TagesWoche-Recherchen belegen, dass Passagiere problemlos von Zürich nach Basel SBB fahren können. Das verstösst gegen das sogenannte Kabotageverbot – und sorgt deshalb für Zoff in Bern.
Von Zürich nach Basel für neun Euro – das bietet das Busunternehmen Flixbus seit April. Die Busse fahren von Zürich Sihlquai über den Bahnhof SBB in Basel und den EuroAirport weiter nach Frankfurt. Flixbus darf allerdings keine Passagiere innerhalb der Schweiz transportieren – so schreibt es das Gesetz vor. Das Aussteigen ist nur am EuroAirport (französische Seite) erlaubt – nicht am Bahnhof SBB, wo der Bus zwischenhält.
Eine Probefahrt der TagesWoche hat jedoch ergeben, dass ein Aussteigen am Bahnhof SBB problemlos möglich ist. Flixbus verstösst damit gegen das Kabotageverbot, das den Landverkehr zwischen der Schweiz und den europäischen Ländern regelt.
Kritik am Bundesamt für Verkehr
Die zuständige Aufsichtsbehörde, das Bundesamt für Verkehr (BAV), geht dennoch nicht gegen Flixbus vor. Denn der Befund reiche nicht aus, um ein Verfahren einzuleiten, sagt BAV-Sprecherin Florence Pictet.
Das BAV hatte bereits die Kantonspolizei Basel-Stadt beauftragt, Kontrollen durchzuführen. Diese hat an zwei Tagen insgesamt sechs Busse kontrolliert, aber keinen Verstoss festgestellt.
Das Problem dabei: Die Polizisten dürfen nicht verdeckt ermitteln, da dies nur bei bestimmten, besonders gravierenden Straftaten erlaubt ist. Sie können also lediglich am Bahnhof SBB kontrollieren, ob Passagiere von Zürich kommend aussteigen. Und das war bei den erfolgten Kontrollen wohl nicht der Fall.
«BAV vernachlässigt Aufsichtspflicht»
Mit der Recherche der TagesWoche konfrontiert, reagiert der SP-Ständerat Claude Janiak empört: «Wenn es stimmt, was Sie herausgefunden haben, verstösst Flixbus klar gegen das Kabotageverbot.» Das BAV vernachlässige hingegen seine Aufsichtspflicht. «Dass Flixbus in der Schweiz Zwischenhalte durchführt, ist ohnehin problematisch.»
Janiak beobachtete die neue Buslinie von Beginn an mit Skepsis. Im Juni reichte er eine Interpellation an den Bundesrat ein, in der er fragt: «Wie beurteilt der Bundesrat das Vorgehen von Flixbus? Sieht er (wie offenbar die basel-städtischen Behörden) das Kabotageverbot als verletzt an?» Eine Antwort hat er noch nicht erhalten. Wenn es das BAV ernst meine, müssten nun bereits Konsequenzen für Flixbus folgen, so Janiak.
Flixbus nicht sensibilisiert für die Problematik
Dem BAV fehlen aber bislang die Beweismittel. Dabei werden die Auflagen für ausländische Busunternehmen in Sachen Kabotageverbot streng gehandhabt. Denn das Unternehmen muss von sich aus entsprechende Massnahmen treffen, damit keine Missbräuche vorkommen.
Dass das Thema bei Flixbus noch nicht ganz angekommen zu sein scheint, zeigt eine Antwort der Medienstelle. Die Frage, wie man sicherstelle, dass Passagiere nicht innerhalb der Schweiz befördert werden, beantwortet Flixbus lapidar mit: «Durch ein Fahrtenangebot, welches die Kabotageverbotsgrundsätze der Schweiz einhält.»
«Problematik wird uns noch lange beschäftigen»
Das Problem, dass Flixbus – wenn auch nicht gezielt – Passagiere innerhalb der Schweiz befördert, ist nicht nur zwischen Basel und Zürich präsent. Auch andere Strecken sind potenziell betroffen. So legt beispielsweise auch der Bus von Genf nach Freiburg (D) einen Zwischenhalt in Basel ein. Oder von Basel nach Lyon reisend könnten Passagiere theoretisch beim Zwischenstopp in Genf aussteigen.
Flixbus baut sein Angebot derweil weiter aus und wächst dieses Jahr in der Schweiz um 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Flixbus-CEO André Schwämmlein sagte unlängst zur «Handelszeitung»: «Heute glaube ich, dass Flixbus überall auf der Welt erfolgreich sein kann.»
Janiak sagt angesichts der wachsenden Passagierzahlen: «Die Fernbus-Problematik wird uns noch lange beschäftigen.»