Mirjam Ballmer gehört mit 29 Jahren bereits zu Basels bekanntesten Jungpolitikerinnen. Jetzt will sie Co-Präsidentin der Grünen werden.
Es ist praktisch jedes Mal dasselbe: Fällt der Name Mirjam Ballmer, kommt man zuerst auf ihr Aussehen zu sprechen und dann, falls die Zeit noch reicht, auf ihre Politik. Verdammt gut sehe sie aus, sagen die einen. Gar nicht wahr, die anderen. Ob schön oder nicht – unbestritten ist: Mirjam Ballmer zählt mit ihren 29 Jahren bereits zu den erfolgreichsten Politikerinnen im Stadtkanton. Sie ist die grosse Nachwuchshoffnung der Grünen. Und läuft alles nach Plan, wird sie im Jahr 2015 Grossratspräsidentin und somit höchste Baslerin.
Äusserst ambitioniert, auch wenn sie das Gegenteil behauptet
Doch vorher wartet eine andere neue Aufgabe auf sie: das Präsidium der Grünen Basel-Stadt. Gemeinsam mit Fraktionschefin Elisabeth Ackermann wird die Geografin voraussichtlich am 13. März den Sitz des zurücktretenden Jürg Stöcklin erben. Ein spannender Job sei das, sagt Ballmer, und für sie persönlich die Chance, einen Schritt weiter zu gehen. «Es ist aber auch eine Chance für die Partei, die junge Generation das Geschehen mitbestimmen zu lassen.»
Es erstaunt nicht, dass sie sich für das Amt beworben hat – es wäre seltsam gewesen, wenn nicht. Das Co-Präsidium ist ein weiterer logischer Schritt in ihrer Bilderbuchkarriere. Die Jungpolitikerin ist äusserst ambitioniert und weiss sich geschickt voranzutreiben. Auch wenn sie das Gegenteil behauptet: Nichts sei geplant gewesen, alles habe sich «so ergeben», sagt die Projektleiterin bei Pro Natura Schweiz und nippt an ihrer Tasse Tee. Sie sei nun mal eine Person, die offen für Neues ist. Jeder Satz von Ballmer hört sich wohl überlegt an, perfekt formuliert.
Mit der Zollfreistrasse begann es
Angefangen hat alles im Jahr 2001. Die damals 18-Jährige engagierte sich mit ihrem Götti, dem Umweltaktivisten Martin Vosseler, gegen die Zollfreistrasse. Grossrätin wollte die Kleinbaslerin – ihre Eltern sind seit Jahrzehnten SP-Mitglieder – nie werden, sagt sie. Aber es kam anders. Auf Wunsch der Grünen kandidierte sie 2004 für das Parlament und erreichte ein beachtliches Resultat.
Drei Jahre später rückte Ballmer für Nationalrätin Anita Lachenmeier in den Grossen Rat nach. Innert kürzester Zeit machte sie sich mit ihren engagierten Voten einen Namen. Gleichzeitig baute sie ihr schon grosses Netzwerk weiter aus. Im September 2008 wurde sie mit dem besten Resultat auf der Kleinbasler Liste des Grünen Bündnisses wiedergewählt.
Es folgte die Wahl ins Grossratsbüro und in die Geschäftsleitung der Grünen Basel-Stadt. Letzten Oktober eine kleine Niederlage: Ballmer kandidierte für den Nationalrat, erreichte aber nur den dritten Platz (die Grünen verloren mit Anita Lachenmeier den Sitz). Dass ihre Kollegin Sibel Arslan (Basta) mehr Stimmen als sie selber erzielte, sei ein Ärgernis für sie gewesen. Sie habe die Welt nicht mehr verstanden, hört man verschiedentlich.
Ballmers Schwerpunktthemen im Grossen Rat: Naturschutz und Stadtentwicklung. So setzte sich die ehemalige Pfadfinderin vergangenes Jahr bei der Familiengarten-Abstimmung für den Gegenvorschlag ein. Es ist hauptsächlich ihr Verdienst, dass die meisten Schrebergärtner am Schluss gegen ihre eigene Initiative stimmten. Die Hobbyfussballerin hat Spass an der Politik – und das sieht man ihr auch an («ich hätte nie damit gerechnet, dass es mich so packt»). Es sei relativ schnell vorwärtsgegangen, weil sie es gerne und wohl auch nicht schlecht mache. Aber auch deshalb, weil ihre Partei junge Leute fördere.
Etwas verbissen
Mirjam Ballmer, die mal mit Bastien Girod, Zürcher Nationalrat und die Nachwuchshoffnung der Grünen Schweiz, liiert war, gilt als intelligente, kommunikative und sehr aktive Politikerin. Sie ist nicht nur bei den Linken sehr beliebt, sondern kommt auch im bürgerlichen Lager gut an. Und anders als viele andere Kollegen in ihrer Partei ist sie keine Ideologin.
Für ihre 29 Jahre hinterlässt sie aber bereits einen leicht verbissenen, etwas altklugen Eindruck. Rasch ist sie in ihre Aufgabe hineingewachsen. Manchmal ist es schon fast unheimlich, wie durchdacht sie für eine Jungpolitikerin redet. Fast zu perfekt. Als würde sie schon seit 30 Jahren nichts anderes tun.
Konkrete Ziele, welche Ämter sie noch gerne übernehmen würde, hat sie nicht. Das lässt sie – wie bisher – auf sich zu kommen. «Politik lässt viele Möglichkeiten offen», sagt sie. Klar ist: Von Mirjam Ballmer wird man künftig noch viel hören. Als Nationalrätin, Regierungsrätin oder – sollten die Grünen es irgendwann tatsächlich schaffen – gar als Bundesrätin. Ballmer traut man alles zu. Ihr gehört die Zukunft. Sie weiss, was sie will.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 10.02.12