Im ersten Durchgang der französischen Parlamentswahlen hat die Linke ihr Ziel erreicht und eine Mehrheit erzielt – eine Analyse.
Frankreich wählt – und das bedeutet nicht nur für Hunde Geduld. (Bild: Keystone)
Auch wenn die genaue Zahl der Abgeordneten erst bei der Stichwahl in einer Woche feststehen wird, lässt sich schon jetzt absehen, dass die Sozialisten in der künftigen Nationalversammlung für fünf Jahre über eine Mehrheit verfügen werden. Der im Mai gewählte Staatschef François Hollande kann damit sein Regierungsprogramm in die Tat umsetzen.
Jubelchöre waren aber am Sonntagabend auf der Linken nirgends zu hören. In Frankreich war, wie auch die tiefe Stimmbeteiligung zeigt, die ganze Wahl von einem generellen Desinteresse der Wähler gekennzeichnet. Einzig die Extremkandidaten Marine Le Pen auf der Rechten und Jean-Luc Mélenchon auf der Linken sorgten gestern Samstag mit Zwischenfällen in Wahllokalen für Stimmung – ungute Stimmung vor dem Hintergrund einer kontinentalen Krise: Von Griechenland bis Frankreich verschaffen sich die Radikalsten zwar nicht überall Stimmen, aber doch viel Gehör. Sollten die Euro-Wirren noch lange anhalten, ist generell mit einem Aufschwung der politischen Extremitäten zu rechnen.
Bei den etablierten Parteien herrschte gestern abend auch keine Euphorie. Die Bürgerlichen hatten nach der Niederlage von Nicolas Sarkozy im Mai ohnehin resigniert, und die Sozialisten wissen, was auf sie zukommt: harte Zeiten.
Schmerzhafte Reformen
In Frankreich stehen Steuererhöhungen an, wahrscheinlich auch schmerzhafte Strukturreformen. Die Banque de France hat am Wochenende bekannt gegeben, dass die französische Wirtschaft im zweiten Quartal in eine Rezession schlittern werde. Für die Regierung bedeutet das noch weniger Einnahmen, zumal der französische Anteil an der Bankenrettung in Madrid 20 Milliarden Euro beträgt.
In einer Blitzumfrage der Zeitung «le parisien« zur Frage, ob die Bankenkrise von Spanien auf Frankreich übergreifen könnte, antworteten 63 Prozent der Franzosen mit Ja. Diese Zahl sagt wohl mehr aus über die französischen Befindlichkeiten als alle Parlamentsresultate.