Dirigent und Komponist Heinz Holliger gewinnt den Schweizer Musikpreis

Im Basler Münster wurde am Freitagabend zum zweiten Mal der Schweizer Musikpreis verliehen. Gestiftet vom Bundesamt für Kultur, kürte eine Jury Heinz Holliger (76) zum Gewinner. Der Oboist, Dirigent und Komponist erhält vom Bund 100’000 Franken.

Basel 11.09.2015 - Übergabe des Schweizer Musikpreis im Münster. Der Preis geht an Heinz Holliger, hier zugeschaltet per Skype aus Japan. Photo by Roland Schmid / Bundesamt für Kultur

(Bild: Roland Schmid / Bundesamt für Kultur)

Im Basler Münster wurde am Freitagabend zum zweiten Mal der Schweizer Musikpreis verliehen. Gestiftet vom Bundesamt für Kultur, kürte eine Jury Heinz Holliger (76) zum Gewinner. Der Oboist, Dirigent und Komponist erhält vom Bund 100’000 Franken.

Wer, wenn nicht er sollte den 2. Schweizer Musikpreis gewinnen? Die Frage schwirrte durch das Münster, wo sich am Freitag Abend regionale und nationale Prominente einfanden, um an den Feierlichkeiten des Grand Prix der Musik beizuwohnen: Bundesrat Berset, Nationalrat Beat Jans und die Regierungsräte Hans-Peter Wessels und Guy Morin waren ebenso vor Ort wie das Gros der 15 nominierten Musiker, darunter: Bruno Spoerri, Christian Zehnder, Joy Frempong, Nik Bärtsch. Auch der letztjährige Gewinner, Franz Treichler von den Young Gods, war angereist. 

2014 hatte das Bundesamt für Kultur den Preis erstmals verliehen, in Lausanne – und prompt auch einen Welschen geehrt. Heuer nistete sich die Zeremonie im laufenden «Zeiträume»-Festival in Basel ein – und vergab die höchstdotierte Schweizer Musikauszeichnung (100’000 Franken) denn diesmal auch prompt an einen Deutschschweizer: Heinz Holliger. Musiker, Dirigent und Komponist von Weltrang. Geboren in Langenthal im Jahr 1939, studierte er in Bern, Basel und Paris Oboe, Klavier und Komposition. «Er ist ein begnadeter Instrumentalist und ein kompromissloser Komponist», ehrte BAK-Chefin Isabelle Chassot Holliger in ihrer Laudatio.

Holligers Mahnworte via Skype

Ausgerechnet der Geadelte war nicht physisch anwesend im Münster. Er weilt derzeit auf einer Japan-Tournee. Doch Holliger verfolgte die Verleihung mitten in der Nacht in seinem Hotelzimmer via Internet mit, hörte die Reden von Bundesrat Alain Berset und die folgende Laudatio. Als er via Skype zu danken begann, blieb der Ton minutenlang aus. Was nicht einer gewissen Ironie entbehrte: Er ist bekanntermassen ein sperriger Typ, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Wer weiss, wen oder was er gescholten hat in den stummen Minuten?

Als der Ton hörbar wurde, schalt er gerade den Umbau des Basler Stadtcasinos durch Stararchitekten – und tat seine Befürchtung kund, dass man durch diese Umbaupause viele Konzertabonnenten verlieren werde – vielleicht an Lucerne, vielleicht auch ans Ausland. Guy Morin, im Publikum anwesend, hob die Augenbrauen an. Einen solchen Kulturpessimismus wollte er lieber nicht vernehmen an dieser Festivität.

Eingeblendet wurde auch ein Zitat von Holliger, wonach es nur extreme Kunst gebe, dazwischen, «in der Mitte gibt es nur Gartenzwerge und Geranienstöckli.»

Was vom 2. Schweizer Musikpreis sonst noch bleibt

Ein beachtlicher Preissegen: Die von Bundesbern einberufene Jury überreichte 15 Nominierten Diplome (ein bisschen wie beim Schulabschluss war das) für künstlerische Exzellenz und Eigenständigkeit; welche jeweils mit einem Scheck von 25’000 Franken garniert wurden. Insgesamt dürften Preisgeld und -verleihung eine Million Franken kosten.

Ein Fragezeichen: Warum war eigentlich keine einzige Musikgruppe nominiert? Man kann doch auch als Kollektiv Unverwechselbarkeit erreichen.

Noch mehr Fragezeichen: Warum scheut sich die Jury, auch mal populärere Musik und Musiker zu nominieren? Zum Beispiel Züri West, eine identitätsstiftende Band in zumindest einer der Sprachregionen? Es würde dem Preis bedeutend mehr Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit verleihen. Schliesslich betont das Bundesamt für Kultur auch, dass es sich bei den Preisen nicht um versteckte Förderung handle, sondern um eine Ehrung der Spitze. Dafür kann man ja auch mal auf den Quoten-Tessiner verzichten, auch wenn das dem Föderalismus-Gedanken widersprechen mag. 

Und am Ende nochmals kritische Zwischentöne von Holliger selber: Die Schweiz mache zu wenig für den Musiknachwuchs, liess er via Skype ausrichten. Er habe in Japan soeben Primarschüler angetroffen, die bereits die Konzertreife für eine tadelllose Interpretation von Beethovens 5. Sinfonie hätten. Davon sei man in der Schweiz weit entfernt.  
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Am Dienstag, 15. September, kann man Heinz Holliger im Volkshaus Basel über die Schulter schauen. Dann gibt er mit dem Kammerorchester Basel um 12.30 Uhr eine öffentliche Kost-Probe.

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