«Es braucht beides: Grümpeli und Swiss Indoors» – «Aber Grümpeli sind wichtiger»

Die Regierungsrats-Kandidaten Heidi Mück und Conradin Cramer, die beide am liebsten das Erziehungsdepartement übernehmen würden, haben unterschiedliche Vorstellungen, was die St.-Jakobshalle anbelangt. Der eine will mehr Ertrag, die andere will mehr kleine Events.

Conradin Cramer (LDP) ist in einer unbequemen Situation: Er darf seinen Parteikollegen Christoph Eymann nicht kritisieren, will seiner Kontrahentin, Heidi Mück, aber nicht zu viel Argumentationsspielraum lassen.

(Bild: Nils Fisch)

Die Regierungsrats-Kandidaten Heidi Mück und Conradin Cramer, die beide am liebsten das Erziehungsdepartement übernehmen würden, haben unterschiedliche Vorstellungen, was die St.-Jakobshalle anbelangt. Der eine will mehr Ertrag, die andere will mehr kleine Events.

Ob es denn ein Streitgespräch werde, bleibe offen, schreibt Conradin Cramer (LDP) auf die Einladung zu einem Doppelinterview mit Heidi Mück (Grünes Bündnis BastA!). Beide kandidieren für den Regierungsrat und sähen sich am liebsten in der Nachfolge von Erziehungsdirektor Christoph Eymann (LDP). Beim Gespräch in den TagesWoche-Räumlichkeiten sollen sie deshalb erklären, wie sie in dieser Position die St.-Jakobshalle in Zukunft positionieren wollen.

Denn kleine Veranstalter haben es zunehmend schwer, einen Event in der St.-Jakobshalle durchzuführen (die TagesWoche berichtete). Sie müssen beispielsweise ihre Getränke über Feldschlösschen bestellen, mit dem das Erziehungsdepartement (ED) einen Liefervertrag unterhält. Das sorgt für Ärger bei den Veranstaltern.

Cramer ist bei dem Gespräch in einer schwierigen Position. Er darf seinen Parteikollegen Eymann nicht zu sehr kritisieren, will Mück aber auch nicht zu viel Argumentationsspielraum lassen. Mück kann hingegen auf Konfrontation gehen. So kommt es doch hie und da zum Schlagabtausch, den Cramer wohl lieber vermieden hätte.

In zwei Jahren ist die St.-Jakobshalle fertig saniert. Dann wird Basel die modernste und grösste Halle der Schweiz haben. Wofür sollte diese in Zukunft da sein?

Conradin Cramer: Mir ist es wichtig, dass eine Doppelnutzung stattfinden kann – wie es auch die Bau- und Raumplanungskommission forderte. Das heisst: Einerseits soll dort Breitensport stattfinden, andererseits soll es Events geben, die zur Ausgabendeckung beitragen können.

Wo würden Sie die Priorität legen, Frau Mück?

Heidi Mück: Es braucht sowohl das eine wie auch das andere. Wobei bei mir der Fokus ganz klar auf dem Breitensport liegt. Klar ist, dass die Halle nicht selbsttragend sein kann. Die Frage ist, wie viel Ertrag sie abwerfen muss.




Heidi Mück: «Wir haben politisch nie diskutiert, was wir mit dieser Halle eigentlich wollen.» (Bild: Nils Fisch)

Im Moment sind es etwa fünf Millionen Franken Ertrag bei zehn Millionen Aufwand. Genügt das?

Mück: Legt man den Fokus nur auf den Breitensport, liegen sicher keine höheren Einnahmen drin. Wir haben politisch nie diskutiert, was wir mit dieser Halle eigentlich wollen.

Cramer: In der Kommission, die ich präsidiere, haben wir schon darüber diskutiert. Klar ist: Die Halle wird nicht selbsttragend sein. Das erwähnte Defizit von fünf Millionen betrifft sogar nur die Betriebskosten. Die über 100 Millionen Franken, die der Kanton in die Sanierung investiert, sind in dieser Rechnung nicht drin. Deshalb ist es schon die Idee, dass es Mehrerträge geben soll. Das ist mit der sanierten Halle auch möglich. Zum Beispiel sollen ab 2018 mehr Grosskonzerte stattfinden. Diese werfen auch mehr Ertrag ab, ohne dass sie den Breitensport aus der Halle verdrängen.

Wie unsere Recherche jedoch zeigt, haben kleine Sportveranstalter zunehmend Mühe, in der Halle Events durchzuführen. Sie können zum Beispiel keine eigenen Ess- und Trinkstände anbieten und verdienen so fast nichts. Gross-Events mit viel Ertrag und kleine Sportanlässe, das geht offenbar schlecht nebeneinander.

Cramer: Das sehe ich nicht so. Sobald die Sanierung fertig ist, können mehr Anlässe parallel stattfinden. Heute ist das noch nicht so. Ausserdem garantieren die Catering-Verträge, die Sie ansprechen, günstige Einkaufspreise für alle. Indem man sich zu einem Lieferanten verpflichtet, erhält man auch bessere Konditionen. Das ist die betriebswirtschaftliche Logik dahinter.

Veranstalter sagen, dass sie mehr bezahlen, wenn sie über die offiziellen Vertragspartner des ED bestellen müssen.

