Das wird knifflig. Im letzten Spiel vor der Begegnung mit dem FC Basel (26. November, 20:45 Uhr) setzte Real Madrid seine Siegesserie fort.
So etwas wie das Estadio Irupua hatten die Superstars von Real Madrid auch noch nicht gesehen. Oder zumindest schon lange nicht mehr. Die nur gut 5000 Zuschauer fassende Arena des Aufsteigers SD Eibar ist so eng, dass die Fans an den Kopftribünen die Spieler buchstäblich zum Anfassen nah haben.
Dass die Spieler zu einem Einwurf an der Hauptgerade bisweilen zwischen den Trainerbänken ihren Anlauf nehmen. Dass der Schiedsrichter einem ausserhalb des Platzes behandelten Spieler nur bei einer Unterbrechung die Erlaubnis zum Wiederbetreten des Feldes gibt – für eine fliegende Reintegration ist der Mini-Bereich an der Seitenlinie einfach zu unübersichtlich.
Bei dieser SD Eibar also wurde dem grossen Real ein heisser Tanz vorhergesagt: ihr schrulliges Stadion würde ein Ronaldo-Solo oder einen Kurvensprint über die Spielfeldbegrenzung von Gareth Bale schon am fehlenden Auslauf scheitern lassen. Auch hatten sich die kampfstarken Basken in ihrer Debütsaison bisher exzellent geschlagen und brachte das Duell zwischen den Vereinen mit dem geringsten Etat (15 Millionen Euro) und dem höchsten Budget (530 Millionen) alle Voraussetzungen mit für eines dieser typischen Fussball-Wunder; zumal nach einer Länderspielwoche, in der die Real-Stars quer um den Globus aktiv waren.
Nun, das Wunder blieb aus vor dem Champions-League-Spiel am Mittwoch in Basel. Was weniger daran lag, dass solche Wunder im heutigen Fussball immer seltener werden als daran, dass Real dafür im Moment einfach zu gut ist. Das 4:0 am Samstagabend in Eibar war der 14. Sieg nacheinander in einer eindrucksvollen Serie, die just mit dem 5:1 gegen die Schweizer im Hinspiel begann. Tordifferenz seitdem: 56:8.
Die Höhe des Erfolges schuldete sich diesmal allerdings auch dem Schiedsrichter. «Normal, dass eher für Madrid gepfiffen wird als für Eibar», sagte Xabi Irureta, der Torwart der Gastgeber. Von den vier Toren war nur eines über alle Zweifel erhaben – das 2:0 kurz vor der Pause, als Rechtsverteidiger Dani Carvajal ein Zuspiel von James Rodríguez aufnahm und noch einen Doppelpass mit Bale einstreute, ehe er in die Mitte für Cristiano Ronaldo ablegte, der nach erfolgter Vollstreckung in den seltenen Genuss kam, auch auswärts ein paar «Cristiano»-Sprechchören zu hören: so freundschaftlich ist das Ambiente in den baskischen Hügeln.
Eibars Trainer Gaizka Garitano hatte während dem Spiel gegen Real Madrid oft genug Grund, sich zu ärgern. Beispielsweise über den Schiedsrichter, der etwas gar einseitig pfiff. (Bild: REUTERS/VINCENT WEST)
Dem 1:0 durch einen Kopfball-Abstauber von James hingegen war eine Abseitsstellung von Karim Benzema und womöglich auch noch eine von Vorlagengeber Ronaldo vorangegangen. Beim 3:0 durch Benzema bestand der Verdacht, der Ball habe vor James’ Zuspiel auf den freistehenden Torschützen schon die Auslinie überquert.
Und das 4:0 war einer dieser Elfmeter, die kein Spieler der Welt so zuverlässig gepfiffen bekommt wie Ronaldo. Seinen Freistoss hatte Raul Albentosa mit dem Schutzarm abgewehrt. Interpretationssache. Jedenfalls fielen von Ronaldos atemberaubenden 20 Ligatoren in dieser Saison stolze sechs durch – zumeist selbst erwirkte – Strafstösse.
«Das Ergebnis gibt den Spielverlauf nicht wieder», haderte Eibars Trainer Gaizka Garitano. Seine Mannschaft hatte es in der Tat gar nicht so schlecht gemacht. Besonders zu Beginn zwang sie die Madrilenen mit hohem Pressing zu weiten Bällen aus der Abwehr und erschwerte die Ballversorgung für Regisseur Toni Kroos.
