Duett der Duellanten

Vor dem ersten von drei TV-Duellen zwischen US-Präsident Barack Obama und seinem Herausforderer Mitt Romey. Für Romney bietet sich wohl die letzte Chance, das Ruder in seinem schlecht laufenden Wahlkampf noch einmal herumzureissen. Eine Einschätzung.

Am Mittwoch stehen sich Mitt Romney (links) und Barack Obama im ersten von drei TV-Duellen gegenüber. (Bild: John Adkisson/Reuters)

Vor dem ersten von drei TV-Duellen zwischen US-Präsident Barack Obama und seinem Herausforderer Mitt Romey. Für Romney bietet sich wohl die letzte Chance, das Ruder in seinem schlecht laufenden Wahlkampf noch einmal herumzureissen.

Die 90-minütige Debatte, die diesen Mittwoch aus Denver ausgestrahlt wird, bietet den Amerikanern erstmals die Möglichkeit, die beiden Kandidaten nicht nur im Hinblick auf ihre Politik, sondern auch ihr Aussehen und Auftreten im direkten Vergleich zu betrachten. Wie das Ergebnis ausfällt, darüber könnte ein Zögern beim Erklären einer politischen Strategie, eine schlagfertige Antwort oder ein als arrogant wahrgenommenes Auftreten entscheiden.

Am Wochenende übten sich beide schon einmal im üblichen Ritual, den Gegner hochzureden, um die Erwartungen an die eigene Person zu dämpfen. Der republikanische Vizepräsidentschaftskandidat Paul Ryan beschrieb Obama am Sonntag bei Fox News als einen «sehr begabten Redner», während es aus dem Obama-Lager hiess, Romney sei während des zermürbenden Nominierungswahlkampfs seiner Partei aus beinahe allen Debatten als der Überlegene hervorgegangen.

Zwischen 50 und 60 Millionen Amerikaner werden Schätzungen zufolge einschalten, doppelt so viele, wie bei den Parteitagen. Romney und Obama werden zwar noch bei zwei weiteren Debatten in Long Island und Florida aufeinandertreffen, das erste Aufeinandertreffen gilt aber als das Bedeutendste.

Obama, der Umfragen zufolge in den Swing States über einen erheblichen Vorsprung verfügt, kann auf die defensive Karte setzen und einfach versuchen, durch den Abend zu kommen, ohne einen Fehler zu machen. Romney hingegen muss beeindrucken. Das sagte auch der republikanische Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, am Sonntag bei NBC: «Millionen Wähler werden einschalten und dieses Rennen zum ersten Mal wirklich aufmerksam verfolgen. Am Donnerstag wird dieser Wahlkampf ein vollkommen anderer sein.»

Machen die Debatten überhaupt einen Unterschied?

Einige Analysten bestreiten, dass die Debatten wirklich wichtig seinen. In der Regel blieben sie ergebnislos und gerieten schnell in Vergessenheit. Andere verweisen darauf, dass es in den 52 Jahren seit der Ausstrahlung der ersten Debatte zwischen John F. Kennedy und Richard Nixon (siehe Video am Ende dieses Artikels) immer wieder zu Augenblicken gekommen sei, die sich als massgeblich erwiesen hätten.

John McCain, der gescheiterte Präsidentschaftskandidat der Republikaner bei der Wahl 2008, der sowohl Obama, als auch Romney in Debatten gegenüberstand, erwartet am Mittwoch keine «ausschlaggebenden Momente». Die seien ohnehin seltener geworden, weil die Kandidaten zu gut vorbereitet seien, sagte er auf CNN.

Dabei haben die Duelle durchaus das Potenzial, eine Wende in einem Wahlkampf herbeizuführen. Hillary Clinton etwa lag 2007 im Rennen um die Kandidatur der Demokraten scheinbar unüberwindliche 30 Punkte vor Obama – bis sie bei einer Debatte zum Thema illegale Einwanderung bei einer Antwort patzte.

