Fünfter Akt im BaZ-Strohmann-Theater

Der rechtsfreisinnige Nationalrat Filippo Leutenegger, seit Ende 2011 als Sanierer im Dienst des offiziellen BaZ-Eigentümers Tito Tettamanti, ist abserviert. Das berichtete die «NZZ am Sonntag». Allein an der Unternehmensspitze steht jetzt Ex-Tamedia Manager Rolf Bollmann, der vor Mitarbeitern sagte, Blocher sei Eigentümer der BaZ. Blocher und Bollmann, so wird jetzt spekuliert, planen jetzt konkret eine engere kommerzielle Zusammenarbeit zwischen BaZ und Tamedia.

Dicke Luft bei der «Basler Zeitung»: Chefredaktor Markus Somm entlässt Redaktor nach Fehlleistung.

(Bild: Keystone)

Der rechtsfreisinnige Nationalrat Filippo Leutenegger, seit Ende 2011 als Sanierer im Dienst des offiziellen BaZ-Eigentümers Tito Tettamanti, ist abserviert. Das berichtete die «NZZ am Sonntag». Allein an der Unternehmensspitze steht jetzt Ex-Tamedia Manager Rolf Bollmann, der vor Mitarbeitern sagte, Blocher sei Eigentümer der BaZ. Blocher und Bollmann, so wird jetzt spekuliert, planen jetzt konkret eine engere kommerzielle Zusammenarbeit zwischen BaZ und Tamedia.

Der rechtsfreisinnige Nationalrat Filippo Leutenegger, seit 2012 als Sanierer im Dienst des offiziellen BaZ-Eigentümers Tito Tettamanti ist abserviert. Das berichtete die «NZZ am Sonntag». Allein an der Unternehmensspitze steht Ex-Tamedia Manager Rolf Bollmann, der vor Mitarbeitern sagte, Blocher sei Eigentümer der BaZ. Blocher und Bollmann, so wird jetzt spekuliert, planen jetzt konkret eine engere kommerzielle Zusammenarbeit zwischen BaZ und Tamedia.

Am Freitag schien alles noch in Ordnung: Tito Tettamanti, der Ende 2011 als Hauptaktionär der neugegründeten «Medienvielfalt Holding AG» zum zweiten Mal innert 18 Monaten offizieller Eigentümer der BaZ-Gruppe  geworden war, hatte politische Freunde formell zu einer staats- und medienpolitischen Debatte ins Zürcher Nobelhotel Savoy geladen. Filippo Leutenegger, seit vielen Jahren in verschiedenen Funktionen an Tettamantis Kauf der «Weltwoche», an deren Übergabe an Roger Köppel (2006) und an der Kaskade von dubiosen Wechseln der offiziellen Eigner der «Basler Zeitung» seit 2010 im Dienst des offiziellen BaZ-Eigentümers Tito Tettamanti beteiligt, spielte im Festsaal seine Rolle an der Seite des Gastgebers.

Am Sonntag Morgen entnahm man dann der «NZZ am Sonntag», Blocher habe Leutenegger «kaltgestellt». Er habe sein Büro räumen müssen, seine Assistentin habe das Unternehmen verlassen. Allein an der Spitze des Unternehmens stehe jetzt der im September in einer Blitzaktion von der Konzernspitze des Zürcher Tamedia-Konzerns als CEO und Sanierer zur BaZ-Gruppe geholte Rolf Bollmann. Vor Mitarbeitern hat Bollmann schon vor Tagen erklärt, Eigentümer der BaZ sei Christoph Blocher. Jetzt arbeitet Blocher offenbar direkt mit Bollmann. Vom nach wie vor offiziellen Hauptaktionär Tettamanti ist nicht mehr die Rede. Das Strohmanntheater geht weiter.

