Fussball-Land Brasilien: Ein klein wenig Schweiz steckt auch mit drin

Den Fussball haben andere nach Brasilien gebracht. Aber die Schweiz war der Ausgangspunkt zweier Männer, die den brasilianischen Nationalsport mitgeprägt haben.

Izidor «Dori» Kürschner war ein Weltenbummler. In Budapest geboren, trainierte er lange Zeit in der Schweiz, ehe er die Revolution nach Brasilien brachte. (Bild: Keystone/Walter Scheiwiller)

Den Fussball haben andere nach Brasilien gebracht. Aber die Schweiz war der Ausgangspunkt zweier Männer, die den brasilianischen Nationalsport mitgeprägt haben.

Es mögen Briten und Deutsche gewesen sein, die den Fussball nach Brasilien gebracht haben. Aber ein klein wenig Schweiz steckt auch mit drin in der Entwicklung des brasilianischen Nationalsports. Schon ganz zu Beginn etwa, als die Gründung von Fluminense, dem ersten Fussballclub in Rio de Janeiro, ihren Ursprung in Lausanne hatte.

Der Anglo-Brasilianer Oscar Alfredo Cox war von seinen Eltern von Rio in eine Eliteschule am Genfer See geschickt worden. Dort lernte er den jungen Sport kennen – und brachte ihn 1897 mit zurück in seine Heimatstadt. 1901 fand auf seine Anregung hin das erste Fussballspiel in Rio statt. 1902 gründete Cox mit 18 Freunden Fluminense als Verein der reichen Oberklasse, dessen Spiele zum gesellschaftlichen Mittelpunkt von Rios Oberklasse wurden. Cox war auch der Präsident des Clubs.

35 Jahre später war es wieder eine in der Schweiz gereifte Idee, die den brasilianischen Fussball revolutionieren sollte. 1937 wurde Izidor «Dori» Kürschner in Rio Trainer von Flamengo. Er stammte zwar aus Budapest. Doch im Gepäck hatte er eine taktische Variante, an der er in der Schweiz gefeilt hatte.

Der Revolutionär trainierte auch Nordstern

Kürschner war unter anderem 1921 mit dem 1. FC Nürnberg Deutscher Meister geworden, ehe er in der Saison 1923/24 als erster hauptamtlicher Trainer der Clubgeschichte den FC Nordstern übernahm und die Basler zum zweiten Platz der Schweizer Meisterschaft führte. Danach wurde er Teil jenes Trainerteams, das die Schweizer Nationalmannschaft an den Olympischen Sommerspielen 1924 in Paris in den Final führte. Der bislang grösste Erfolg einer Schweizer Auswahl. Schliesslich trainierte Kürschner von 1924 bis 1934 die Grasshoppers, mit denen er dreimal Schweizer Meister und viermal Cupsieger wurde.

In seiner Schweizer Zeit machte er Bekanntschaft mit dem 1925 von Herbert Chapman in London entwickelten WM-System, in dem die Spieler in Form eines W und eines M auf dem Feld standen. Diese Form führte er 1937 bei Fluminense ein, was die Einführung des dritten Verteidigers in Brasilien bedeutete. Dort war bislang im einem 2-3-5 mit bloss zwei Abwehrspielern und fünf Stürmern gespielt worden.

Auf dem Weg zum Zauber von 1958

Erfolg war Kürschner bei Flamengo nicht beschieden. Obwohl er sich den Ruf eines unerbittlichen Modernisierers erarbeitete, wurde er bereits nach einer Saison wieder entlassen. Doch seine Neuerungen, die er an der Weltmeisterschaft 1938 auch im brasilianischen Nationalteam einbrachte, waren der erste Schritt auf dem Weg zu jenem 4-2-4, mit dem das Brasilien von 1958 in Schweden die Welt verzaubern sollte.

Das erlebte der 1885 geborene Kürschner nicht mehr, er erlag 1941 in Rio einem Virus. In Brasilien, wo sein Name zu Dori Kruschner wurde, wird seine Arbeit erst nach seinem Tod gewürdigt.

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