Beste Steuerzahler, rekordtiefer Steuersatz: Eigentlich müsste in Binningen Harmonie pur regieren. Doch dass das Dorf nicht zur Ruhe kommt, dafür sorgt Urs-Peter Moos. Jetzt kandidiert der SVP-Einwohnerrat für den Gemeinderat.
Man redet in Binningen nicht gern über diesen runden Tisch, denn eigentlich verpflichteten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu, Stillschweigen zu bewahren. Stillschweigen darüber, dass sich die Exponenten der Dorfpolitik vor einem Jahr hinter verschlossenen Türen trafen. Dem Vernehmen nach ging es um das aggressive politische Klima im Dorf. Die Probleme in Binningen hätten erst begonnen, seit Urs-Peter Moos als SVP-Vertreter 2006 in den Einwohnerrat nachgerückt sei, so der Tenor.
Was auch immer hinter den verschlossenen Türen wirklich gesagt wurde: Moos hat in den letzten Jahren immer wieder den Finger auf wunde Punkte gelegt. Einmal hatte die Verwaltung Abstimmungscouverts zu früh geöffnet, ein anderes Mal hatten die Behörden im Abstimmungskampf um einen neuen Werkhof unzulässige Propaganda betrieben. Immer wieder bekam Moos recht mit seinen Beschwerden, sodass die «Basellandschaftliche Zeitung», nachdem sie schon einmal vom «Kläffer» geschrieben hatte, im Januar 2011 titeln musste: «Bei Moos gegen Binningen steht es fünf zu null.» (Kommentar und Artikel online nicht verfügbar)
«Binningen ist ein besonders hartes Pflaster»
Doch Moos sieht sich nicht im Kampf gegen, sondern für Binningen. Das Dorf sei «extrem stark von der Classe politique» geprägt, sagt er. «Dieses Phänomen gibt es auch anderswo, aber Binningen ist ein besonders hartes Pflaster.» Dabei ist die Gemeinde schuldenfrei, zählt zu den Top drei bei der Steuerkraft pro Kopf und hat einen der tiefsten Steuersätze. Dass es Binningen finanziell so gut gehe, genau darin liege das Problem, meint der SVP-Politiker. Man kann es sich leisten. «Selbst wenn hier mehr gemauschelt wird als anderswo, ist es der Gemeinde dennoch immer gut gegangen.»
Statt den Gemeinderat zu kontrollieren, habe sich der Einwohnerrat lange Zeit damit begnügt, alles durchzuwinken. «Die Streitkultur war in Binningen komplett eingeschlafen. Wenn jemand Kritik vorbrachte, nahmen dies die Kritisierten sofort persönlich. Der Gemeinderat entwickelte sich zum Wohlfühlgremium, war nicht mehr in der Lage, sich den anstehenden Problemen zu stellen.»
Geprägt vom Stil der SVP
«Falsch», sagt der SP-Landrat Marc Joset, der sich selbst jahrelang in der Dorfpolitik engagierte. Binningen sei einfach lange Zeit liberal-sozial geprägt gewesen. «Das politische Klima in den letzten Jahren ist aber geprägt vom Stil der SVP, die angebliche Missstände aufdeckt. Doch was in Binningen passiert ist, kommt genau so in anderen Gemeinden vor, nur macht dort niemand so viel Aufhebens.»
Binningen als eine Art Mini-Schweiz mit der SVP, die viel Wirbel veranstaltet, um bei Unzufriedenen Stimmen zu holen? Das will die grüne Landrätin und Binninger Einwohnerrätin Rahel Bänziger nicht unterschreiben. Auf kantonaler oder nationaler Ebene müsse man über eine Sache heftig streiten können, danach aber auch wieder mit politischen Gegnern Kaffee trinken. Nicht dass man in Binningen Kaffee verschmähen würde, aber man trinkt diesen oft lieber mit seinesgleichen.
Moos habe einige gravierende Schnitzer aufgedeckt, sagt Bänziger. Doch einige Gemeinderäte nähmen diese Kritik persönlich. «Es wäre ungerecht, das aggressive politische Klima einfach nur an Urs-Peter Moos festzumachen.» Vielmehr ortet die grüne Politikerin eine Dynamik, die dazu führte. Gemeinderat und Verwaltung hätten Moos nicht ernst genommen. «Zum aggressiven politischen Klima hat auch der führungsschwache Gemeinderat beigetragen, der Probleme verneint und verharmlost, nicht hinsteht und sagt, was passiert ist.»
Selbst Gegner hoffen, dass Moos die Wahl schafft
Für die grüne Politikerin ist denn auch klar, dass die Binninger Politik jetzt wieder das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen müsse. Dazu müsste aber alles aufgearbeitet werden, was beim Schlossumbau und dem Schlosspark schieflief. Urs-Peter Moos tritt jetzt bei den Wahlen am 11. März als Kandidat für den Gemeinderat an. Ist das Tonband abgeschaltet, sagen selbst politische Gegner, sie hofften, dass Moos den Sprung in den Gemeinderat schaffe. So sei er gezwungen, nicht mehr nur andere anzugreifen, sondern selbst an Lösungen zu arbeiten. Für den siebenköpfigen Gemeinderat gibt es neun Kandidatinnen und Kandidaten. Nur die zwei bisherigen Mike Keller (FDP) und Heidi Ernst (SP) bewerben sich.
Eine komplette Erneuerung wäre möglich. Das Wunschresultat von Moos? So weit will er nicht gehen: «Die neuen Gemeinderäte müssen unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit wirklich den Willen für einen Neuanfang mitbringen.» Das tönt so gar nicht mehr nach Opposition, sondern fast schon magistral.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 24.02.12