Ein Basler sorgt für einen Schweizer Meister aus Deutschland

Im Finale der Schweizer Rollhockeymeisterschaft treffen zwei Weiler Vereine und zugleich zwei Welten aufeinander: Die Amateure des Traditionsvereins RSV Weil und das mit Weltstars verstärkte Team aus Friedlingen, Verantwortlich für diese ungewöhnliche Situation ist ein Basler Rollhockey-Verrückter.

Weil (in Weiss) gegen Friedlingen. So lautet die Finalpaarung der Schweizer Meisterschaft.

Im Finale der Schweizer Rollhockeymeisterschaft treffen zwei Weiler Vereine und zugleich zwei Welten aufeinander: Die Amateure des Traditionsvereins RSV Weil und das mit Weltstars verstärkte Team aus Friedlingen, Verantwortlich für diese ungewöhnliche Situation ist ein Basler Rollhockey-Verrückter.

Den Einkaufszentrum «Marktkauf» in Friedlingen und den Mc Donalds ganz in der Nähe kennen viele Basler Einkaufstouristen. Dass sich gleich nebenan eine Rollhockey-Halle befindet, wissen nur wenige. Und dass dort am Samstag, 23. Juni (17 Uhr) das Endspiel um die Schweizer Rollhockey-Meisterschaft stattfindet noch weniger. Der Gastgeber RHC Friedlingen trifft dort auf den Stadtrivalen RSV Weil. Das Lokalderby zweier Teams einer deutschen Kleinstadt als Finale einer Schweizer Meisterschaft? Das bedarf einer Erklärung.

Massgeblich verantwortlich für dieses Kuriosum ist der Basler Roger Ehrler. Er selbst hat in seiner Jugend zunächst beim RS Basel, dann jahrelang beim RSV Weil Rollhockey gespielt. Dann ist er nach Genf gezogen und ist von dort als Geschäftsmann mit viel Geld zurückgekehrt. Einen Teil davon hat er dazu verwendet, den RSV Weil an die Spitze des deutschen Rollhockeys zu führen. Doch nach mehreren Titelgewinnen wurden dem Club die langen Reisen in den Rest der Republik zu strapaziös. So hat er vor sechs Jahren beschlossen, statt in der Deutschen in der Schweizer Meisterschaft mitzuspielen.

«Mister Rollhockey»

Zusammen mit Roger Ehrlers Geld waren die Weiler beim Verband willkommen. Die Randsportart Rollhockey ist in der Schweiz froh um jeden zahlenden Verein. Neben seinem eigenen Verein unterstützt der «Mister Rollhockey»genannte Ehrler unzählige andere Vereine sowie den deutschen und Schweizer Verband mit namhaften Beträgen. Rund zwei Millionen Franken hat ihn dieses Engagement bisher gekostet. Doch mit diesem Geldsegen soll es jetzt fertig sein.

In einem «offenen Brief» hat er kürzlich mit dem Ende seines Engagements gedroht. Er fühlt sich benachteiligt und ortet beim Verband Unfähigkeit und Ausländerfeindlichkeit. Die einzelnen Vorwürfe sind für aussen stehende nur schwer nachvollziehbar, doch in vielen Punkte habe er Recht, attestieren ihm viele Insider, auch wenn sie zu den Ehrler-Gegnern gehören Und von denen gibt es in der Weiler Rollhockey zahlreiche. Denn nach dem Gewinn des Double im Jahr 2009 verkrachte sich Ehrler mit «seinem“»Verein, nahm sein Geld und gleich einige Spieler mit und gründete den RHC Friedlingen. Deshalb kommt es jetzt in Weil zum Stadtrivalen-Derby um die Schweizer Meisterschaft

Vier Rollhockey-Clubs in der Region

Eine ähnliche Aktion hat Ehrler schon einmal durchgezogen. In den 90er-Jahren hat er sich auch beim Rollsport Basel engagiert, wo seine Schwestern beim Kunstlauf ihre Pirouetten drehten. Mit seinem Geld hat er geholfen, dass in Basel die beste Rollsport-Halle der Schweiz steht. Doch neben zahlreichen Kunstläuferinnen spielen dort heute nur noch einige Junioren Rollhockey. Die ehemalige Spitzenmannschaft hat sich aufgelöst, als sich Roger Ehrler nach einem Krach nach Weil und später nach Friedlingen abgesetzt hat.

