Dürrs Mandate

Regierungsratskandidat Baschi Dürr schafft Transparenz über seine Aufträge für die PR-Agentur Farner. Ein bisschen wenigstens.

Fast-Regierungsrat Baschi Dürr.

(Bild: Michael Würtenberg, Archivbild)

Regierungsratskandidat Baschi Dürr schafft Transparenz über seine Aufträge für die PR-Agentur Farner. Ein bisschen wenigstens.

Nach dem ersten Porträt der TagesWoche über den baldigen FDP-Regierungsratskandidaten Baschi Dürr wurde von verschiedener Seite Kritik laut. Zu lieb sei man gewesen, hiess es auf einschlägigen Blogs, zu wenig kritisch, ja gar etwas «jungfreisinnig» (was in diesem Fall als Schimpfwort gemeint war).

Zumindest in einem spezifischen Punkt haben die Kritiker Recht: Die Arbeit von Dürr bei der PR-Agentur Farner wurde im Text zu wenig behandelt. Es wäre wohl überhaupt kein Thema gewesen, würde der FDP-Grossrat bei irgendeiner anderen PR-Agentur arbeiten – aber Farner ist eben nicht irgendeine Agentur: Sie ist die Verkörperung einer konservativen Schweiz, einer Schweiz der rechtsbürgerlichen Ideen. In den 61 Jahren ihres Bestehens hat sie mit grosser Hartnäckigkeit ihr Bild als Lieblingsfeind der Linken bestätigt. Mit ihren Themen (Atom und Rüstung) und mit ihren Methoden.

Geheimnistuerei

Massgeblich zum schlechten Ruf von Farner trägt die Geheimnistuerei der Agentur bei. Mitglieder der Geschäftsleitung engagieren sich in verschiedenen Vereinigungen und beteiligen sich an der öffentlichen Debatte, ohne entsprechende Mandate konsequent offenzulegen. Auf der Homepage der grössten Werbeagentur der Schweiz (Jahresumsatz: 15 Millionen Franken) werden nur einzelne Referenzen angegeben.

Auch Baschi Dürr, der die Basler Filiale von Farner vor vier Jahren aufgebaut hat und sie seither leitet, legt keine vollständige Kundenliste offen. «Grundsätzlich habe ich dafür Verständnis», sagt SP-Grossrat Tobit Schäfer, ein Kollege von Dürr, «aber etwas Transparenz würde nicht schaden.»

Einen ersten Schritt in Richtung Transparenz hat der «Sonntag» vor zwei ­Wochen unternommen (online nicht verfügbar). In einem umfangreichen Text zur Kandidatur von Dürr schlüsselte die Redaktion die offen einsehbaren Mandate von Farner auf, wies sie der Person Dürr zu und entdeckte dabei einen heiklen Fall: Kurz nachdem Dürr im Frühjahr in seiner Funktion als Präsident der Finanzkommission (Fiko) das teure Abschiedsfest von IWB-Chef Eduard Schumacher untersucht hatte, verfasste er für die IWB eine Broschüre für ein geplantes Glasfaser-Netz. Diese berufliche Verbindung legte er gegenüber der Kommission aber offen: Als es darum ging, ob die Fiko einen Mitbericht zum Glasfaser-Netz-Kredit verfassen sollte, kündigte er an, bei diesem Thema in den Ausstand zu treten. Eine Aussage, die auch in einem Protokoll der Fiko festgehalten ist, wie deren Sekretär Niklaus Wunderle der TagesWoche bestätigt. Dürr musste schliesslich nicht in den Ausstand treten: Das Geschäft wurde nur von der Umweltkommission des Grossen Rats behandelt.

Die Liste

Dennoch illustriert die IWB-Episode exemplarisch, wie nahe der PR-Mensch Dürr dem Politiker Dürr kommen kann. Und wie heikel das unter Umständen sein kann, gerade wenn Dürrs Mandate die kantonale Politik betreffen. Das ist nun anscheinend auch dem Regierungsratskandidaten in spe bewusst geworden. Und aus diesem Grund legte er gegenüber der TagesWoche all seine politischen PR-Mandate offen, die direkt den Kanton Basel-Stadt betreffen. Es handelt sich dabei um folgende Kampagnen:

• gegen die Mietwohnschutz-Initiative im September 2008
• gegen die Städte-Initiative und den Gegenvorschlag im November 2010
• für die Auslagerung des Spitals im Mai 2011
• für die Raucher-Initiative im November 2011
• und für die aktuell laufende Parkraum-Initiative.