Die Vorbereitungen

Romneys Wahlkampfteam betont schon seit geraumer Zeit die Bedeutung des Zusammentreffens, weshalb der Republikaner seinen Auftritt mindestens seit August in nachgestellten Debatten übt, wobei Senator Rob Portman aus Ohio Obamas Part gibt.

Obama hat laut seinem Team aufgrund seiner präsidialen Verpflichtungen weniger Zeit zur Vorbereitung. Aber auch er ist immer wieder ins Hauptquartier des demokratischen Nationalkomitees in Washington gereist, um zu üben. Romneys Rolle übernahm dabei Senator John Kerry.

Vor allem prägnante Statements, die schmissige Zitate abgeben, werden immer und immer wieder geprobt. Obama, der zu ausführlichen Antworten neigt, wird von seinen Leuten angehalten, sich kürzer und knackiger zu fassen. Geachtet wird bei diesen Proben nicht nur auf das Auftreten der Kandidaten und ihre Inhalte, sondern etwa auch darauf, ob sich ihre Anzüge und Krawatten deutlich genug von den Bühnenaufbauten abheben.

Keine herausragenden Debattierer

Es ist zwar üblich geworden, dass die beiden Lager dem jeweiligen Gegner Anerkennung zollen, um die Erwartungen zu senken, tatsächlich ist aber keiner der beiden ein herausragender Debattierer. So wird oft vergessen, dass Obama einer der besten Redner der USA ist, sich aber während der internen Vorwahlen seiner Partei, sowie den landesweiten Vorwahlen bei Rededuellen nicht besonders gut geschlagen hat. Allerdings hat er Fortschritte gemacht. Jay Carney, der Sprecher des Weissen Hauses, räumte in der vergangenen Woche sogar ein, dass Obama «trotz seiner Debattenauftritte» zum Kandidaten der Demokraten gekürt worden sei.

Romney ist in der Regel nicht viel besser, hat dann und wann aber gute Auftritte hingelegt, wenn er musste – insbesondere, als er Anfang diesen Jahres in Florida Newt Gingrich gegenüberstand.

Für die Nachbereitung der Debatte haben beide Lager im sogenannten Spin-Room, in dem die Presse vor und nach dem Ereignis zusammenkommen kann, eigene Unterstützer platziert, die dafür sorgen sollen, dass ihre Kandidaten als die besseren wahrgenommen werden.

Krise, Steuern und Soziales

Eines der grossen Themen des Mittwochs wird das Video sein, das zeigt, wie Romney im Mai bei einer Spendengala 47 Prozent der Amerikaner als Schmarotzer beschimpfte. Obama wird versuchen, daraus den grössten Nutzen zu schlagen, während Romney versuchen muss, eine plausible Erklärung zu liefern.

Romneys ehemaliger Coach Brett O’Donnell – dem Romneys Debattenerfolg gegen Newt Gingrich zugeschrieben wird – sagte gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press, Romney müsse versuchen, sich der Sache zu stellen und «den Leuten die Argumentation dahinter begreiflich zu machen, nämlich, dass es sich dabei um das Resultat der Politik des Präsidenten handelt».

Thematisch dominieren wird die langsame wirtschaftliche Erholung – von der Arbeitslosenrate von 8 Prozent, bis hin zum wachsenden Haushaltsdefizit und der Besteuerung. Weiter wird es um die Gesundheitsreform, Immigration und Frauenrechte gehen. Die Aussenpolitik steht erst für die letzte Debatte auf der Agenda.

«Geht es Ihnen jetzt besser als vor vier Jahren?»

Die erste im Fernsehen übertragene Debatte zwischen dem Demokraten Kennedy und dem Republikaner Nixon im Jahr 1960 kostete Letzteren die Wahl. Kennedy kam im Fernsehen besser rüber, während Nixon unrasiert wirkte und sich unwohl zu fühlen schien.

Das nächste TV-Duell gab es dann erst 1976 wieder. 1980 gewann Reagan eine Debatte und die Wahl mit der Frage: «Fragen Sie sich: Geht es Ihnen jetzt besser als vor vier Jahren?»

 

Copyright: Guardian News & Media Ltd 2012; Übersetzung: Zilla Hofman

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