Ein Schwank aus Herrliberg

Christoph Blocher wirft seinen Gegnern nach der Hausdurchsuchung in Herrliberg politisches Kalkül vor. Und setzt seinerseits auf Teleblocher zum Rundumschlag gegen «die Mächtigen», Philipp Hildebrand, die intoleranten Linken und Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf an.

Sogar die Bibeln haben sie ihm auseinandergenommen. Christoph Blocher in seinem Haus in Herrliberg. (Bild: Keystone)

Christoph Blocher wirft seinen Gegnern nach der Hausdurchsuchung in Herrliberg politisches Kalkül vor. Und setzt seinerseits auf Teleblocher zum Rundumschlag gegen «die Mächtigen», Philipp Hildebrand, die intoleranten Linken und Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf an.

63 Interviewanfragen hat sein Sprecher, Livio Zanolari, gezählt. 63 Mal die Frage, ob sich Christoph Blocher nicht zu den Hausdurchsuchungen vom Dienstag äussern möge. Und dies, nachdem die politische Schweiz den Fall in den elektronischen Medien von gestern Dienstag und den Zeitungen von heute Mittwoch bereits von vorne nach hinten und wieder zurückgebürstet hat. Alle haben sie schon eine Meinung, obwohl niemand genau weiss, was denn nun Sache ist.

Niemand weiss, ob Blocher irgendjemanden angestiftet hat, um Daten des ehemaligen Nationalbank-Präsidenten Philipp Hildebrand zu kopieren (was strafbar wäre und eher unwahrscheinlich), oder ob sich der betreffende Mitarbeiter der Bank Sarasin von sich aus bei Blocher gemeldet hat und der Nationalrat lediglich als Briefträger die Kopien der damaligen Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey überbrachte (was nicht strafbar wäre und eher wahrscheinlich ist).

Weil diese entscheidende Frage noch offen bleiben, kann man die Geschichte der Hausdurchsuchung von Blochers Firma Robinvest in Männedorf und seiner Villa in Herrliberg nur auf zwei verschiedenen Ebenen lesen: auf einer politischen und einer humoristischen.

Die politische Ebene…

Die politische ist schnell erzählt: Blochers Feinde frohlockten, als gestern via Pressemitteilung von «10vor10» die Durchsuchung ruchbar wurde. Blochers Freunde (Christoph Mörgeli in der Tagesschau, Roger Köppel in der «Weltwoche» von morgen Donnerstag – wir haben das Editorial schon gesehen) sind entsetzt und Blocher selber ist – voraussehbar.

In einer 28-minütigen Ausgabe seines Internetfernsehens «Teleblocher» (die Antwort auf die 63 Medien-Anfragen und momentan nicht erreichbar – vielleicht wurde die Seite beschlagnahmt…) repetiert er dieselben Allgemeinplätze, die wir von Blocher schon länger kennen. Schuld an der Durchsuchung sei Eveline Widmer-Schlumpf, die in der «Arena» angekündigt habe, man müsse hier «mit allen Mitteln» vorgehen; die Geschichte sei zwar kein politisches Komplott («Jää, da muss man aufpassen»), aber die Politik spiele eine wesentliche Rolle.

Philipp Hildebrand sei ein Blender, er, Blocher, habe nur seine Aufgabe als Nationalrat erfüllt, und die Mächtigen, die Linken, seien intoleranter als die Bürgerlichen in den 60er-Jahren (was bemerkenswert ähnlich wie Roger Köppels Editorial der letzten «Weltwoche» tönte) und ganz, ganz grundsätzlich laufe etwas falsch in diesem Staat. Unglaublich sei es beispielsweise, dass die Presse am gleichen Tag über die Hausdurchsuchung Bescheid wisse. «Unglaublich!» Nun komme es darauf an, ob das Parlament seine Immunität aufhebe, «das ist auch ein Test, wissen Sie».

Politisch wird die Debatte über die Aufhebung der Immunität der nächste Schritt sein, bis dahin sitzt die Staatsanwaltschaft auf Dokumenten, die sie nicht verwenden kann – auf Anraten seines Anwalts liess Blocher die Unterlagen versiegeln.

… und die humoristische

Bleibt die humoristische Ebene. Und, ganz ehrlich, die aktuelle Ausgabe von Teleblocher ist auch ein bisschen lustig. Fünf Männer seien am Dienstagnachmittag in seinem Büro gestanden, «wa machet ihr denn do?», habe er sie gefragt, «eine Volksversammlung?». Und dazu kichert der alte Mann der SVP, als ob er gerade einen wirklich lustigen Witz erzählt hätte.

In diesem Sinn und Geist geht es weiter, Blocher ist der Erzähler seines eigenen lüpfigen Kriminalschwanks. «Abegsooge» hätten die Staatsanwälte die Dinge von seinem Handy; seiner Frau (er erwähnt sie häufig, selbst sie, eine Akademikerin, habe die Notiz des Staatsanwaltes nicht verstanden) habe er gesagt, sie solle nur aufpassen, dass die Polizisten kein Geld oder kein Bild mitnehmen würden. Hoho. Haha! «Und wissen Sie was, die Albisgüetli-Rede haben sie auch eingepackt.»

Alle Kästen hätten die Polizisten und Staatsanwälte aufgemacht und sogar die beiden Bibeln aus dem 17. Jahrhundert durchgeblättert. Und natürlich nichts gefunden. «Nichts!», sagt Blocher und es schüttelt ihn ein bisschen, so fest lachen muss er.

Quellen

NZZ Online über die Ankündigung von «Teleblocher».

Die Berichterstattung von Newsnet vom Dienstag und vom Tagesanzeiger vom Mittwoch.

Das Editorial von Roger Köppel in der letzten Weltwoche.

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