Die Bauherrschaft des geplanten Claraturms am Riehenring zieht das Gesuch um den Abbruch der Warteck-Häuser zurück. Damit reagiert sie auf die derzeit laufende Unterschriftensammlung für ein Referendum, mit dem ein Volksentscheid über das Projekt erzwungen werden soll.
Es schien alles rund zu laufen in Sachen «Claraturm», dem beim Messeplatz geplanten 96 Meter hohen Wohn- und Geschäftshaus. Zumindest aus Sicht des Investors, des Immobilienfonds UBS Sima. Zwar gab es da und dort kritische Stimmen gegen das Projekt, weil dafür die alten Warteck-Häuser am Riehenring dran glauben müssen. Und damit auch Kleinbasler Traditionsbeizen wie «Zum alten Warteck» und «Wurzengraber» verschwinden würden.
Der Basler Heimatschutz und die freiwillige Denkmalpflege hatten schon versucht, die Häuserzeile aus dem 19. Jahrhundert vor dem Abriss zu schützen, waren aber vor Bundesgericht gescheitert. Im Juni wurde dann das Projekt Claraturm, respektive die dafür nötige Zonenplanänderung und der Bebauungsplan vom Grossen Rat mit einer komfortablen Mehrheit von 62 gegen zwölf Stimmen durchgewinkt. Selbst in den Reihen des Grünen Bündnis, das sich mehrheitlich gegen den Claraturm aussprach und einen Rückweisungs-Antrag stellte, gab es einzelne Befürworter.
Bauherrschaft rechnet mit Volksabstimmung
Dieses Resultat erklärt wohl auch, weshalb Andreas Bernauer, Besitzer der vom Abriss betroffenen Piano-Bar, bei den Parteien und Politikern erfolglos für die Gründung eines Referendumskomitees warb. Mit dem Argument, das sei chancenlos, hätten sie ihm alle abgesagt. Doch Bernauer gab nicht auf, er beschloss, in Eigenregie die für ein Referendum nötigen 2000 Unterschriften zu sammeln.
Ob er sie bis zum 27. Juli, dem Ablauf der Sammelfrist zusammenbringt oder nicht: Die Bauherrschaft hat heute bekanntgegeben, dass sie ihr Gesuch für den Abbruch der alten Häuserzeile zurückziehe. Damit, so heisst es weiter im Schreiben an die Medien, «respektiert die Bauherrschaft Claraturm das Referendumsrecht und die Tatsache, dass voraussichtlich das baselstädtische Stimmvolk über das Bauvorhaben entscheidet».
Widerstand wächst
Andreas Bernauer ist tatsächlich zuversichtlich, dass er sein Ziel, die Volksabstimmung, erreicht: Es sei zwar noch ein ganzes Stück Arbeit, aber rund 900 Unterschriften habe er beisammen. Und täglich, sagt er kämen dreissig bis vierzig Leute in der Bar vorbei, um zu unterschreiben oder einen Unterschriftenbogen abzuholen. «Sehen Sie, grad war ich auf der Post und habe wieder 36 Unterschriften erhalten.» Ein Mann auf Velo hält an und drückt dem streitbaren Barbetreiber einen vollen Unterschriftenbogen in die Hand. Bernauer strahlt.
Aber, lohnt sich sein Engagement? Glaubt Bernauer wirklich, dass der Claraturm vom Volk abgelehnt wird? Durchaus, sagt er, «bis jetzt war der Bevölkerung gar nicht richtig klar, worum es hier geht». Aber durch das Referendum sei sie wachgerüttelt worden, «und jetzt wächst der Widerstand von Tag zu Tag». Letzten Freitag haben gemäss Andreas Bernauer Anwohner Rekurs gegen den Abriss der Warteck-Häuser eingelegt.
Bei der Bauherrschaft begegnet man dem Widerstand relativ locker. «Dass mit einem geplanten Bauprojekt nicht alle zufrieden sind, ist klar und damit mussten wir rechnen», sagt Riccardo Boscardin, Leiter Real Estate-Switzerland bei der UBS. Deshalb habe man das Abbruchsgesuch nun zurückgezogen, «um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu giessen». Er sei ja eigentlich selber etwas überrascht gewesen, wie schlank das Projekt Claraturm bisher durchgegangen sei.
Ziel ist: zurück zum Start
Der Mann an der Spitze der UBS-Immoblienfonds muss es wissen: Das Projekt bei der Messe ist nur eines von vielen Immobilien, in denen Kundengelder angelegt sind. In Basel gehören zum Beispiel das Anfos-Haus und der Glasturm beim St.Jakob dazu, ausserdem einige geplante Bauprojekte wie etwa ein Hochhaus in Pratteln sowie auf dem Dreispitz-Areal. «Ingesamt 7 Milliarden Franken sind in den Immoblienfonds angelegt», sagt Boscardin, «5 davon allein im Raum Zürich». Innerhalb dieser Dimensionen ist das 100-Millionen-Projekt Claraturm kein wirklich grosser Brocken.
Wenn das Volk Nein sage, so Boscardin, «dann respektieren wir selbstverständlich den demokratischen Willen und bauen den Turm nicht». Dann werde man sich vom bisherigen Projekt verabschieden und sofort ein neues in Auftrag geben. Er würde das allerdings bedauern, denn neben dem Messeneubau von Herzog und de Meuron, würde sich der Turm sehr gut machen, meint Boscardin, «wäre richtig schön – ein Leuchtturm für Basel».
Andreas Bernauer hat andere Vorstellungen von Ästhetik: Seine Idee wäre, sagt er, dass man die alten Häuser sanieren und in einen Neubau integrieren würde. Wie sei dann Sache der Architekten. «Ich bin nicht grundsätzlich gegen Neues, aber man kann auch etwas Neues bauen, ohne das Alte zu zerstören.» Zurück zum Start, das sei sein Ziel, und das peile er mit dem Referendum an.