In Eptingen sprudelt das Wasser, nicht aber das Steuergeld. Was Gemeinderätin Stephanie Eymann Sorgen bereitet. Bei einem Spaziergang durch ihr Dorf erwähnt sie die Vorteile, die Eptingen zu bieten hat. Zum Beispiel die gute Verkehrsanbindung.
«Überall wieder dieser Plakate-Scheissdreck», sagt ein älterer Herr zum Postautofahrer der Linie 107. Die Wahlen, sie begleiten einen am Strassenrand von Sissach nach Eptingen. Thomas Weber dominiert den oberen Teil des Diegtertals, da und dort hat es ein paar vereinzelte Nussbaumer. Schafroth findet nicht statt. «Was das wieder kostet», kommentiert der Fahrer.
Durch die angelaufenen Fensterscheiben des Postautos sieht man die Landschaft vorbeiziehen. Die Häuser werden immer weniger, je näher man Eptingen kommt. Platz für neue Gebäude hätte es genug, nur die Bauherren fehlen. Kaum jemand kauft sich hier Land, kaum jemand baut sich hier ein Haus.
Damit wäre auch das grösste Problem dieser Gemeinde auf den Punkt gebracht: das Geld. 2011 betrugen die Steuereinnahmen gerade mal 641’ 000 Franken, rund 1’200 Franken pro Einwohner. Eptingen liegt diesbezüglich im Baselbiet auf dem zweitletzten Rang.
«Der Verlust der Dorfschule macht uns immer noch zu schaffen.»
Auf den Tischen im Restaurant Bad Eptingen sind die Gipfeli noch im Körbchen und die Zeitungen ordentlich gefaltet für den Gast bereit. Doch wir sind nicht zum Zeitungslesen hier, wir wollen Stephanie Eymann treffen. Die junge Gemeinderätin (33, FDP) kam vor 15 Jahren der Liebe wegen nach Eptingen, eigentlich ist sie Stadtbaslerin. Sie sei sozusagen bilingue, erklärt sie und wechselt fliessend vom Oberbaseldeutsch in den Städter-Dialekt und zurück.
Was hier im Dorf die drängendsten politischen Probleme seien, wollen wir wissen. «Uns macht halt immer noch der Verlust der Dorfschule zu schaffen», sagt Eymann, auch wenn dieser bald neun Monate zurückliege. «Das war eine sehr emotionale Geschichte.» Seit letztem Sommer gehen die Eptinger Kinder in die Kreisschule nach Tenniken oder Diegten.
Auch wenn sich die neue Situation gut eingependelt habe, stehe hier im Dorf seit August das Schulhaus halt leer. «Was mit der Liegenschaft nun geschieht, wissen wir noch nicht». Einen Käufer zu finden, werde wohl schwierig, gibt Eymann zu bedenken.
Den Kampf gegen eine Verwaisung des Dorfes sieht Eymann als eine ihrer wichtigsten Aufgaben, leerstehende Häuser sind ihr ein Dorn im Auge. Bei einem Spaziergang durchs Dorf passieren wir drei davon.
Warum es denn so schwierig sei, neue Leute nach Eptingen zu bekommen? Zumindest verkehrstechnisch ist die Lage ja attraktiv. Die Autobahn verschandelt zwar die Gegend. Dafür ist man relativ schnell in Bern. Nur reicht das nicht aus, Neuzuzüger zu gewinnen.
«Hierher zieht, wer einen persönlichen Bezug zum Dorf hat.»
«Es braucht wohl einen sehr bewussten Entscheid, ins Oberbaselbiet zu ziehen», sinniert Eymann. Ohne einen persönliche Bezug falle dieser meist gegen Eptingen aus, «für viele die hierher ziehen, bedeutet dies eine Rückkehr». Was Eymann sagen will: Wer hierher zieht, war meist schon mal da.
Egal, wo im Dorf man sich befindet, der Lärm der Autobahn ist ständiger Begleiter, ist Dorfsoundtrack. Unterbrochen höchstens einmal von einem bellenden Hund. Doch die Lautstärke täuscht, es ist kein riesiger Wachhund, der uns da auf der Strasse wie wild ankläfft, sondern der kleine Begleiter eines Ofenbauers. Bald stimmt der Hund versöhnlichere Töne an und will gestreichelt werden.
Der Ofenbauer fragt indessen, weshalb ein Journalist hier zu Besuch sei. Eymann erklärt, dass sie gerade eine Dorfführung mache. «Erzählst du ihm, dass wir hier ein paar neue Einwohner gebrauchen könnten?» fragt er. Ob es denn zu wenige seien? «Ja, ein paar gute Steuerzahler könnten wir hier schon noch gebrauchen.»
Windkraft könnte die Lösung sein
Wind gibt es in Eptingen mehr als genug, wäre dies ein möglicher Ausweg aus den finanziellen Schwierigkeiten? Der Gemeinderat bekomme viele Anfragen von Energieunternehmen, bestätigt Eymann: «An der gestrigen Sitzung haben wir uns zum ersten Mal eine solche Firma angehört.»
Ihr wären aber ein paar Einwohner mehr deutlich lieber, sagt sie. Denn sie bezweifelt, dass eine solche Windkraftanlage mehrheitsfähig wäre. Schliesslich seien diese Windräder immens und würden das Dorfbild einschneidend verändern. Eymann ist skeptisch: «Ich glaube nicht, dass dies der richtige Weg für uns wäre».
Welcher Weg der richtige ist? Das wollen wir morgen Donnerstag am Mittagstisch des Frauenvereins erfahren. Es gibt Hörnli und Gehacktes.