Gericht hat Angst vor Autonomen

Wegen einer Grippe konnte der Angeschuldigte im Fall um die illegale Party auf dem NT-Areal heute nicht vor Gericht erscheinen. Der Termin wird nun verschoben. Derweil kämpft der Verteidiger für eine öffentliche Verhandlung.

Weil der Angeschuldigte krank im Bett liegt, wurde der «NT-Areal-Fall» verschoben. (Bild: Nils Fisch)

Wegen einer Grippe konnte der Angeschuldigte im Fall um die illegale Party auf dem NT-Areal nicht vor Gericht erscheinen. Der Termin wird nun verschoben. Derweil kämpft der Verteidiger für eine öffentliche Verhandlung.

Schwere Fälle wie Sexualdelikte oder Morde finden häufig unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, unter anderem, um Opfer zu schützen. Die meisten anderen Gerichtsfälle aber sind öffentlich. Heute hätte am Strafgericht ein solcher Fall von einfacher Körperverletzung und Gewalt gegen Beamte verhandelt werden sollen. Leichte Kost für die Richter – und kaum interessant für die Öffentlichkeit. Normalerweise. Dieser Fall aber hätte eine breite Öffentlichkeit interessiert – trotzdem hätte die Verhandlung unter Ausschluss dieser stattfinden sollen. Einzig akkreditierte Journalisten wären zugelassen gewesen, nicht aber Bekannte und Freunde des Angeschuldigten. Denn das Gericht weiss: Davon gibt es viele. Und unangenehme. Autonome, um genau zu sein.

Der 29-jährige Angeschuldigte aus Winterthur gehört zur autonomen Szene. Er soll gemeinsam mit anderen im vergangenen Juni an einer illegalen Party auf dem NT-Areal randaliert haben. Sowohl die Party selber, wie auch die aussergewöhnlich lange Dauer der Untersuchungshaft des Mannes sorgten in der Folge für Schlagzeilen – und für Solidarität in autonomen Kreisen. Nun ist der Fall aber verschoben worden, da die Hauptperson wegen einer Grippe nicht erscheinen konnte. Ein neuer Termin wurde bisher nicht festgelegt.

Verteidiger will vor Bundesgericht

Verteidiger Alain Joset hofft, dass beim zweiten Anlauf mehr Leute an der Verhandlung teilnehmen werden, als dies heute der Fall gewesen wäre. Konkret hofft er, dass interessierte Zuschauer teilnehmen dürfen, da das öffentliche Interesse bereits im Vorfeld enorm gross gewesen sei: «Man kann Zuschauer ja immer noch aus dem Saal werfen, wenn sie sich schlecht benehmen», sagt Joset. Genau das befürchtet das Gericht: Ein Antrag Josets auf eine öffentliche Verhandlung lehnte das Strafgericht mit der Begründung ab, es befürchte, linksautonome Zuschauer könnten die Verhandlung stören. Frühere Verhandlungen mit ähnlichen Beteiligten seien «als Plattform missbraucht worden, um politische Ansichten kundzutun».

Ausserdem focht Joset den Beschluss, die Verhandlung geschlossen durchzuführen, beim Appellationsgericht an. Dort hiess es, ein solcher Beschluss könne gar nicht angefochten werden. Für den Angeschuldigten und den Verteidiger bedeutet das: Interessierte können die Verhandlung nur über die Berichterstattung in den Medien verfolgen, wenn der Fall dann verhandelt wird.

Damit gibt sich Alain Joset allerdings nicht zufrieden: Er vertritt nach wie vor die Meinung, dass der Fall von öffentlichem Interesse ist – und es durchaus möglich sei, den Entscheid der geschlossenen Verhandlung anzufechten. Sollte das Appellationsgericht auf seine Beschwerde nicht eintreten, gehe er vor Bundesgericht, sagt er gegenüber der TagesWoche. Dieser Schritt könnte die Verhandlung weiter verzögern, allenfalls aber zu einem öffentlichen Prozess führen.

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