Heute Morgen begann im Basler Parlament die neue Legislatur. Eigentlich sind die Kommissionswahlen bereits vorgespurt und entschieden, doch einer hält den ganzen Ratsbetrieb auf: Eric Weber. Er will vorerst nicht zurücktreten.
In knallroten Stiefeln eröffnete die jüngste Grossrätin Sarah Wyss (SP) am Mittwochmorgen gemeinsam mit dem ältesten Ratsmitglied Roland Lindner (SVP) im dunklen Anzug die neue Legislatur des Basler Parlaments. In ihrer Eröffnungsrede kritisierte Wyss den Frauenanteil im Grossen Rat. Souverän wirkte Wyss vorne am Rednerpult.
Trotzdem gab die 24-Jährige einem das Gefühl, an einer Parteiversammlung der Juso zu sein. So sagte Wyss: «Als internationale Stadt dürfen wir nicht abhängig sein von wenigen. Deshalb müssen die KMUs gestärkt werden, Grosskonzerne dürfen uns nicht erpressen können. Vergessen Sie nicht: Die Politik ist legitimiert, Rahmenbedingungen für das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben zu setzen – und nicht die Wirtschaft! Wir leben in einer direkten Demokratie, nicht in einer Wirtschaftsoligarchie.»
Anschliessend machte Wyss Werbung für die Lohn-Initiative der Juso («Da muss meines Erachtens die Politik eingreifen und Rahmenbedingungen setzen. Die Initiative 1:12 ist dafür die richtige Antwort»). Interessant reagierte der neue FDP-Regierungsrat Baschi Dürr auf Wyss‘ Rede. Er verzog immer wieder das Gesicht und flüsterte Erziehungsdirektor Christoph Eymann irgendetwas ins Ohr.
Cramer und das Ohnmachtsgefühl
Neuer Grossratspräsident ist Conradin Cramer von der LDP. Der 34-jährige Advokat erhielt 90 von 98 Stimmen. Mit einem genau so guten Resultat wurde Christian Egeler von der FDP zum Statthalter gewählt. In seiner Antrittsrede als höchster Basler (siehe Hintergrund zum Artikel) sprach Cramer über das Ohnmachtsgefühl als Parlamentarier.
«Wer sich als Grossrat manchmal ohnmächtig fühlt, irrt nicht und muss den Fehler gar nicht bei sich selbst suchen, denn wir sind formell mit ganz geringen Machtmitteln ausgestattet. Umso stärker, umso besser müssen wir argumentieren, um uns bei der Bevölkerung und beim Regierungsrat mit seiner Verwaltung Gehör zu verschaffen», sagte er. Deshalb solle man sich nicht hinter Parteipositionen verstecken, sondern «als Individuen mit ganz unterschiedlichen beruflichen Kenntnissen und Lebenserfahrungen sprechen».
Für ihn sei weiter wesentlich, dass das Parlament seine beschränkten Ressourcen mit Bedacht und mit Mass einsetze, «dass wir keine Selbstverwirklichung betreiben, dass wir uns nicht mit Vorstössen zudröhnen, die es so schon gab, aber von jemand anderen.»
Viel passiert ist am ersten Grossratstag noch nicht. Die erste Sitzung der neuen Legislatur steht traditionell im Zeichen der Kommissionswahlen. Diese sind eigentlich unumstritten, zumal die Fraktionen sich – anders als vor vier Jahren – im Vorfeld einigen konnten. Doch Eric Weber von der «Volks-Aktion gegen zuviele Ausländer und Asylanten» stellte sich für diverse Kommissionen auf, was die Wahlen nur in die Länge zog. Überhaupt hielt er den Ratsbetrieb ständig auf. So schlug er seinen Parteikollegen Martin Gschwind für das Amt des Grossratspräsidenten vor und versuchte immer wieder, ans Rednerpult zu gelangen.
Im Laufe der Nachmittagssitzung kam Weber zu seinem grossen Auftritt (Sicherheitsdirektor Baschi Dürr beantwortete seine Interpellation «Foltermethoden im Basler Gefängnis»). Eric Weber wird sein Amt als Grossrat aber nicht niederlegen, wie spekuliert wurde. Er sprach zwar in seiner Rede von «Abschiednehmen», sagte jedoch auch: «Erst wenn die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen mich eingestellt hat, bin ich weg. Ich will Rache nehmen an die Verbrecherorganisation Staatsanwaltschaft.»