Die versammelte Linke der Schweiz rief heute zur Asyldemo nach Bern. Es kamen nur ein paar Tausend. Ratlosigkeit machte sich breit.
Die Verschärfung des Asylgesetzes hat heute in Bern einige Tausend Personen auf die Strasse getrieben – «immerhin», sagten an der Demo die einen, «enttäuschend», flüsterten die anderen. Letztere waren in der Mehrheit. Verständlicherweise. Vor drei Wochen zogen weit über Zehntausend durch Bern – für mehr Freiräume, Nachtleben und ein Recht auf Party.
Exakt zehn Tage sind vergangen, seit der Nationalrat das schweizerische Asylgesetz verschärft hat. Der Familiennachzug für anerkannte Flüchtlinge wurde erschwert, zudem sollen alle Asylbewerber künftig ihren Lebensunterhalt mit 8 Franken Nothilfe pro Tag bestreiten.
Der Aufschrei auf Seiten der Linken war laut: Gewerkschaften, Hilfswerke und Parteien von der PDA bis zur CSP kündigten Widerstand an. Intellektuelle hoben den Mahnfinger, Dramatiker Lukas Bärfuss etwa verarbeitete seinen Zorn zu einer galligen Anklageschrift. An diesem Samstag sollte sich der Unmut nun auch auf den Berner Strassen und vor dem Bundeshaus entladen. An der gesamtschweizerischen Demo «Stopp der menschenverachtenden Migrationspolitik».
Integrationsfigur fehlt
Ein Signal von nationaler Ausstrahlung war auf den Berner Gassen aber kaum erkennbar. Klar war diese Manifestation laut und bunt, wie es sich gehört, wenn Maoisten neben Migranten, Autonome neben Christen marschieren. Aber die Demo war auch sehr, sehr überschaubar. Als sie sich um 15.30 Uhr bei der Berner Reitschule in Bewegung setzte, zählte man kaum 2000 Teilnehmer. Zwar sollte die Menge noch ein wenig wachsen, die Frage, welche die Demonstranten fortan am stärksten beschäftigte, war aber nicht, was läuft schief in der schweizerischen Migrationspolitik? Sondern eher, was läuft schief bei uns, den Gegnern?
Die Antworten blieben vage. Vom Verdruss war da die Rede, der sich in der Linken breit gemacht habe, weil es hoffnungslos sei, die «populistische Verschärfungsrally» beenden zu wollen. Von den Überfremdungsängsten sprachen manche, die tief ins Denken der Bevölkerung eingesickert seien. Wieder andere vermuteten, dass der Bewegung eine nationale Integrationsfigur, ein Aushängeschild fehle.
Zumindest dieses Problem könnte sich bald erübrigen. Redner Balthasar Glättli (Grüne), der sich auch in der Nationalratsdebatte als Wortführer der Linken empfahl, rettete auf dem Bundesplatz jedenfalls so ziemlich alles, was noch zu retten war nach diesem lauen Nachmittag.
Ob das reicht? Das erwartete Referendum gegen das Asylgesetz wird es zeigen.