der US-amerikanischen Beratungsgesellschaft Promontory die knapp 19 000 Konten. Auch die vom Papst eingesetzte IOR-Kommission soll unbeschränkten Zugang zu internen Informationen haben.
Bereits in der Vergangenheit machte die Vatikanbank, die lange Zeit als Offshore-Paradies galt, immer wieder wegen Schwarzgeld-Konten auf sich aufmerksam. So wurden hier nicht nur Schmiergelder für italienische Politiker gelagert. Auch die sizilianische Mafia soll hier ihr Geld gewaschen haben.