Gass lässt Hooligan-Konkordat fallen

Der Basler Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass (FDP) will sich in den letzten Monaten seiner Amtszeit keinen weiteren Ärger mit der umstrittenen Verschärfung des Hooligan-Konkordates einhandeln. Darum überlässt er das umstrittene Geschäft seinem Nachfolger – aller Voraussicht nach einem Gegner der angedrohten Massnahmen.

In Zürich protestieren die Fans gegen scharfe Polizeikontrollen – und in Basel können sich die Kritiker über einen ersten Erfolg freuen. (Bild: STEFFEN SCHMIDT)

Der Basler Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass (FDP) will sich in den letzten Monaten seiner Amtszeit keinen weiteren Ärger mit der umstrittenen Verschärfung des Hooligan-Konkordates einhandeln. Darum überlässt er das umstrittene Geschäft seinem Nachfolger – aller Voraussicht nach einem Gegner der angedrohten Massnahmen.

Wie weit soll der Staat gehen, um Gewalt rund um Fussball- und Eishockeyspiele zu verhindern? Wo hört die Vernunft auf? Wo beginnt die Schikane?

Diese Fragen stellen sich in der Schweiz wieder einmal viele, nachdem es am Sonntag in Zürich zu einer der wahrscheinlich aussergewöhnlichsten Aktionen rund um den Schweizer Fussball gekommen ist: Die Fans des FC Zürich verliessen das Stadion kurz nach Anpfiff des Derbys – aus Protest gegen die Polizei, die mehrere hundert FCB-Fans eingekesselt hatte und so am Zugang zum Letzigrund hinderte.

FCZ-Fans, die sich für FCB-Fans einsetzen, ein torreiches Derby ohne Fans in der Kurve – bis am Sonntag hätte man das noch für unmöglich gehalten. Umso eifriger wird seither auch in den Kommentaren der TagesWoche über die Verhältnismässigkeit des Polizeieinsatzes diskutiert.

Der genau gleichen Frage nach der Verhältnismässigkeit muss sich auch die Politik stellen, nachdem sich die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) anfangs Jahr auf ein neues Konkordat gegen Gewalt an Sportveranstaltungen geeinigt hat. Kritiker befürchten, dass Kontrollen ähnlich wie jene in Zürich bald zum System werden, sobald das Konkordat in mehreren Kantonen angenommen worden ist.

Erster Erfolg für die Gegner

In Basel können sich die Gegner nun aber über einen ersten Erfolg freuen. Wie Klaus Mannhart, Sprecher des Basler Justiz- und Sicherheitsdepartements, auf Anfrage der TagesWoche erklärt, wird das Konkordat in Basel-Stadt nicht mehr in diesem Jahr ratifiziert. Mit anderen Worten heisst das: Der abtretende Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass (FDP) überlässt das Dossier seinem Nachfolger, der Ende Oktober gewählt wird. Begründet wird das Zuwarten von Mannhart mit einem Hinweis auf die «Diskussionen in Basel, die zeigen, dass rund ums Konkordat noch einiger Kommunikationsbedarf besteht.»

Eine Feststellung, die nicht übertrieben ist. In Basel wehren sich etliche Politiker aus verschiedenen Parteien gegen das Konkordat. Falls das Geschäft in den Grossen Rat kommt, werden SP-Politiker wie Tobit Schäfer und Kerstin Wenk und Vertreter des Grünen Bündnisses wie Brigitta Gerber und Urs Müller für einmal zusammenarbeiten mit bürgerlichen Politikern wie Markus Lehmann (CVP) oder Heinrich Ueberwasser (SVP).

Gut möglich aber, dass es der Konkordatstext in Basel nicht einmal ins Parlament schafft und bereits in der Regierung scheitert. Denn die beiden wahrscheinlich aussichtsreichsten Aspiranten aufs Gass’ Posten, Baschi Dürr und Christophe Haller (beide FDP), gelten ebenfalls als Gegner einer Verschärfung. Ebenso dagegen ist auch der Regierungsratskandidat der Grünliberalen, Emmanuel Ullmann.

Und einer wie Dürr lässt keinen Zweifel daran, dass er sich als Polizeiverantwortlicher erst recht gegen das Konkordat wehren würde. «Die Freiheitsrechte sind das eine», sagt er. «Fast noch wichtiger ist für mich aber die Frage der Effektivität: Ich bin der Überzeugung, dass wir in der Polizeiarbeit wieder mehr Pragmatik und gesunden Menschenverstand an der Front brauchen – und kein Wettrüsten am Grünen Tisch.»

Auch rechtlich umstritten

Noch längst nicht ausgeräumt sind zudem die rechtlichen Vorbehalte, auf die der Basler Staatsprofessor Markus Schefer bereits im Februar in der TagesWoche aufmerksam gemacht hat. «Es gibt immer diese Wellen, bei denen jedes Mittel recht scheint, um gegen eine bestimmte Personengruppe vorzugehen. Diesmal trifft es die Fussballfans», sagte er damals.

Es ist eine ganze Reihe von Massnahmen, die er im neuen Konkordatstext für überrissen oder unklar hält. Am meisten stören ihn die angekündigten Körperkontrollen an den Eingängen. «Einzelnen Fans nicht nur unter den BH und die Unterhose zu schauen, sondern allenfalls sogar noch in die Körperöffnungen – das wäre ein schon fast unvorstellbar invasiver Akt und ginge im Rahmen eines Fussballspiels viel zu weit», hielt Schefer fest.

 

 

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