Eine kranke Serbin kämpft um Asyl

Als in der Schweiz geborene Serbin hätte Monika Penic Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung gehabt. Nun bittet die kranke Frau für sich und ihre beiden kleinen Kinder um Asyl. Bislang erfolglos.

Sucht verzweifelt einen Ausweg aus dem Flüchtlingselend: Monika Penic mit ihrer Tochter Ivi Angela. (Bild: Udo Theiss)

Als in der Schweiz geborene Serbin hätte Monika Penic Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung gehabt. Nun bittet die kranke Frau für sich und ihre beiden kleinen Kinder um Asyl. Bislang erfolglos.

Monika Penic ist von den Strapazen der letzten Jahre, vom Kampf gegen die Bürokratie, von Angst und Sorge um ihre beiden Töchter und von Krankheit sichtlich gezeichnet. Obwohl sie in Basel geboren und in den Kindergarten gegangen ist, wohnt sie mit ihren beiden acht- und zwölfjährigen Töchtern im Empfangs- und Verfahrenszentren für Asylsuchende (EVZ). Seit sieben Monaten. Gesetzlich vorgeschrieben währen drei.

Die Aufenthaltsdauer im EVZ könne in Einzelfällen überschritten werden, schreibt das Bundesamt für Migration (BFM) in einer Stellungnahme, etwa «wenn Asylsuchende vorübergehend abwesend sind (Spital, Gefängnis, verschwunden etc.) oder wenn es aus medizinischen oder betreuerischen Gründen in ihrem Interesse liegt, vor Zuweisung an den Kanton eine optimale Betreuungssituation zu finden».

Die 41-Jährige ist ausgezehrt, sie wiegt knapp noch 40 Kilo. Ihr Gesicht ist ausgezehrt, jeder einzelne Knochen zeichnet sich unter ihrem T-Shirt ab. Ihre Augen wandern unruhig hin und her. Immer wieder beginnt sie, mitten in einem Satz zu weinen.

«Statt mich einschulen zu lassen, schickten mich meine Eltern nach Serbien zu den Grosseltern.»

Penics Eltern kamen in den 1960er-Jahren aus Serbien in die Schweiz, um hier zu arbeiten. Sie hatten eine C-Bewilligung, als die kleine Monika zur Welt kam. «Statt mich einschulen zu lassen, schickten mich meine Eltern nach Serbien zu den Grosseltern. Sie wollten kein Kind betreuen, sondern beide zu 100 Prozent arbeiten.»

Das war damals eine verbreitete Praxis unter «Gastarbeitern». Die meisten wollten so rasch wie möglich wieder in die Heimat zurückkehren, sobald sie etwas gespart hatten. Bis zum 18. Altersjahr ihrer Tochter hätten sie diese gemäss den Bestimmungen des Familiennachzugs in die Schweiz zurückholen können. Aber es kam anders.

Ganz auf sich allein gestellt

Als Monika 15 Jahre alt war, starben ihre Grosseltern. Verzweifelt rief sie ihre Eltern an, ob sie in die Schweiz zurückkommen könne – ihre Eltern verweigerten ihr jedoch die Rückkehr. «Ich war völlig auf mich allein gestellt, zog quer durch das ehemalige Jugoslawien und schlug mich mit Singen, Putzen und Altenpflege durch.» Dass sie bis zum 18. Lebensjahr Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz gehabt hätte, hatte ihr niemand mitgeteilt.

Eine kurze Zeit lang wurde alles besser. Monika Penic lernte einen Mann kennen, bekam zwei Kinder und führte ein normales Familienleben. Doch vor fünf Jahren starb ihr Mann, und Penic stand plötzlich allein mit ihren beiden Kleinkindern da.

Jobs sind in Serbien seit dem Krieg Mangelwahre und Betreuungsangebote für Kinder praktisch nicht vorhanden. Die Sozialhilfe reichte ihr gerade mal aus, um sich Essen für zehn Tage zu kaufen. Dann wurde Penic, wie sie erzählt, von einer Bande organisierter Krimineller wiederholt verprügelt und mit dem Tod bedroht. Sie suchte Hilfe bei der Polizei, bei politischen Parteien – doch niemand half ihr. «Mit der Zeit bekam ich Panikattacken. Der Arzt verschrieb mir dagegen Valium.»

