Lamas, Karrenfelder, Vrenelis Gärtli. Es gibt viel zu tun hoch über dem Glarner Linthal.
Aus diesem Kessel führt kaum ein Weg raus, abgesehen vom Postauto, das die 1300 Höhenmeter hinauf auf den Klausenpass überwindet – und das auch nur viermal am Tag. Ansonsten muss man hier nach oben – steil nach oben. Linthal, die südwestliche Ecke des Kanton Glarus, ist eine Sackgasse, aber oben an seinen steilen Hängen lässt es sich problemlos tagelang stranden. Insbesondere am Westhang, wo seit über 100 Jahren eine Standseilbahn hinauf auf knapp 1300 Meter führt.
(Bild: Andreas Schneitter)
Dort ist Braunwald, eines von acht komplett autofreien Dörfer der Schweiz. Und dort kann man auf der Terrasse des Lesecafés (mit Kulturprogramm) Bsinti, mit dem hauseigenen Bsinti-Kaffi (Whiskey und Likör, vermutlich auch noch Kaffee) in der Hand, über den Kessel blicken und sich überlegen, was man die kommenden Tage hier anstellt. Denn die Sackgasse hat viel zu bieten.
Wer mit Familie kommt, wird das Märchenhotel Bellevue kaum umgehen können: Dort gibts Lamas und Ziegen hinterm Hag, eine Kletterwand und ein Tennisplatz hinterm Haus, und für die Grossen eine reichlich bestückte Bar neben dem Restaurant und zuoberst, unter dem Dach, Sauna und Dampfbad. Und mit einer wandhohen Fensterfront vor den Liegestühlen, mit Blick nach Südosten, wo sich das prachtvolle Panorama entfaltet. Bifertenstock, Tödi, Clariden. Ein Traum – und einer der quasi in Griffweite liegt: aus dem Talkessel führen mehrere alpine Wanderwege nach oben bis fast unterhalb der Gipfel, SAC-Hütten sind auf dem Weg.
Bärentritt und Bergsee
Wir entscheiden uns mangels Wettersicherheit für die weniger hohen Routen auf der Westseite des Tals, von Braunwald an aufwärts. Dort geht’s über pittoreske Karrenfelder, übereinander gestapelte, zerklüftete Gesteinsschichten, zuerst nach oben auf die grüne Hochebene Lauchboden, und dann über den jäh hinabschiessenden Bärentritt, erneut ein klangvoller Name, wieder runter.
(Bild: Andreas Schneitter)
Oder man steigt von der Ebene steil nach oben auf die «Furggele», einen hoch gelegenen Sattelübergang. Dort wird es dann wirklich spektakulär: Links ragt der Hang des pyramidenförmigen Ortsstocks, des Braunwalder Hausbergs, empor, geradeaus liegt ein Bergsee, und von dort geht’s via Glattalp hinunter ins Muotathal.
Nichts für einen Familientag – aber dafür bietet sich als Alternative der knapp zweistündige Weg zum Oberblegisee an. Von erhabener Schönheit ist dieser tiefblaue Bergsee am Fuss der mächtigen Krone von Vrenelis Gärtli, und gerade an wittrigen Tagen lohnt sich der Gang zur einsamen Alp und zum See, um die mystische Stimmung zu erleben. Wer Zeit hat: am Abend davor noch Tim Krohns «Quatemberkinder» lesen, die auf Dialektroman-Länge ausgewalzte Fassung der Vreneli-Sage. Findet sich im Shop des Bintis-Café – oder wenn man Glück hat, in einer der zahlreichen «offenen Bibliotheken» an den Wegrändern von Braunwald.
(Bild: Andreas Schneitter)
- Ausschlafen: An Hotelzimmern mangelt es nicht in Braunwald, noch besser: eines der zahlreichen an den Hang geklebten, schnuckligen Chalets mit umwerfender Sicht hinunter ins Tal.
- Abseilen: Ein Tag im Klettergarten von Braunwald, Einstiegskurs inklusive.
- Alternativprogramm: Bei totalen Regentagen – ein Besuch im Besucherzentrum von «Linthal 2015», das gigantische Pumpspeicherwerk, das der Stromkonzern Axpo in den letzten fünf Jahren in die Glarner Berge gebaut hat – inklusive der höchsten Staumauer Europas.