Cramer: Es mag sein, dass einzelne Veranstalter mit guten Beziehungen für sich noch günstigere Lösung finden könnten. Aber gesamthaft ist es günstiger, wenn man über einen einzigen Lieferanten bestellt.

Mück: Da muss ich widersprechen. Ich kenne auch Beispiele, die zeigen, dass kleine Veranstalter benachteiligt sind. So organisierte ein lokaler Fussballverein jahrelang ein Fest in der Joggeli-Halle und bestellte die Getränke über einen regionalen Anbieter, der auch Hauptsponsor auf den Trikots war. Weil der Verein nun alle Getränke über den ED-Partner kaufen musste, konnte er seinen Sponsor nicht mehr berücksichtigen. Solche Events basieren auf Freiwilligenarbeit und ehrenamtlichem Engagement. Hier vermisse ich ein gewisses Feingefühl, dass man auf solche Leute auch zugeht. Für mich geht es um Haltung: Wollen wir bei einem Grosskonzern einkaufen, oder sollen lokale Anbieter profitieren?




Heidi Mück: «Feldschlösschen gehört Carlsberg – ein Konzern, mit dem das ED nicht Exklusiv-Verträge abschliessen sollte.» (Bild: Nils Fisch)

Das ED hat noch bis Ende Jahr einen Exklusiv-Vertrag mit Feldschlösschen. Sollte nicht auch das lokale Gewerbe profitieren, Herr Cramer?

Cramer: Feldschlösschen schafft relativ viele Arbeitsplätze im Fricktal, das ist doch regionales, schweizerisches Gewerbe, oder nicht?

Mück: Aber Feldschlösschen gehört Carlsberg. Die Hälfte der internationalen Brauereien, die Carlsberg aufkaufte, wurden geschlossen. Für mich ist dieser Konzern durchaus ein Feindbild, dem man nicht mit Exklusiv-Verträgen helfen sollte.

Das ED unterschrieb auch einen Exklusiv-Vertrag mit Nestlé, der alle Badis zum Verkauf von Nestlé-Produkten zwang. Der Vertrag wurde unter der Hand vergeben. Würden Sie als Erziehungsdirektorin oder Erziehungsdirektor solche Verträge gutheissen?

Cramer: Selbstverständlich muss man sich immer an die Ausschreibungsregeln halten. Solche umfassenden Verträge können aber durchaus sinnvoll sein, wenn sie günstigere Konditionen ermöglichen. Jedenfalls ist klar zu kommunizieren, warum solche Verträge mit einem konkreten Anbieter abgeschlossen werden. Ich würde in diesen Belangen möglichst transparent agieren und die Situation nach Auslaufen des aktuellen Vertrags neu beurteilen.

Mück: Es stellt sich dabei die Frage: Was ist einem wichtig? Holt man mit solchen Knebelverträgen Geld für den Steuerzahler herein – auf die Gefahr hin, dass bestimmte Veranstalter in Schwierigkeiten geraten? Hier würde ich andere Prioritäten setzen als der amtierende Erziehungsdirektor. Mir sind der Breitensport und kleinere Sportanlässe wichtig, weil ich auch sehe, wie viel dahintersteckt: Gesundheitsförderung, Prävention, Integration. Ein Riesenaufwand an Freiwillenarbeit. Davor habe ich grossen Respekt. Hier würde ich mich für bessere Rahmenbedingungen einsetzen.




Conradin Cramer: «Die Halle sollte nicht nur für diejenigen sein, die ein Ticket für 100 Franken kaufen. Es soll eine Halle für die Bevölkerung sein.» (Bild: Nils Fisch)

Cramer: Die Rahmenbedingungen sind aber nicht schlecht. Die Miete für die Joggeli-Halle ist sehr günstig. Das soll auch so sein. Wenn Sie am nächsten Wochenende ein Grümpel-Turnier veranstalten wollen, rufen Sie an, und wenn keine Swiss Indoors oder ein anderer Event stattfinden, können Sie das Grümpeli auch veranstalten. Im Detail kann man darüber streiten, ob man die Rahmenbedingungen verbessern kann – das ist klar. Die Frage ist immer: Was ist stärker zu gewichten? Das Partikularinteresse eines Veranstalters oder das Allgemeininteresse der Steuerzahler?

Mück: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Offiziell heisst es, die Höhe des Preises hänge davon ab, wie wichtig ein Event für Basel-Stadt und das Image der Halle sei. Wie ist das für einen Veranstalter, der ein Grümpeli organisiert und zu spüren bekommt, dass er wohl nicht wichtig für das Image der Halle ist? Im Erziehungsdepartement, wo der Handlungsspielraum manchmal nicht so gross ist, würde ich als Linke in dieser Sache einen ganz anderen Ansatz als Eymann wählen.

Dieser Ansatz ist dann jedoch mit höheren Kosten verbunden.

Mück: Ja. Das muss man transparent machen und aufzeigen, weshalb es wichtig ist, auch kleine Events und das lokale Gewerbe zu fördern.

Cramer: Für mich schliesst das Image der Halle auch das Grümpel-Turnier ein. Die Halle sollte nicht nur für diejenigen sein, die ein Ticket für 100 Franken kaufen. Es soll eine Halle für die Bevölkerung sein. Swiss Indoors und Holiday on Ice haben eine andere Ausstrahlung als ein Grümpelturnier. Aber es braucht beides.

Mück: Für mich stehen Grümpel-Turniere und kleine Events aber stärker im Vordergrund.

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