Farner: eine Geschichte voller Skandale

Der schlechte Ruf der grössten Schweizer PR-Agentur kommt nicht von ungefähr. Und ihr Einfluss ist ungebrochen.

Rudolf Farner gründete seine Agentur im Jahr 1951. Seither arbeitet Farner PR hartnäckig an ihrem schlechten Ruf.

Der schlechte Ruf der grössten Schweizer PR-Agentur kommt nicht von ungefähr. Und ihr Einfluss ist ungebrochen.

Der Meienberg, der Diggelmann, der Frischknecht, der Seibt – die grossen linken Schweizer Köpfe haben sich allesamt an jener Werbe-Agentur abgearbeitet, die wie keine andere Firma für die Schweiz im Kalten Krieg stand. Farner PR, gegründet von Rudolf Farner im Jahr 1951, war und ist der verlängerte Arm der Rüstungsindustrie in die Schweizer Politik. «Die vertreten nicht nur Geschäftsinteressen», sagt der Historiker und grüne alt Nationalrat Jo Lang, «das sind Überzeugungstäter.»

Zum Feindbild der Linken hat sich die Agentur Farner nicht nur mit ihren Themen gemacht – sondern auch mit ihren Methoden: Farner spielt mit Vorliebe ein doppeltes Spiel. Die Agentur betreut etwa mehrere Arbeitsgruppen, die direkt in den politischen Prozess eingreifen.

Allein im Rüstungsbereich sind das drei verschiedene Organisationen: die «Arbeitsgemeinschaft für eine wirksame und friedenssichernde Milizarmee» (AWM), der «Verein Sicherheit und Wehrwissenschaft» (VSWW) und die «Arbeitsgemeinschaft Sicherheit und Wehrtechnik». Das führt zu verwirrenden Konstellationen: So hat Farner beim aktuellen Jet-Kauf ein Mandat des Herstellers Dassault, der den «Rafale»-Jet vertreibt. Gleichzeitig sitzen Vertreter von VSWW und AWM im Beirat der Armee und beraten das Verteidigungsdepartement zur Zukunft der Armee – auch bei der Jet-Beschaffung.

Mandat «vergessen»

Schon bei der Debatte um den FA/18-Jet spielte Farner doppelt, wie es kürzlich im «Bund» nachgezeichnet wurde: Divisionär Gustav Däniker, in den 90er-Jahren VR-Präsident von Farner, warb vor der Sicherheitspolitischen Kommission für den FA/18 und «vergass» zu erwähnen, dass seine Firma ein Mandat für eben jenen Flieger besass.

Jüngster Skandal der an Skandalen nicht armen Geschichte von Farner ist die Bekämpfung der GSoA-Initiative zum Verbot von Waffenexporten 2009. Farner schickte eine freie Mitarbeiterin an ein Strategieseminar der GSoA. Sie gab sich als Studentin aus, die eine Arbeit verfasse – was gelogen war. Sie schrieb stattdessen ein Memo für Farner. Nachdem die «Wochenzeitung» die Bespitzelung aufgedeckt hatte, stellte sich Farner auf den Standpunkt, das Seminar sei öffentlich gewesen – und veröffentlichte das Memo.

Trotz der peinlichen Episode bleibt der Einfluss von Farner ungebrochen. Jo Lang ist überzeugt, dass das Umschwenken des Parlaments im letzten halben Jahr auf ein höheres Militärbudget nur dank Farner möglich gewesen sei. «Mit diesem Entscheid hatte Farner nichts zu tun. Dafür waren wir Bürgerlichen verantwortlich», entgegnet Sicherheitspolitikerin Corina Eichenberger (FDP, AG). Sie hält den Einfluss von Farner in Bern für «überschätzt». Und gewährt gleichzeitig Daniel Heller, Aargauer FDP-Grossrat und Geschäftsleitungsmitglied bei Farner, einen Lobbyisten-Badge. «Weil er mein Nachfolger als Fraktionschef im Grossen Rat ist. Und nicht wegen seinem Job bei Farner», sagt Eichenberger. Ob als Grossrat oder PR-Mann: Heller muss nicht alleine weibeln. Komplettiert wird das Farner-Duo von Paul Aenishänslin, der seinen Ausweis von Martin Landolt (BDP) erhalten hat.

Quellen

Constantin Seibt im «Tages-Anzeiger» über die «Agentur des Kalten Krieges»

«Arbeitsgemeinschaft für eine wirksame und friedenssicherende Milizarmee»

«Verein Sicherheit und Wehrwissenschaft»

«Arbeitsgemeinschaft Sicherheit und Wehrtechnik»

Die Mitglieder im Beirat der Armee

Die WOZ über die Bespitzelung der GSoA

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 03.02.12

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