Gemeinsame Pläne für Basel

Bollmann bleibt neben seinem CEO-Job bei der BaZ bei Tamedia, welche auch den «Tages-Anzeiger» herausgibt, in Projektarbeiten beschäftigt. Er ist auch weiterhin Verwaltungsrat in Regionalzeitungen, die zum Tamediabesitz gehören. Das deutet darauf hin, dass hinter dem Vorhang Christoph Blocher und Tamedia für den  Platz Basel gemeinsame Pläne schmieden. Bis 2009 hatte Tamedia noch darum geworben, die BaZ-Gruppe zu übernehmen. Die Zeitung wurde mit verschiedenen Kooperationen ins «Tagesanzeiger»-Netz eingebunden. Die BaZ liefert ihren Abonnenten das «Magazin» des TA und ist online im Tamedia Newsnetz integriert.  Offensichtliches Ziel war es damals, die BaZ so wie heute den Berner «Bund» mehr oder weniger als Kopfblatt kostensparend ins «Tages-Anzeiger»-Netz zu integrieren.

Aus irgendeinem Grund – Angst vor der Wettbewerbskommission oder Widerstände in der Tamedia-Besitzerfamilie – ist der Zürcher Grosskonzern 2009 aus dem Rennen um einen Kauf der BaZ ausgestiegen. Im Februar 2010 hatte auch die NZZ-Gruppe im letzten Moment entschieden, die BaZ nicht zu kaufen und damit Platz gemacht für die formelle Übernahme durch Tettamanti. Zentral dafür war der neue CEO der NZZ, Albert Stäheli gewesen, der bis 2008  die Berner «Espace Media» geleitet hatte, die die «Berner Zeitung» und den «Bund» produziert, und die 2008, wie es in Berner Medienkreisen hiess, nicht ohne Unterstützung Stähelis von Tamedia hatte übernommen werden können.

Ex-Tamedia-Spitzenleute bei NZZ und BaZ

Die Art, wie Tamedia jetzt mit Bollmann ohne aufregende Übernahme in Reichweite der Schalthebel der BaZ gelangt, lässt vermuten, dass auf den obersten Ebenen der Schweizer Medienkonzerne mehr gemeinsame Interessen und weniger Wettbewerb herrscht, als gegen aussen sichtbar gemacht wird. Beobachter erwarten, dass Blocher mit Bollman auf der kommerziellen Ebene rasch eine weitere kostensparende Annäherung der BaZ an den «Tages-Anzeiger»-Konzern anstrebt. Man rechnet damit, dass die Baz ihre Sonntagsausgabe bald einstellt und den Abonnenten als Ersatz die «Sonntagszeitung» aus dem Haus Tamedia anbietet. Man darf gespannt sein wie und mit wem sich dann die Aargauer AZ-Gruppe von Peter Wanner mit ihrem «Sonntag» arrangiert.

Erster Akt: Strohmann Wagner

Bollmanns Aufstieg und Leuteneggers Abstieg öffnen jetzt das fünfte Kapitel im von immer neuen Lügen geprägten Theater um die Machtverhältnisse bei der Baz. Im ersten Akt sah man im Februar 2010 Tito Tettamanti als Käufer, der die BaZ mit eigenem Geld und zusammen mit dem Basler Anwalt und neuen BaZ-Verleger Martin Wagner als Mindertheitsaktionär der Verlegerfamilie Hagemann abgekauft hatte.

Tettamanti ist damals schon als Medieninvestor mit rechtskonservativer, fundamental-liberaler Haltung bekannt: 2001 hatte er die «Weltwoche» gekauft und 2006 zu einem Freundschaftspreis an Roger Köppel weiterverkauft, der sie rasch zu einem rechtskonservativen Kampfblatt umwandelte. Von Anfang an geistert in Basel das Gerücht, Tettamanti operiere als Strohmann oder als Banker von Christoph Blocher. Aber man ist froh, dass die BaZ nicht in die Hände eines Zürcher Konzerns gefallen ist und will dem Versprechen auf eine «Basler Lösung» glauben.

Fünf Monate später installiert Tettamanti Köppels Vizechef Markus Somm als BaZ-Chefredaktor. Als sich dieser unverzüglich als rechtsbürgerlicher, neoliberaler Kämpfer mit engen Beziehungen zu Christoph Blocher profiliert, wächst in der BaZ-Redaktion und -Leserschaft rasch Widerstand. Die Unruhe steigert sich, als im November 2010 bekannt wird, dass die von Vater Christoph und Tochter Rahel Blocher kontrollierte Firma Robinvest einen Beratungsauftrag bei der BaZ ausführe.

