Ein Basler Konzern wird chinesisch, was heisst das jetzt? Antworten

ChemChina kauft Syngenta für knapp 44 Milliarden, aus dem Basler Unternehmen wird ein chinesischer Staatskonzern. Was sind die Folgen? Die wichtigsten Antworten.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

ChemChina kauft Syngenta für knapp 44 Milliarden, aus dem Basler Unternehmen wird ein chinesischer Staatskonzern. Was sind die Folgen? Die wichtigsten Antworten.

Syngenta wird chinesisch, was bedeutet das?

Monatelang jagte ein Gerücht um eine mögliche Übernahme des Basler Agrochemie-Konzerns Syngenta das andere. Der US-Gigant Monsanto etwa scheute kaum ein Mittel, sich mit der Syngenta den weltweiten Marktführer im Bereich Pflanzenschutz einzuverleiben. Auch der deutsche Chemiekonzern BASF war zeitweise im Gespräch.

Anlässlich der Jahresmedienkonferenz teilte Syngenta am Mittwoch offiziell mit, dass der chinesische Staatskonzern ChemChina sämtlichen Aktionären ein Übernahmeangebot von insgesamt 480 Franken pro Aktie mache. Das Angebot liegt rund 60 Franken über dem Schlusskurs vom Vortag. Der gesamte Kaufpreis beträgt 43,7 Milliarden Franken. Damit stellt Syngenta die grösste internationale Übernahme dar, die ein chinesischer Konzern je getätigt hat.

» Der «Tagesanzeiger» hat eine aufschlussreiche Chronik zum Übernahmepoker um Syngenta angelegt.

ChemChina? Noch nie gehört.

Die China National Chemical Corporation, kurz ChemChina, ist ein staatliches Firmenkonglomerat. Der Vorsitzende, Ren Jianxin, hat in den letzten 30 Jahren über 100 Firmen zusammengekauft und ChemChina so zum grössten Chemiekonzern Chinas gemacht. 

Da sich ChemChina in staatlicher Hand befindet, werden die Geschicke Syngentas künftig von Peking aus geleitet. Das führt zu Befürchtungen, etwa beim liberalen NZZ-Kommentator:

«Die Transaktion hat allerdings auch negative Aspekte, und der schwerwiegendste ist, dass über die betriebliche Entwicklung des Unternehmens künftig nichts mehr an die Öffentlichkeit dringen wird.»

Aber auch der Basler Wirtschaftdirektor Christoph Brutschin macht sich angesichts der Syngenta-Verstaatlichung Sorgen, wie er gegenüber dem SRF-Regionaljournal einräumt. «Wir hätten uns eine unabhängige Syngenta gewünscht», sagt Brutschin. Nun sei der Erhalt der hiesigen Arbeitsplätze wichtig.

Vollumfänglich begrüsst wird die chinesische Übernahme hingegen von Bundespräsident Johann Schneider-Amman. Bei ChemChina handle es sich um ein «grundsolides und strategisch gut aufgestelltes» Unternehmen, wie er gegenüber Radio SRF sagte. Insbesondere den hohen Übernahmepreis von fast 44 Milliarden Dollar wertet Schneider-Ammann als gutes Zeichen. «Da wird in etwas investiert, das eine Zukunft hat.»

ChemChina fährt eine aggressive Expansionsstrategie. Syngenta ist nach dem Rohstoffhändler Mercuria und dem Maschinenbauer KraussMaffei (inkl. Netstal Maschinen) das dritte Schweizer Unternehmen, das die Chinesen übernehmen. Und das alleine im letzten Monat.

» Das SRF-Wirtschaftsmagazin ECO erklärt in einem Hintergrund-Beitrag, weshalb immer mehr Schweizer Firmen von chinesischen Unternehmen aufgekauft werden.

Ist die Übernahme damit besiegelt?

Nein, der Deal muss noch von den Wettbewerbsbehörden genehmigt werden. Mit Spannung wird insbesondere der Entscheid der US-Behörde erwartet. Weil Syngenta für die Landwirtschaft in den USA zu den wichtigsten Anbietern von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln zählt, dürfte die chinesische Übernahme dort besonders kritisch geprüft werden. Kommt die Übernahme zustande, wird ChemChina damit auf einen Schlag zum gewichtigen Mitspieler auf dem Agrochemie-Markt.

Was sind die Folgen für Basel und die Schweiz?

Die neuen Eigentümer wollen die bisherige Strategie weiterführen und am Hauptsitz in Basel festhalten, teilte Syngenta mit. Der Vorsitzende von ChemChina, Ren Jianxin, sagte:

«Wir werden weiterhin mit dem Management und den Mitarbeitenden von Syngenta zusammenarbeiten, um den Wettbewerbsvorteil des Unternehmens in der weltweiten Agrartechnologie zu wahren.»

Dennoch fordert die Unia Garantien dafür, dass bei Syngenta keine weiteren Arbeitsplätze in der Schweiz abgebaut werden. Dem letzten Sparprogramm des Konzerns von Ende 2014 fielen hierzulande 500 Stellen zum Opfer, heute arbeiten noch rund 2500 Syngenta-Angestellte in der Schweiz. Die Gewerkschaft ruft auch die Situation beim Industrieunternehmen Alstom in Erinnerung, wo zuletzt nach einer amerikanischen Übernahme in der Schweiz 1300 Stellen gestrichen wurden.

Die Angestellten von Syngenta wurden am Mittwochmorgen per Mail über die Übernahme informiert, schreibt «20 Minuten». Darin wandte sich CEO John Ramsay mit besänftigenden Worten an die Belegschaft:

«Unsere Strategie, Kultur und Werte unter unserer bisherigen Geschäftsleitung werden weiterentwickelt. Syngenta wird sich treu bleiben.» Ebenfalls versichert Ramsay, dass es nicht zu einem Arbeitsplatzabbau kommen werde.

Einen beruhigenden Effekt wird die chinesische Übernahme zumindest haben. Syngenta kämpft angesichts der starken Konkurrenz vor allem aus den USA seit Längerem mit sinkenden Margen. So gingen 2015 sowohl der Umsatz als auch der Gewinn zurück. Das finanzstarke Zugeständnis aus China dürfte Syngenta etwas Luft und verbesserten Zugang zum asiatischen Markt verschaffen.

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