Für den abtretenden Flughafendirektor Jürg Rämi ist die Realisierung des Bahnanschlusses an den Euroairport eines der zentralen Themen. Miterleben wird er das nicht mehr – dafür hofft er auf das Ende des Steuerstreits bis zu seiner Pension im Sommer.
Per 31. Juli verlässt Jürg Rämi nach zwölf Jahren den Posten als Direktor des Euroairports und geht dann mit 60 Jahren in Pension. Mit ihm geht auch Vizedirektor Vincent Devauchelle, unter Berücksichtigung des binationalen Status des Flughafens.
Rämi prägte die Entwicklung des Flughafens massgeblich. Rämi will sich künftig mehr auf die Familie und persönliche Interessen konzentrieren. Doch vorher will er noch das Ende des Steuerstreits zwischen Frankreich und der Schweiz erleben.
Herr Rämi, in welchem Zustand hinterlassen Sie den Flughafen Ihrem Nachfolger?
Jürg Rämi: Wenn wir zurückschauen, haben sich über den ganzen Zeitraum gesehen die Passagierzahlen insgesamt fast verdreifacht. Aller Voraussicht nach werden wir den Rekord mit 6,5 Millionen Passagieren von 2014 dieses Jahr sogar noch übertreffen. Einige wichtige Projekte, zum Beispiel das neue Cargo-Terminal, habe ich abschliessen können. Zudem harrt nun der Steuerstreit zwischen der Schweiz und Frankreich einer Lösung. Ich bin aber zuversichtlich, dass eine Lösung für dieses Dossier im 2. Quartal gefunden wird.
Wie hat der Streit die Direktion belastet?
Es war zum einen ein administrativer Mehraufwand, alle Unterlagen für die politischen Instanzen zusammenzutragen. Zum anderen aber waren unsere Kunden verunsichert: Die Wirtschaft musste ja immer einen Plan B bereithalten, wenn sich keine Lösung zwischen den beiden Ländern ergeben hätte. Drittens war auch die Zukunft des Euroairport selber unsicher und damit die unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
In Ihrer Zeit machte der Euroairport einen massiven Wandel durch: Der Flughafen wurde vor allem dank der Billigflieger wie Easyjet und Konsorten zu einer festen Grösse. Ein Erfolg?
Ja, das zeigt, dass unser Geschäftsmodell die Zukunft des Flugverkehrs in Europa hervorragend trifft. Die Low-Cost-Entwicklung wird in Europa weiterhin stärker wachsen als die Full-Service-Airlines. Wir beobachteten einen umfassenden Wandel: Früher war hier das Konzept «Eurocross» dominierend, wir waren ein regionales Hub mit kleinen Fliegern, die eng rotiert haben und viele Umsteigepassagiere brachten. Heute bieten wir im Passagierverkehr ein Punkt-zu-Punkt-Flughafen Verbindungen, und zwar mit drei Segmenten: ein Grossteil Low-Cost, Zubringer zu internationalen Hubs sowie Nischenverkehr und Charter-Flüge.
Ein weiteres Wachstumssegment ist der Güterverkehr. Wo geht die unternehmerische Reise hin?
Nun, die Prognose für 2015 ist die Beförderung von 117’000 Tonnen Güter. Das ist eine Steigerung von rund 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wir haben derzeit mit fünf Airlines sechs wöchentliche Abflüge. Unser Ziel ist aber klar: Bis 2020 sollen ab dem Euroairport zehn bis zwölf Frachter-Abflüge pro Woche stattfinden und wir wollen 170’000 Tonnen abfertigen.
Mehr Flugverkehr, mehr Fluglärm: Keine Sorge, dass der politische Widerstand wächst?
Lärmklagen von Anwohnerinnen und Anwohnern sind immer ein wichtiges Thema, bei jedem Flughafen. Natürlich ist es noch zu früh für eine abschliessende Bilanz in dieser Sache. Ich habe aber den persönlichen Eindruck, wir haben ein transparentes und offenes Verhältnis zu den Nachbarn und Interessengruppen. Natürlich sind wir uns in einigen Punkten nicht ganz einig, aber wir pflegen eine offene Kommunikation.
Und welche Dossiers erbt Ihr Nachfolger?
Da ist es noch zu früh für eine Aussage oder eine abschliessende Bilanz, zumal ich ja noch rund ein halbes Jahr voll engagiert sein werde. Das Dossier Steuerstreit will ich aber nicht weitergeben müssen, das möchte ich noch abschliessen. Eins der wichtigsten Projekte des Euroairports ist der Bahnanschluss. Dessen Realisierung werde ich als Direktor sicher nicht mehr erleben. Ich hoffe aber natürlich, dass ich dann zur Eröffnung eingeladen werde.