Für die Zyprer beginnt ein langer Leidensweg

In letzter Minute hat sich Zyperns Regierung mit EU, EZB und IWF auf ein Milliarden schweres Hilfsprogramm geeinigt: zyprische Reaktionen auf das Rettungspaket.

Zyperns Kleinsparer protestieren gegen die Sondersteuer, die die Eurogruppe auf ihren Sparbüchern erheben will (Demonstranten in Nicosia, 18. März 2013). (Bild: YORGOS KARAHALIS)

In letzter Minute hat sich Zyperns Regierung mit EU, EZB und IWF auf ein Milliarden schweres Hilfsprogramm geeinigt: zyprische Reaktionen auf das Rettungspaket.

Erleichterung an den internationalen Finanzmärkten, Entsetzen auf Zypern: Die akute Gefahr eines Staatsbankrotts ist zwar gebannt, aber die Inselbewohner ahnen, dass ihnen schwere Zeiten bevorstehen – wie schwer, war am Montag noch gar nicht abzusehen.

Für den konservativen Inselpräsidenten Nikos Anastasiadis, der am Sonntag nach Brüssel geflogen war, um mit den Spitzenvertretern der EU, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein Rettungskonzept zu verhandeln, war es ein Wettlauf gegen die Zeit. Am heutigen Dienstag hätte die EZB den zyprischen Banken den Liquiditätshahn zugedreht, wenn es bis dahin kein Hilfsprogramm gegeben hätte. Dann wären der Zusammenbruch des Bankensystems und der Staatsbankrott unvermeidlich geworden. Anastasiadis hatte deshalb letztlich keine andere Wahl, als auf die Forderungen seiner Verhandlungspartner einzugehen.

Zypern bekommt nun zehn Milliarden Euro in Hilfskrediten. Das Geld soll dazu dienen, fällige Staatsanleihen bis 2016 zu refinanzieren und die Haushaltslöcher zu stopfen. Es fließt wohlgemerkt nicht in die Bankenrettung. Das größte Institut der Insel, die Bank of Cyprus, soll sich quasi selbst retten. Dazu wird ein Teil der Einlagen von mehr als 100.000 Euro abgezweigt und in Aktien umgewandelt. Wie hoch der Prozentsatz ist, auf den die Kontoinhaber verzichten müssen, ist noch ungewiss. Der zyprische Regierungssprecher Christos Stylianidis sprach von «etwa 30 Prozent». Das zweitgrößte Geldinstitut, die Laiki Bank, wird abgewickelt.

Der Geldautomat liefert höchstens 100 Euro pro Tag

Allein durch die Schließung der Laiki könnten rund 8.000 Arbeitsplätze verlorengehen. Besorgte Laiki-Bedienstete demonstrieren seit Tagen in der Inselhauptstadt Nikosia vor dem Parlamentsgebäude für den Erhalt ihrer Jobs. Doch die Schließung der Laiki Bank ist nur der erste Schritt auf einem langen Leidensweg, der jetzt vor den Zyprern liegt.

Die zyprische Zentralbank hat zwar beschlossen, dass einige der Banken am heutigen Dienstag wieder öffnen werden. Doch die Laiki Bank wird nie wieder ihre Schalter aufmachen, denn ihre Abwicklung wurde bereits am Montag eingeleitet. Die Guthaben von bis zu 100.000 Euro, die durch die EU-Einlagensicherung gedeckt sind, werden auf die Bank of Cyprus übertragen.

Vorerst kommen die Zyprer aber nur in Mini-Raten an ihr Geld: Höchstens 100 Euro pro Kunde und Tag geben die Geldautomaten heraus. Davon kann man zwar als Privatperson die laufenden Ausgaben bestreiten. Viele zyprische Unternehmen und Geschäftsleute bringt die Geldknappheit und die Bankenschließung aber in wachsende Schwierigkeiten: «Wie soll ich meine Lieferanten und das Personal bezahlen?», fragt ein Hotelier in Nikosia. In vielen Läden leeren sich die Regale, weil es keinen Nachschub mehr gibt. Auch manchen Tankstellen geht bereits der Sprit aus.

Geschäftsleute müssen bluten

Entgegen den anfänglichen Plänen sollen Bankguthaben von bis zu 100.000 Euro, die unter die EU-Einlagensicherung fallen, nicht angetastet werden. Die Schließung der Laiki Bank und die Zwangsabgabe auf hohe Einlagen bei der Bank of Cyprus trifft aber keineswegs nur die sprichwörtlichen russischen Oligarchen, die angeblich Schwarzgeld in Zypern gebunkert haben.

«Die wirklich Reichen hatte ihre Vermögen nie in Zypern sondern in London und Zürich, den Steueroasen in Fernost und der Karibik», sagt ein Kenner der Verhältnisse. Außerdem sind in den Wochen vor der Schließung der Banken, als bereits erste Gerüchte über eine bevorstehende Schröpfung der Bankkunden kursierten, Einlagen in Höhe von rund vier Milliarden Euro aus Zypern abgeflossen. Unter jenen, die jetzt bluten müssen, sind viele zyprische Geschäftsleute, die ihr Geld bei den beiden großen Banken angelegt hatten.

Auch viele Privatleute, die Ersparnisse von mehr als 100.000 Euro angesammelt hatten, etwa für die Altersvorsorge, müssen große Verluste befürchten, vor allem, wenn sie Kunden der Laiki Bank waren. Betroffen ist auch die orthodoxe Kirche Zyperns. Sie wird nach den Worten von Erzbischof Chrysostomos durch die bevorstehende Zwangsabgabe rund 100 Millionen Euro verlieren. Der Gottesmann ist dennoch zuversichtlich: «Die Kirche wird es überleben.»

 

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