Nach Gérard Depardieu geraten in Frankreich auch andere Schauspieler in die Kritik: Mit ihren überrissenen Gagen schadeten sie dem französischen Film, rügen betroffene Produzenten.
Gérard Depardieu ist bereits vom Sockel gefallen, seitdem er das belgische Steuerexil und die russische Staatsbürgerschaft gewählt hat. Einige Berufskolleginnen wie Catherine Deneuve und -kollegen wie Fabrice Luchini stellten sich seither hinter ihn; andere greifen ihn wegen «unpatriotischem» Verhalten an.
Wie auch immer sie sich dazu stellen: Jetzt kommen die französischen Kinostars selber an die Reihe. Den ersten Stein warf der Kinoproduzent Vincent Maraval. In einem Beitrag in der Zeitung Le Monde schreibt er, der eigentliche Skandal sei nicht Depardieus Steuerexodus. Weitgehend unbekannt sei, dass die französische Kinoindustrie immer mehr in die roten Zahlen absacke, weil die bestverdienenden Schauspieler wie Jean Reno, Marion Cotillard oder Audrey Tautou zu hohe Gagen einstrichen.
Selbst Publikumsmagnete schreiben Verluste
So seien neun von zehn der erfolgreichsten französischen Filme des vergangenen Jahres kommerzielle Reinfälle. Darunter seien an sich erfolgreiche Streifen wie Asterix, Houba oder Le Marsupilami, die mehrere Millionen Zuschauer angezogen hätten. Und doch seien sie letztlich ein Verlustgeschäft. Schuld daran sind laut dem Besitzer der Produktionsfirma Wild Bunch Schauspieler wie Dany Boon («Willkommen bei den Ch’tis»). Er habe für die Hauptrolle im 2012 erschienenen Film «Le plan parfait» 3,5 Millionen Euro erhalten. «Die Kinoeinnahmen genügen nicht einmal, um die Gage dieses bestbezahlten Schauspielers zu decken», moniert Maraval. Für seinen nächsten Film «Hypocondriaque» verlange Boon sogar 10 Millionen Euro. Damit lasse er auch Depardieu weit hinter sich.
Der Beitrag wirft in Paris hohe Wellen und löst eine kulturpolitische Grundsatzdebatte aus. Denn die französischen Filme gehören zu den am stärksten subventionierten der Welt, und Maraval lässt durchblicken, dass letztlich die Steuerzahler für die ungerechtfertigten Gagen ihrer Kinostars aufkämen. Nur so sei es zu erklären, dass ein Schauspieler wie Vincent Cassel in Frankreich für den Film «Mesrine» 1,5 Millionen Euro eingestrichen habe; in den USA habe er hingegen für «Black Swan» bloss 226 000 Euro erhalten. «Sollten die Meistverdiener im französischen Film weiter mehr Geld verdienen, als sie wert sind, nur weil dies öffentliche Mittel und das einzigartige Subventionierungssystem erlauben?», fragt Maraval.
Statisten bei Diktatorenfesten
Die Pariser Zeitung Libération ist dem Produzenten dankbar, dass er «das Gesetz des Schweigens» in Sachen Stargehälter gebrochen habe. Sie begrüsst auch seinen Vorschlag, die Gagen auf 400 000 Euro pro Film zu begrenzen, sofern öffentliche Gelder beteiligt seien. Die bekanntesten Stars hielten sich ohnehin über Nebeneinkünfte schadlos; schliesslich sei nicht nur Depardieu bekannt dafür, bei Diktatorenfesten und dubiosen Filmfestivals für sechsstellige Summen Statist zu spielen.
Parallel zur Plafonnierung der höchsten Filmgagen stehe es zudem jedem Schauspieler frei, im voraus eine Gewinnbeteiligung auszuhandeln, meint Maraval. So habe zum Beispiel Omar Sy bei dem Kassenschlager «Ziemliche beste Freunde» je zehn Cents pro Kinoeintritt ausgehandelt. Das habe ihm zu einer stolzen Mehreinnahme von 1,9 Millionen Euro verholfen.