Ancelotti vertraut auf defensive Qualitäten offensiver Spieler
Um den neuen Deutschen kreiselt das im Vergleich zu früheren Jahren wesentlich ausgeprägtere Kombinationsspiel der Madrilenen. Seinen kongenialen Partner Luka Modric hingegen hat man mit einem Sehnenriss für mehrere Monate verloren.
«Animo, Luka» stand auf T-Shirts, welche die Spieler beim Einlaufen über ihren Trikots trugen: Kopf hoch, Luka! Nach dem Anpfiff fiel das Fehlen des Kroaten aber erstaunlich wenig ins Gewicht. Trainer Carlo Ancelotti ging einfach noch einen Schritt weiter in seinem Vertrauen auf die defensiven Qualitäten offensiver Spieler und bot Isco als Ersatz auf – ein gelernter Halbstürmer, den er zum Mittelfeldmann umfunktioniert hat, assistierte also gemeinsam mit James den gelernten Spielmacher Kroos – hinter dem «BBC»-Sturm aus Bale, Benzema und Cristiano.
Mutiger kann man ein 4-3-3 wirklich nicht komponieren; da James oft als weitere Spitze fungierte, handelte es sich streng genommen oft sogar um ein 4-2-4. Einem zumal mit zwei extrem angriffslustigen Aussenverteidigern, Carvajal und Marcelo.
Zwei Drittel des «BBC»-Sturms aus Bale, Benzema und Cristiano im Kopfballduell mit Abraham Minero. (Bild: REUTERS/VINCENT WEST)
«Alles eine Frage der Einstellung.» So hatte es Ancelotti nach dem letzten Auftritt im Baskenland formuliert, einer 2:4-Niederlage bei Real Sociedad in San Sebastián. Damals beklagte die Kritik das Fehlen von defensiver Expertise, doch Ancelotti beharrte, dass auch seine Feingeister ausreichend gut verteidigen können, wenn sie nur wollen.
In Eibar nun konnte er zufrieden «eine gute Partie in allen Bereichen» und «ordentlich erledigte Arbeit des ganzen Teams» würdigen. Madrid war von der ersten Minute an und bis zur letzten Minute konzentriert und einsatzbereit. Selbst spät in der zweiten Halbzeit eröffneten Isco, James und sogar Ronaldo nach einer knapp gescheiterten Traumkombination sofort wieder das Gegenpressing.
Mit Ball dürfte es sich bei Real derzeit sowieso um die beste Mannschaft des Planeten handeln. Heraus stach auch am Samstag wieder die Verbindung von Tempo und Präzision – so befreite man sich letztlich auch von Eibars Pressing. Ferner die Rhythmuswechsel zwischen langen Passsequenzen und schnellem, vertikalen Spiel.
Sowie überhaupt die Variabilität des Angriffsregisters: über aussen und durch die Mitte; flach und hoch; direkt und kombinativ. Die taktische Weiterentwicklung unter Ancelotti ist fast wöchentlich zu erkennen. Diesmal überraschte besonders in der ersten Halbzeit das kluge Spiel von Gareth Bale zwischen den gegnerischen Linien.
Unter Coach Ancelotti verbessert sich das taktische Spiel bei Real fast wöchentlich. Hier Gareth Bale im Zweikampf mit Dani Garcia. (Bild: REUTERS/VINCENT WEST)
«Der Tag wird kommen, an dem wir wieder verlieren», sagte Ancelotti dennoch. Die tapferen Basken zeigten in zwei, drei Situationen, dass Reals Abwehr bei schnellen Gegenstössen durchaus verwundbar ist.
Womöglich wird Ancelotti im St. Jakob Park zur besseren Absicherung den defensiven Mittelfeldmann Khedira spielen lassen, womöglich wird er angesichts der Konstellation – alles andere als eine Niederlage mit vier Toren oder höher garantiert den Gruppensieg – weitere Rotationen vornehmen.
Es ist vielleicht die grösste Hoffnung für den FC Basel. In Bestbesetzung macht Real Madrid derzeit nicht den Eindruck, seine Siegesserie allzu bald abreissen zu lassen.