Die Eltern weisen die kranke Tochter zurück

Schliesslich erbettelte sie sich Geld, um sich eine Busreise in die Schweiz zu ermöglichen. Sie wollte bei ihren Eltern Zuflucht suchen. Trotz der sichtlichen Not ihrer Tochter weigerten sich diese jedoch, ihr Unterschlupf zu gewähren. Von den Behörden wurde sie mit der Erklärung abgewimmelt, dass mit dem Überschreiten der 18-Jahre-Grenze all ihre Ansprüche auf eine Aufenthaltsbewilligung verfallen seien. Verzweifelt lebte Penic eine Zeitlang mit ihren beiden Mädchen auf der Strasse.

Schliesslich bekam sie den Tipp, um Asyl zu ersuchen. Doch die provisorische Zuflucht im Asylzentrum Bässlergut wurde für Penic zu einem weiteren Martyrium. «Die Security hasst mich, weil ich verstehe, was sie sagen, und den Eritreern und Syriern helfe, wenn sie ungerecht behandelt werden.»

«Für mich selbst verlange ich nichts mehr. Aber was soll aus meinen Kindern werden?»

Zwei Mal musste Penic wegen einer Lungenentzündung mehrere Tage lang ins Kantonsspital. Während der Spitalaufenthalte waren die verängstigten Kinder jeweils sich selbst überlassen. Nach ihrer Rückkehr ins Bässlergut immer noch krank und geschwächt, wurde Penic keine Bettruhe gegönnt. Die kranke Frau musste Reinigungsarbeiten verrichten.

Mit diesen Informationen konfrontiert, reagierte das BFM mit folgender Erklärung: «Kranke, bettlägerige Personen sind vom Reingungsdienst entbunden.» Im Zweifelsfall entscheide aber das anwesende medizinische Personal. Was die die Kinderbetreuung betrifft, schreibt das BFM: «Generell werden unbegleiteten Kindern und Minderjährigen immer Betreuungspersonen des EVZ zur Seite gestellt, bei Bedarf wird die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde einbezogen.» Zudem würden kleine Kinder generell jeden Vormittag durch zwei Freiwillige des Schweizerischen Roten Kreuzes betreut, die auf spielerische Art und Weise die Sprachkompetenz fördern.

Basler Behörden werden endlich aktiv

Dann wurde die Menschenrechtsorganisation Augenauf auf den Fall aufmerksam und versucht seither, die Frau zu unterstützen. «Für mich selbst verlange ich nichts mehr», sagt Penic resigniert. «Ich habe keine Kraft mehr. Aber was soll aus meinen Kindern werden?» Laut einem medizinischen Gutachten des Kantonsspitals ist Penic «aufgrund ihres schlechten psychischen und physischen Gesundheitszustandes seit längerer Zeit nicht mehr in der Lage, die Sorgfaltspflicht für ihre Kinder unter diesen erschwerten Umständen angemessen wahrzunehmen».

Immerhin hier zeichnet sich ein Hoffnungsschimmer ab. Auf wiederholte Intervention von Augenauf nimmt sich der Kanton jetzt der Sache an. Das Empfangszentrum untersteht dem Bund. «Wir begrüssen sehr, dass der Kanton nun endlich aktiv wird. Nach unserer Einschätzung ist der Kinder- und Jugenddienst sehr darum bemüht, für die Kinder möglichst schnell einen Betreuungsplatz zu finden», sagt Katrin Meyer von Augenauf Basel.

Der Buchstabe des Gesetzes

Allerdings sei die Situation der kranken Mutter nach wie vor ungelöst. «Der Gesundheitszustand von Monika Penic hat sich in den letzten Monaten kontinuierlich verschlechtert. Es ist nicht absehbar, dass es ihr bald besser gehen wird. Darum fordern wir für sie und ihre beiden minderjährigen Kinder die vorläufige Aufnahme in der Schweiz.» Eigentlich wäre Monika Penic ein klassischer Fall für eine humanitäre Sonderlösung. Doch der Buchstabe des Gesetzes steht dem dagegen: Solche Bewilligungen gibt es nur bei mehr als fünf Jahren Aufenthalt in der Schweiz.

Artikelgeschichte

Dieser Beitrag wurde am 19.6.2014 mit einer Stellungnahme des Bundesamts für Migration ergänzt.

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