Eine Mission, zum Scheitern verurteilt

Die Mehrheit der Regierung wird auch nach den Wahlen im Herbst in linken Händen bleiben, auch wenn das die Bürgerlichen ändern wollen.

Die bisherigen Basler Regierungsräte Christoph Eymann, Carlo Conti, Eva Herzog, Christoph Brutschin, Guy Morin und Hans-Peter Wessels werden wohl auch im Oktober 2012 wieder einen Blumenstrauss erhalten. (Bild: Keystone/Andreas Frossard)

Die Mehrheit der Regierung wird auch nach den Wahlen im Herbst in linken Händen bleiben, auch wenn das die Bürgerlichen ändern wollen.

Sie bringen sich langsam in Position für die Regierungsratswahlen, die Parteien. Die GLP hat ihren Kandidaten Emmanuel Ullmann am Dienstag vorgestellt. Kommenden Montag nominiert die FDP ihre beiden Köpfe für die Regierung. Neben Baschi Dürr möchten auch Christophe Haller, Helmut Hersberger und Andreas Faller für die Freisinnigen in die Exekutive.

Das Ziel der Bürgerlichen ist klar: Nach den Wahlen im Oktober 2012 soll die heute rot-grün dominierte Basler Regierung wieder in bürgerlichen Händen sein. Denn so war es früher eigentlich immer, und für viele war das gut so. Fünf Thesen zu den Wahlen:

1. Die Bürgerlichen schaffen es nicht, die Mehrheit in der Regierung zu erobern.

Die Chancen der LDP, FDP und CVP, mit ihrem Viererticket die rot-grüne Mehrheit in der Exekutive zu brechen, sind gering. Für die FDP ist die Ausgangslage besonders schwer: Sie müsste nicht nur den Sitz ihres abtretenden Sicherheitsdirektors Hanspeter Gass verteidigen, sondern gleichzeitig Guy Morin aus dem Amt werfen. Um die Chancen minim zu erhöhen, gehen die drei Parteien erneut ohne die SVP in die Wahlen. Eine Allianz ohne SVP macht Sinn. Die CVP, FDP und LDP haben die Wahlen schon gemeinsam bestritten, als die SVP in Basel noch gar nicht existierte. Zudem hätte eine Liaison mit der SVP viele CVP-Wähler verärgert. Und allein wird es die SVP nicht schaffen: Basel-Stadt will auch 2012 keinen Rechten in der Exekutive.

2. SP und Grüne sind die besseren Bürgerlichen. Es braucht keinen Machtwechsel.

Während andere Kantone wie Baselland mit den Finanzen zu kämpfen haben, steht Basel-Stadt so gut da wie seit 20 Jahren nicht mehr. Und dieser Frau ist das zu verdanken: Eva Herzog. Seit sieben Jahren ist die fleissige Sozial­demokratin Vorsteherin des Finanzdepartements und hat den Haushalt des Stadtkantons besser im Griff als ihre bürgerlichen Vorgänger. Dass sie einen hervorragenden Job macht, sehen selbst die Bürgerlichen inzwischen ein. Der Schuldenberg konnte seit 2005 kontinuierlich abgebaut werden, und obwohl die Steuern gesenkt wurden, schafft es Basel-Stadt seit der Ära Herzog immer noch jedes Jahr, einen Gewinn zu erzielen.

Vor Kurzem segnete der Grosse Rat zudem den von ihr eingefädelten Steuer­deal mit den Wirtschaftsverbänden ab. Demnach sollen die Unternehmensgewinnsteuern weiter auf maximal 18 Prozent sinken. Ein Beweis, dass die rot-grüne Regierung ziemlich bürgerlich politisiert: Die SP ergreift das Referendum gegen tiefere Steuern für Unternehmen und stellt sich somit gegen ihre eigene Regierungsrätin. Sogar in der Novartis-Chefetage schwärmt man in den höchsten Tönen von der 51-Jährigen. Mit Hans-Peter Wessels und Christoph Brutschin sitzen zudem zwei weitere Sozialdemokraten in der Regierung, die in ihrer Partei zum «rechten» Flügel gehören. Und Guy Morin? Auch er und sein Kantons- und Stadtentwickler Thomas Kessler betreiben mit ihrem geplanten Wohnraumfördergesetz (so soll der Abbruch von Wohnbauten künftig ohne Bewilligung erfolgen) eine Politik, die bei den Linken ausserhalb der Regierung schlecht ankommt.

3. Der Grüne Guy Morin gilt für viele als Wackelkandidat, in der Bevölkerung ist er aber beliebt.

Wie man über diesen Guy Morin doch schimpft. Sie lieben es, die Bürgerlichen, auf ihn einzuprügeln. Umstritten ist der Regierungspräsident selbst im eigenen Lager. Er macht es seinen Kritikern auch einfach, denn Morin macht nicht selten einen unbeholfenen und entrückten Eindruck. Trotzdem: Es ist gerade seine authentische Art, die ihn auch sympathisch macht. Der seit 2006 amtierende Regierungsrat scheut den Kontakt zur Bevölkerung nicht. Er mischt sich gerne unter die Leute – und hat sichtlich Spass daran. Anders als im Grossen Rat oder bei anderen förmlichen Terminen blüht er dann richtig auf. Es ist die Volksnähe, die Morin auszeichnet. Ob Baschi Dürr, der distanziert und leicht arrogant wirkt, ebenso Freude daran haben würde, einer 100-Jährigen zum Geburtstag zu gratulieren oder Frau Meier vom Bläsiring Glühwein auszuschenken? Wir bezweifeln es.

4. Die Grünliberalen werden mit Emmanuel Ullmann der FDP gefährlich.

Der GLP-Regierungsratskandidat Emmanuel Ullmann ist ein engagierter Politiker. Trotz seines Alters – er ist 32 – hat der ehemalige FDPler bereits langjährige politische Erfahrung. Eine allfällige Chance hat der in Paris geborene Bilingue aber erst in einem zweiten Wahlgang. Sollte Rot-Grün alle vier Kandidaten im ersten Wahlgang durchbringen, kann Ullmann auf deren Unterstützung hoffen. Und dann dürfte er zu einem nicht zu unterschätzenden Konkurrenten für die FDP werden. Viel gefährlicher wäre aber GLP-Präsident David Wüest-Rudin den Freisinnigen geworden. Er ist die bekanntere und stärkere Figur als Ullmann.

5. Baschi Dürr schafft es in die Regierung.

Von allen neuen Regierungsratskandidaten hat FDP-Grossrat Baschi Dürr die besten Wahlchancen. Der talentierte Rhetoriker ist auch über die Partei­grenzen hinaus wohlgelitten. Der gesellschaftsliberale Politiker würde bei einer Wahl in die Regierung aber ziemlich sicher den Sitz von Hanspeter Gass erben – und sich somit wahrscheinlich rasch unbeliebt machen. Denn als Sicherheitsdirektor ist es unmöglich, es allen recht zu machen. Kein Thema polarisiert so stark wie die Sicherheit. Im Gegensatz zu Hanspeter Gass dürfte er es aber eher schaffen, fürs Volk schwer nachvollziehbare Entscheide einleuchtend zu begründen.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 23.03.12

Nächster Artikel