Der Nationalrat will schon gar nicht erst auf die «Lex USA» eintreten. Nun könnte es für mehrere Schweizer Banken bald einmal eng werden – unter anderem für die Basler Kantonalbank.
Die Debatte war hart, der Entscheid klar: Mit 126 zu 67 Stimmen lehnte es der Nationalrat am Dienstagmorgen ab, auf das Gesetz zur Beilegung des Steuerstreits mit den USA einzutreten. Den Ausschlag gaben die vielen Nein-Stimmen von SP, SVP und die FDP.
Das Resultat ist eine Niederlage für den Bundesrat und Eveline Widmer-Schlumpf. Der Finanzministerin gelang es auch mit ihren eindringlichen Warnungen vor Klagen gegen Schweizer Banken nicht mehr, aus dem Lager der Gegner genügend Abweichler auf die Linie des Bundesrates zu bringen. Die meisten Nationalräte stimmten mit ihrer Partei.
SVP-Bankrat Frehner enthielt sich der Stimme
Eine der Ausnahmen war Sebastian Frehner, der sich in seiner Doppelrolle als SVPler und Bankrat der bedrohten Basler Kantonalbank (BKB) schwer tat mit dem Geschäft. Er war im Dilemma, ähnlich wie schon im Frühling 2012 bei der Abstimmung über das Doppelbesteuerungsabkommen mit den USA. Damals machte er es sich einfach – und verliess den Saal vor dem entscheidenden Moment. Diesmal blieb er – und enthielt sich der Stimme.
Eine andere Ausnahme war der Basler SP-Nationalrat Beat Jans, der sich ebenfalls in einem Dilemma befand – in einem ganz anderen als Frehner allerdings. «Wir haben die Wahl zwischen zwei miserablen Optionen», schreibt er in seinem Blog. Schuld daran sind seiner Ansicht nach FDP, SVP und CVP: «Sie haben das Bankgeheimnis durch alle Böden verteidigt und damit ein Verbrecherschutzgesetz am Leben erhalten, das den Zorn vieler Länder auf uns gezogen hat.» Die Schweiz habe jahrelang auf Kosten ehrlicher Steuerzahler in der ganzen Welt Geschäfte gemacht. «Jetzt bezahlen wir die Rechnung. Wer mogelt, wird vom Spiel ausgeschlossen. Es ist so weit», warnt Jans.
Jans will ein Ende des Spiels mit den nicht versteuerten Geldern aus dem Ausland. Aber keinesfalls ein endgültiges Aus von Schweizer Banken. Darum stimmte er – anders als seine Parteikollegen – Ja zur «Lex USA». Weil er es nicht darauf ankommen lassen möchte, dass die USA gegen Schweizer Banken klagen. Das käme einem Berufsverbot gleich und wäre der Anfang vom Ende, schreibt Jans.
Klare Worte von Leutenegger Oberholzer
Die Mehrheitsmeinung in der SP – wie überhaupt im Parlament – vertrat die Baselbieter Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer, die in der Debatte von einem Blindflug sprach. Mit dem Gesetz würden staatspolitische Grundsätze ausser Kraft gesetzt. Dass die Schweiz nun die Daten von Mitarbeitenden ausliefern wolle statt die Kundendaten, sei «rechtsstaatlich pervers».
Die Banken hätten wissentlich Beihilfe geleistet zur Steuerhinterziehung, und die bürgerlichen Parteien hätten die politische Plattform dafür geliefert, kritisierte Leutenegger Oberholzer. Die Folgen hätten sie zu tragen. Die Vorlage verlängere bloss die «Agonie des Steuerhinterziehungsgeheimnisses».
Noch dauert diese Agonie aber an. Auch jene der «Lex USA». Nach dem Entscheid kommt das Geschäft nochmals in den Ständerat. Bleibt dieser bei seinem Ja, muss sich der Nationalrat der Sache noch einmal annehmen. Bei einer neuerlichen Ablehnung ist das Geschäft endgültig gescheitert.
Basler Kantonalbank in grosser Gefahr?
In diesem Fall könnten in den USA bald einmal die ersten Klagen eingereicht werden. Wie die «Schweiz am Sonntag» aus zuverlässigen Quelle erfahren haben will, besteht dort jedenfalls eine «Todesliste» mit fünf Banken. «Die Anklagen sind vorbereitet und müssen nur noch aktiviert werden», hat ein «Insider» der Zeitung gesagt.
Eng werden könnte es damit auch für die Basler Kantonalbank, die zusammen mit der CS, Julius Bär, der Zürcher Kantonalbank und HSBC schon vor Monaten die Kooperation mit den USA suchte und dabei teilweise auch grosszügig Daten von amerikanischen Kunden lieferte.
Von der Basler Kantonalbank selbst und der Basler Regierung gab es widersprüchliche Signale zur ganzen Auseinandersetzung mit den USA. Finanzdirektorin Eva Herzog (SP) warnte vor der Debatte im Nationalrat, ein Nein zum Steuerdeal würde die BKB in ihrer Existenz gefährden. Eine drastische Aussage, die von Vertretern der Bank aber umgehend dementiert wurde.
Ein Widerspruch, der vor allem etwas zeigt: die Unsicherheit der Verantwortlichen in Basel.