Die Ausstellung «Mit Glanz und Gloria» im Stadtmuseum Schopfheim zeigt, wie der Kaiserkult im Ort zelebriert wurde und der Militarismus den Einlass in Kinderstuben fand.
Als im August 1914 deutsche Soldaten in den Krieg zogen, meinten viele, sie täten dies für Kaiser und Vaterland. Die Ausstellung «Mit Glanz und Gloria» im Stadtmuseum Schopfheim hilft zu verstehen, wie es zu diesem Glauben kam.
Nach dem Sieg des Norddeutschen Bundes und der mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten über Frankreich im Krieg von 1870/71 wurde am 18. Januar 1871 der preussische König Wilhelm zum deutschen Kaiser ausgerufen. Fortan war Deutschland ein Nationalstaat mit dem Kaiser als Staatsoberhaupt und dem Reichskanzler als Regierungschef. Dadurch rückte die demokratische Republik, für die Demokraten wie Friedrich Hecker, Gustav Struve oder Georg Herwegh 1848/49 gefochten hatten, in weite Ferne.
Patriotische Feste und Gedenkfeiern
Damit das Kaisertum bei der Bevölkerung auf möglichst grosse Zustimmung stiess, wurde ein eigentlicher Kaiserkult betrieben und der Nationalstolz geschürt. Dies geschah unter anderem mit einer Reihe von patriotischen Festen und Gedenkfeiern. Dazu gehörten der Geburtstag des Kaisers, der Reichsgründungstag und der Sedantag, an dem der Sieg über Frankreich gefeiert wurde.
Selbst als Christbaumschmuck war in der deutschen Kaiserzeit das Militär in Bürgerstuben zu Gast. (Bild: Martin Stohler)
Die Ausstellung «Mit Glanz und Gloria» zeigt, wie solche Feiern in Schopfheim abliefen. Die Spurensuche des Museums beschränkt sich allerdings nicht auf den öffentlichen Raum. Denn im Deutschen Kaiserreich fanden Kaiserkult und die Forderung nach patriotischer Pflichterfüllung in den unterschiedlichsten Lebensbereichen ihren Niederschlag – selbst im trauten Heim machten sie sich breit.
Ulla Schmid stellt in ihrer Begleitschrift zur Ausstellung denn auch fest: «Die gute Stube war dekoriert mit Bildern der kaiserlichen Familie auf Geschirr und Wänden. Festdekorationen in den Reichsfarben und Christbaumschmuck mit aktuellen militärischen Inhalten erinnerten selbst in Stunden der Musse an die Treue zum Vaterland. Kriegshelden im Kartenspiel, Kasernendrill im Legespiel und das berühmte U-Boot 9 als Christbaumschmuck am Baum erinnerten an ein vermeintlich heroisches Soldatentum und weckten den Wunsch beim Kind, auch selbst einmal Soldat zu sein.»
Der Frauenverein Schopfheim und der Krieg
19. Juni 1910: Das Schopfheimer «Grossherzogs-Friedrich-und-Krieger-Denkmal» wird eingeweiht. (Bild: Martin Stohler)
Die Ausstellung befasst sich auch mit der Geschichte des im Jahr 1855 gegründeten Frauenvereins Schopfheim. Diesem war in der Zeit des Kaiserreichs eine besondere Rolle zugedacht. Bereits im deutsch-französischen Kriegs von 1870/71 hatte der Frauenverein ein Lazarett betrieben. In den Jahren 1899/1902 verpflichtete er sich durch Vertrag mit den Militärbehörden, im Falle einer Mobilmachung ein Vereinslazarett einzurichten, für die Unterbringung rekonvaleszenter Soldaten in Familienpflege zu sorgen und eine Erfrischungs- und Verbandsstation am Bahnhof Schopfheim zu unterhalten. Das Lazarett verfügte anfangs über 74 Betten. Mit der Zeit, als sich der Krieg in die Länge zog, war es mit durchschnittlich mit 250 bis 300 Mann belegt.
Die Ausstellung im Stadtmuseum zeigt viele kleine Exponate, die spannende Geschichten erzählen, wenn man ihnen etwas Zeit gibt. Es sind Mosaiksteine, die zusammen ein Bild des Deutschen Kaiserreichs ergeben, wie es unsere Nachbarn im Wiesental erlebt haben.
_
Die Ausstellung im Stadtmuseum Schopfheim dauert noch bis 28. September 2014. Öffnungszeiten: Mittwochs 14 bis 17 Uhr, samstags 10 bis 17 und sonntags 11 bis 17 Uhr.
In den Schopfheimer Museumsschriften ist ein materialreicher Begleitband von Ulla K. Schmid zur Ausstellung erschienen. Das Stadtmuseum Schopfheim ist Teil des trinationalen «Netzwek Museen» das 30 Ausstellungen zum Thema «1. Weltkrieg» durchführt. Mehr zum Thema bei der TagesWoche im Dossier: 1. Weltkrieg.