Zweiter Akt: Strohmann Suter

Am 24. November 2010 November steigt Tettamanti überraschend aus. Man erfährt, dass Martin Wagner immer nur ohne substantielle eigene Investition und ohne Entscheidungsmacht Verleger gespielt hatte. Als neuen BaZ-Eigentümer zaubert Tettamanti den ehemaligen Crossair-Gründer Moritz Suter aus der Schachtel. Kurzfristig will Basel nochmals an eine «Basler Lösung« glauben. Diesmal zirkulieren Gerüchte, Suter stehe Blocher nahe werde von diesem als Basler Gallionsfigur gebraucht. Aber sie  prallen zunächst am Image  des mutigen Flupioniers und Lokalpatrioten ab.

Dritter Akt: Blick durch die Wolken

Ein Jahr später überstützen sich die Ereignisse im Basler Strohmann-Theater: Moritz Suter wirft das Handtuch. Es kommt zum dritten Besitzerwechsel. Suter verkauft seine Aktien an Blochers Tochter Rahel. Für ein paar Augenblicke herrscht fast Transparenz. Die BaZ gehört der Blocher-Dynastie. Und man darf vermuten, dass das von Anfang an so gewesen ist. Man erfährt, Suter habe die BaZ immer nur formell geführt. Zum Dank hatte sich Blocher an Suters damals schon schlingernder Fluggesellschaft Hello beteiligt, die unterdessen Konkurs gegangen ist.

Vierter Akt: Neue Stellvertreter

Im vierten Besitzerwechsel springt Ende 2011 wieder Tito Tettamanti auf die Bühne. Diesmal als kontrollierender Hauptaktionär der  neugegründeten «Medienvielfalt Holding AG», der die BaZ jetzt gehört. Die tatsächlichen Machtverhältnisse werden neu vernebelt. An der Medienvielfalt Holding AG beteiligt sind weitere aus rechtskonservativen Kreisen bekannte Namen. Zweitgrösster Aktionär ist der Berner Anwalt George Bindschedler, der mit der Tochter und Miterbin des im Juli verstorbenen Bankers und Medienfürsten Charles von Graffenried verheiratet ist. Aus guten Quellen war wiederholt zu hören gewesen, Charles von Graffenried habe bei der  Finanzierung der «Weltwoche» im Hintergrund finanziell mitgeholfen.

Der Verleger von «Bund» und «Berner Zeitung» hatte das stets bestritten. Beteiligt an der Medienvielfalt Holding ist auch der illustere Tessiner Ex-Fussballfunktionär und Geschäftsmann Giangiorgio Spiess, der im italienischen Skandalfall Parmalat wegen Beihilfe zu betrügerischem Konkurs verurteilt wurde. VR-Präsidentin ist Marina Masoni, die nach einem Steuerskandal als freisinnige Ex-Regierungsrätin nicht mehr gewählt wurde und die 2007-2010 die Filiale in Lugano der Bank Wegelin leitete, die der Inhaber und damalige NZZ-Verwaltungsratspräsident Konrad Hummler anfangs 2012 im Zusammenhang mit  einem Verfahren in den USA um Steuerfluchtbeihilfe per Notverkauf an die Raiffeisenbank verkaufen musste.

Fünfter Akt: Blocher und Bollmann gemeinsam

Vor allem aber: Blocher ist so präsent wie nie zu vor. Tettamanti hat sich für seinen Einstieg bei der Medienvielfalt AG bei Christoph Blocher für die zentralen unternehmerischen Risiken vertraglich abgesichert: Blocher finanziert die Sanierung der Pensionskasse, kauft der BaZ ihre Liegenschaften in Basel ab. Verhandelt direkt mit dem Unternehmensleiter. Bollmann sagt, was Fakt ist: Hinter dem Vorhang übt Christoph Blocher die Macht aus. Tettamantis Rolle ist auch in seiner zweiten Runde als offizieller Eigentümer zwar nicht Strohmann, wie Wagner und Suter, aber nur Banker von Blocher, der alle Fäden zieht.

Richard Aschinger ist Autor des Buches «News-Fabrikanten – Schweizer Medien zwischen Tamedia und Tettamanti», erschienen 2010

 

 

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