Bekommt Basel irgendwann doch ein Veloverleihsystem, wie man es in vielen europäischen und auch Schweizer Städten kennt? Der Grosse Rat hat die Regierung gegen ihren Willen dazu verdonnert, ein solches System zu prüfen, im Bau- und Verkehrsdepartement ist man derzeit dabei, mögliche «Verfahrenswege» abzuklären.
In Paris braucht es wegen den vielen Autos vielleicht noch etwas Mut, auf eines der 20’000 Velos zu steigen, die das dortige Verleihsystem zur Verfügung stellt. In Barcelona verführt es immer mehr Menschen dazu, in die Pedale zu treten. Und in Hamburg gehören die Leihvelos längst zum gängigen Fortbewegungsmittel. Auch in Schweizer Städten ermöglichen verschiedene fixe Leihstationen die spontane Fahrt auf zwei Rädern von A nach B (oder C etc.).
Und in Basel?
SP-Grossrat und Velo-Lobbyist Jörg Vitelli muss beim Lesen der ersten Zeilen, die der Basler Regierungsrat 2012 auf seinen Vorstoss «betreffend öffentliches Veloverleihsystem» schrieb, das Gefühl gehabt haben, dass er offene Türen einrennt. «Die Systeme unterstützen insbesondere die Fortbewegung auf kurzen Strecken, stellen aber auch eine grosse Chance dar, dass der Veloverkehr im urbanen Raum sichtbarer wird und daher mehr Bedeutung in der Mobilitätskette erhält», war da zu lesen.
Zu teuer für die Velostadt Basel
In ihrem Schreiben vollzieht die Regierung aber eine überraschende Volte. Ein Veloverleihsystem würde vor allem Touristen zugute kommen, heisst es. Bei Velostädten wie Basel mit «hohem Eigenbesitz an Velos und langjähriger Velokultur» sei der Nutzen für die Bewohner gering, schreibt die Regierung weiter und kommt zum Schluss: «Aus Sicht des Regierungsrats stehen dem als eher gering eingeschätzten Nutzen eines öffentlichen Veloverleihsystems in Basel überproportionale Investitionen für Infrastruktur und Betrieb eines solchen Systems gegenüber, weshalb er auf die Einrichtung eines öffentlichen Veloverleihsystems verzichtet.»
Oder gerne verzichtet hätte. Denn entgegen dem Antrag der Regierung beschloss der Grosse Rat im Oktober 2014, den Anzug stehen zu lassen.
Eine lange Geschichte
Die Idee, in der Velostadt Basel mit den europäischen Metropolen in Sachen Veloverleih gleichzuziehen, ist alt. Der Vorstoss von Vitelli stammt aus dem Jahr 2007. Mitte der 1990er-Jahre gab es in Basel bereits ein Veloverleihsystem; das Projekt mit dem Titel «Basel rollt» wurde 2000 aber eingestellt.
2010 schien es, dass die Leihräder erneut und dauerhaft ins Rollen kommen könnten. Die Basler Kantonalbank zeichnete in ihrem Jubiläumswettbewerb «Ideen für Basel» ein Veloverleihsystem der Firma Velostation aus und alimentierte das Projekt mit 70’000 Franken.
Anlauf gescheitert
Auch die Regierung sprang auf den Zug auf und kündigte an, einen Pilotversuch mit dem gewinnenden Namen «Velospass» in den Jahren 2012 und 2013 mit je 50’000 Franken zu unterstützen. Doch nichts geschah. Als Grund wurde angegeben, dass die Firma Velostation in der Zwischenzeit von der Postauto AG gekauft und in deren Bikesharing-Angebot PubliBike integriert worden war.
Warum man in Basel das Projekt nicht mit PubliBike zusammen weiterverfolgte, ist unklar. PubliBike baut das Angebot sukzessive aus und betreibt Veloverleihsysteme unter anderem in Bern, Fribourg, Lugano und Sion. Zürich soll noch in diesem Sommer folgen. Auch in Luzern gibt es ein reichbestücktes Netz, allerdings von einem anderen Anbieter.
Und in Basel?
In Basel wird man wohl noch lange Zeit auf ein Veloverleihnetz warten müssen, wenn es denn überhaupt je eingerichtet wird. Bis Ende Jahr muss sich die Regierung erneut zum Thema äussern, das ihr nicht am Herzen liegt. «Verschiedene Dienststellen im Bau- und Verkehrsdepartement haben nochmals mögliche Verfahrenswege für die Einführung bzw. den Aufbau eines Veloverleihsystems abgeklärt», heisst es in der schriftlichen Antwort auf eine entsprechende Anfrage der TagesWoche.
Sehr ambitioniert klingen die Worte nicht. Und Details sind in diesem laufenden Verfahren eh nicht zu erfahren. «Wir sind zurzeit an der Erstellung der genannten Vorlage und werden dabei die aktuellen Entwicklungen in anderen Schweizer Städten einfliessen lassen», heisst es vieldeutig.