Dort redet ihm jetzt niemand mehr ins Geschäft. Er ist quasi der Constantin des Rollhockeys. Anders als der Walliser fungiert er auch als Trainer in seiner eigens eingerichteten Halle samt Kraftraum. Dort verfügen die Friedlinger Spieler über optimale Trainingsbedingungen, von denen andere Klubs nur träumen können. In der Friedlinger Rollerdrome spielt auch der von Roger Ehrler gegründeten RHC Basel. Mit Basel hat dieser Verein nur den Namen gemeinsam. Er dient als Auffangbecken für überzählige Friedlinger Spieler. Zusammen mit dem RS Basel gibt es in der Region Basel somit nicht weniger als vier Rollhockey-Vereine, soviele wie sonst nirgends.

«Goldärsche», «Dogs» und Weltstars

Ob Stars oder Junioren. An die Auswärtsspiel fahren die Teams des RHC Friedlingen meist mit den noblen Karossen von Ehrlers Schwiegersohn, der einen Luxuswagenhandel und -verleih betreibt. Nicht nur wegen des goldfarbigen Trikots werden die Friedlinger von den Weiler Junioren als “Goldärsche“ bezeichnet. Der sonst übliche Bezeichnung «Dogs» verdanken die Friedlinger Roger Ehrlers Hund, der das Club-Emblem ziert.

Ob «Goldärsche» oder «Dogs», weil es noch einige Jahre dauert, bis diese eine schlagkräftige Mannschaft bilden und der junge Verein nur über eine kleine Spielerbasis verfügt, engagiert Ehrler regelmässig Profis aus dem Ausland. Besonders spektakulär der jüngsten Transfer: Im Januar lockte Ehrler den alternden argentinische Weltstar David Páez nach Friedlingen. Der «Messi des Rollhockey»ist in der Zwischenzeit unzählige Male zwischen St. Juan und Friedlingen über den Atlantik geflogen und hat zusammen mit anderen ausländischen Stars dazu beigetragen, dass der RHC Friedlingen den Final erreicht hat.

Weil vergibt einen Penalty

Das pure Gegenteil von Friedlingen ist der RSV Weil. Im Vergleich zu Friedlingen backt der 1952 gegründete Verein kleine Brötchen. Ausser durch Billetverkäufe und Mitgliederbeiträge finanziert sich der Club über lokale Sponsoren. Für die Finalrunden konnte sich die Mannschaft als Tabellensiebter nur knapp qualifizieren. Dass sie im Playoff-Halbfinale den in seiner eigenen Halle ungeschlagenen Schweizer Meister Genf mit einem 5:2 demütigte, bedeutete eine kleine Hockey-Sensation.

Zur ersten der beiden Finalpartien strömten am letzten Samstag über 800 Zuschauer, zum grössten Teil RSV Weil Anhänger. Trotz ihrer lautstarken Unterstützung hat das Heimteam nach einer turbulenten, aber fairen Partie 2:4 verloren. Wer weiss, wie die Partie ausgegangen wäre, wenn die Weiler beim Stand von 2:3 nicht einen Penalty vergeben und die anschliessende 2-Minuten Strafe ungenutzt verstreichen lassen hätten.

«Wir dürfen, die anderen müssen gewinnen»

Trotz der Niederlage bleibt Goalie und Captain Daniel Dietrich optimistisch: «Die Friedlinger müssen, wir dürfen die Meisterschaft gewinnen». Dietrich, der auch für die Schweizer Nationalmannschaft das Tor hütet, ist der einzige Schweizer Spieler, der um den Schweizer Rollhockey-Titel kämpft. Der 29-Jährige, hauptberuflich als Devisenhändler bei der Postfinance in Bern tätig, hat vor sechs Jahren aus sportlichen Gründen vom RHC Diessbach zum RSV Weil gewechselt. Er fühlt sich dort so wohl, dass er zweimal pro Woche die langen Fahrten zum Training auf sich nimmt.

Das Kader der Weiler Mannschaft setzt sich vorwiegend aus Eigengewächsen zusammen. Im letztem Winter sind zwei noch sehr junge Spieler aus Nordspanien dazugekommen. Sobald sie gut genug deutsch können, wollen sie neben Rollhockey spielen auch hier studieren.

Wermutstropfen

Welcher Weiler Verein auch immer Schweizer Meister wird: Ein Wermutstropfen bleibt. Anders als früher kann keiner der beiden Deutschen Schweizermeister an den europäischen Cup-Wettbewerben teilnehmen. Das hat der internationale Verband kürzlich so beschlossen. Der Schweizer Verband hat gegen die diesen Massnahmer protestiert, aber bis diese Klage erledigt ist, dürfte für die Weiler der Zug schon abgefahren sein. An ihrer Stelle werden Diessbach und Genf spielen.

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