 

Während dieser Kampagnen war Baschi Dürr stets auch in seiner Rolle als Politiker aktiv. Mit Ausnahme der Mietwohnschutz-Initiative und der Parkraum-Initiative war er immer Mitglied des jeweiligen Komitees und engagierte sich in den lokalen Medien für das Thema. Seinen Auftrag als PR-Mensch legte er dabei nicht offen. «Das ist unproblematisch», sagt Dürr dazu, «heikel wäre es nur, wenn ich mein politisches Mandat für einen Kunden ausnützen würde. Das war bei den Abstimmungskampagnen nicht der Fall.»

10 bis 20 Prozent

Nach Dürrs Angaben machen die politischen Mandate zwischen 10 und 20 Prozent seiner jährlichen Aufträge aus. Dazu kommen 5 bis 10 Prozent Mandate, die er vom Kanton erhält (hauptsächlich das in der Zwischenzeit abgeschlossene IWB-Projekt). Die restlichen Aufträge (sein Büro bearbeitet pro Jahr einige «Dutzend» Projekte) würden sich auf verschiedenste Branchen verteilen. Dürr hat für Clariant den Infrapark beworben, für die UBS die Van-Gogh-Ausstellung, in Schwamendingen begleitet er die Überdachung einer Autobahn, und für die Pharma organisierte er die Tätigkeiten der «IG Deponiesicherheit», die in Umweltschutz-Kreisen einen schlechten Ruf hat.

Über seine restlichen Mandate will Dürr keine Auskunft geben. «Die Konkurrenz würde sich auf diese Liste stürzen.» Auch sei es aus rechtlichen Gründen gar nicht möglich, sämtliche Auftraggeber aufzulisten. «Aber ich versichere Ihnen: Ich kann zu jedem Mandat stehen.»

Statt einer Liste bietet Dürr das Ausschlussprinzip an: «Ich habe weder Mandate im Rüstungs- noch im Atombereich.» Auch nicht im «Energieforum Nordwestschweiz», einer Farner-nahen Organisation, die sich in erster Linie für Atomenergie einsetzt. Allerdings macht Dürr keinen Hehl daraus, dass er selbst nicht für einen endgültigen Atomausstieg ist: «Wir müssen uns alle Optionen offenhalten.»
Der Hinweis von Dürr auf die Rüstungs- und Atommandate ist im Kontext der gesamten Firma wichtig – es sind die Aufträge in diesen beiden Bereichen, die Farner berühmt und auch berüchtigt gemacht haben. Dürr sagt dazu: «Der Mythos unserer Firma wird im Positiven und im Negativen zu hoch gehängt.» Dabei sei sein Arbeitgeber vor allem eines: liberal. So sei etwa sein Umstieg vom Militär- auf den Zivildienst bei der Anstellung nie ein Thema gewesen.

 

Ein Lohnsprung

Wenn schon Transparenz, dann richtig: «Verdienen Sie eigentlich mehr, wenn Sie zum Regierungsrat gewählt werden, Herr Dürr?» Dürr überlegt kurz. Und nickt dann. Es sei aber schwierig einzuschätzen, wie viel ein Regierungsrat genau verdiene. Grundsätzlich sind Mitglieder der Regierung in der Lohn- klasse 28 angesiedelt. Das mögliche Gehalt in dieser höchsten Lohnklasse erstreckt sich von 199’988.75 bis 327’255.50 Franken im Jahr – je nach Einstufung. «Es wird wohl mehr sein als mein aktueller Lohn», sagt Dürr. Der freisinnige Politiker dürfte allerdings schon heute nicht darben. Farner verrechnet branchenübliche Stundenansätze von bis zu 600 Franken. Dazu kommt das Einkommen aus Dürrs Grossratsmandat: rund 25’000 Franken im Jahr.

Quellen

Lohntabelle Basel-Stadt

Stundenansätze BPRA (Vereinigung der PR-Agenturen)

Mietwohnschutzinitiative September 2008: Argumente des Gewerbeverbands, Argumente der Gegne

KMU-Channel zur Städteinitiative vom November 2010

Prospekt Städteinitiative (pdf)

KMU-News zu den Abstimmungen vom Mai 2011 (Spitalauslagerung)

Debatte zur Spitalauslagerung mit Baschi Dürr und Philippe Macherel auf Radio DRS

«Models gegen echte Pflegefachpersonal» – Text in der «Basellandschaftlichen Zeitung»

Baschi Dürr auf seiner Seite gegen den VPOD

Ja zum Nichtraucher-Schutz (November 2011), Trägerschaft

Übersicht aller Abstimmungen

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 03.02.12

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