Entlang an Eukalyptusplantagen

Manchmal braucht es nicht viele Worte. Der Schweizer Autor Simon Froehling hat nach einem Südafrika-Besuch seine Eindrücke niedergeschrieben – in Gedichtform.

Dämmerung. (Bild: Simon Fröhling)

Manchmal braucht es nicht viele Worte. Der Schweizer Autor Simon Froehling hat nach einem Südafrika-Besuch seine Eindrücke niedergeschrieben – in Gedichtform.

Als Versuch, Weltgeschehen lyrisch zu erfassen, beschreibt Simon Froehling seine beiden Gedichte. Der Schweizer Autor besuchte Anfang des Jahres 2012 seine in Südafrika lebende Schwester. Er erfuhr den Besuch als zweispältig, sah ein zerrissenes Land, das noch immer sehr mit seiner Vergangenheit zu kämpfen hat, mit immerpräsentem Rassismus, immerpräsenter Gewalt und immerpäsenter Schere zwischen Arm und Reich – «und du reist da herum als Weisser mit all deinen Privilegien, deinem Geld und dem Wissen, dass du wieder gehen kannst». Als er zurückkam, fühlte er Unvermögen, das Erlebte mit Sprache zu fassen. Er versuchte es – für eine Reportage ungewöhnlich – in der Form von Gedichten.

Vor Marikana

In kwaZulu-Natal rasen wir stundenlang neben Eukalyptusplantagen her:
Abertausend gleissend-weisse Stämme entziehen dem Land das Wasser
Genetically modified sagt meine Schwester und entlang der Strasse
die Schienen für das Holz für das Papier für einen Text wie diesen

Der Geruch von Inhalationen von Dampf dringt ins Auto
Fieberfrost einer erinnerten Grippe und auf dem Pannenstreifen:
Schwarze Kinder kommen in ihren Uniformen aus der Schule
At least two bodies haben sie und ihr Mann hier liegen sehen

Hinter der letzten Plantage dann die erste von vielen Minen
Diamanten vielleicht oder Kupfer für unsere Armreifen in Solidarität
mit Menschen mit HIV mit AIDS und vom Rücksitz ihre Stimme:
Darling turn the aircon off

Nach Marikana

Ein Journalist beschwört Dornbüsche, verdorrtes Gras und beinahe biblisch
taucht die sinkende Sonne den Hill of Horrors in warmes Licht im Flugzeug
in der ersten Zeitung seit Tagen lässt er sich von Alliterationen verführen
von Schmelze, Schlachtfeld und Schwarze schiessen auf Schwarze

Im Flugzeug in der ersten Zeitung nordwestlich von Johannesburg
stolpere ich über Begriffe keine Bilder stellen sich ein zu Platin zu 80 Prozent
des Weltvorkommens das unter uns liegt unter der Wolkendecke unter Tag
keine Bilder zu Lohnforderungen, D-Day und 34 Kumpel

Von Apartheid ist die Rede von automatischen Gewehren und im Flugzeug kommt
nach der ersten Nennung des African National Congress das Kürzel in eine Klammer
wie man es gelernt in der weissen Welt die nichts mehr versteht schon gar nicht
Z wie Zuma während ein Streikender im Aufmacherbild so nennen wir das

Ein Streikender leckt die Spitze seines Speeres ab

Simon Froehling ist seit 2005 hauptsächlich als Theaterautor bekannt. Er erhielt schon diverse Preise, u.a. den Dramatikerpreis der Schweizerischen Autorengesellschaft. 2010 erschien im Bilgerverlag sein Roman «Lange Nächte Tag». Froehling veröffentlichte aber immer auch Gedichte und hat schon einen Heinz-Weder-Anerkennungspreises für Lyrik gewonnen.

 

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