Gewalt gegen Flüchtlinge: In Basel gibt es nur wenig Übergriffe

Der Undercover-Reporter Shams Ul-Haq berichtet in der «Sonntags-Zeitung» von massiver Gewalt gegen Asylsuchende in Kreuzlingen. Aus Basel seien ihr keine derart gravierenden Vorfälle bekannt, sagt Seelsorgerin Astrid Geistert.

Es gebe ein Machtgefälle zwischen Sicherheitskräften und Asylsuchenden, sagt Astrid Geistert, die ein Seelsorge-Café neben dem Asylzentrum Bässlergut leitet. 

(Bild: Nils Fisch)

Der Undercover-Reporter Shams Ul-Haq berichtet in der «Sonntags-Zeitung» von massiver Gewalt gegen Asylsuchende in Kreuzlingen. Aus Basel seien ihr keine derart gravierenden Vorfälle bekannt, sagt Seelsorgerin Astrid Geistert.

Flüchtlinge würden von Sicherheitskräften krankenhausreif geschlagen, «wenn sie sich nicht an die Regeln halten». Das berichtet der Reporter Shams Ul-Haq, der eine Woche undercover im Empfangs- und Verfahrenszentrum (EVZ) in Kreuzlingen recherchierte. Seinen Bericht hat die «Sonntags-Zeitung» veröffentlicht.

Astrid Geistert leitet den Oekumenischen Seelsorgedienst für Asylsuchende (OeSA), der sich neben dem EVZ Bässlergut befindet. Sie kennt die Situation der Flüchtlinge aus langjähriger Erfahrung.

Frau Geistert, werden auch im EVZ Basel Asylsuchende von Sicherheitskräften zusammengeschlagen?

Nein. Mir ist nichts bekannt von Gewalt in diesem Ausmass, wie es der Reporter aus dem EVZ Kreuzlingen berichtet. Aber sicher ist Gewalt ein Thema, auf das man immer ein Auge haben muss.

Welche Vorfälle sind Ihnen in Basel bekannt?

Asylsuchende haben mir erzählt, wie sie von Sicherheitsleuten herumgeschubst oder in die Ecke gedrängt wurden. In so einem Fall kontaktiere ich den Leiter der Securitas des EVZ und bespreche den Vorfall mit ihm. Häufig schildert der betroffene Securitas-Mitarbeiter den Ablauf ganz anders. Wie es sich genau abspielte, ist schwer zu rekonstruieren. Ich denke jedoch, dass oftmals an beiden Sichtweisen etwas dran ist.

Wie häufig sind solche Vorfälle?

Das kann ich nicht genau sagen. So etwas kann vorkommen, wenn derart viele Leute auf so engem Raum zusammenleben. In den vergangenen Monaten ist die Zahl der Asylanträge drastisch gestiegen, das spüren wir auch bei uns im Café-Treffpunkt. Die Asylsuchenden werden schneller an andere Unterbringungsorte gebracht als früher. Pratteln, Allschwil und Arlesheim haben beispielsweise Plätze in Zivilschutzanlagen angeboten.

Welche Auswirkungen haben diese Verschiebungen auf die Situation im EVZ?

Es ist bereits eine grosse Herausforderung, so viele Menschen aus vielen verschiedenen Kulturkreisen auf so engem Raum unterzubringen. Die Personen, die hierher kommen, sind häufig traumatisiert, haben schreckliche Dinge erlebt, tragen auch Aggressionen mit sich. Das ist eine schwierige Situation für alle Beteiligten. Dass es da zu Vorkommnissen kommt, ist nachvollziehbar, aber das rechtfertigt keinesfalls Gewaltanwendung. Dafür, dass an einem solchen Ort vieles zusammenkommt, läuft es eigentlich eher moderat ab.

Wie ist das Verhältnis zwischen Sicherheitskräften und Asylsuchenden?

Sicher gibt es ein Machtgefälle. Asylsuchende können sich kaum wehren. Ich muss aber auch sagen: Die Sicherheitsleute haben einen sehr schwierigen Job. Sie müssen die Sicherheit aufrechterhalten an einem Ort, wo Menschen auf engem Raum zusammenleben, die alle in Extremsituationen sind und häufig auf psychische und soziale Unterstützung angewiesen wären. Eine Supervision, bei der die Sicherheitskräfte die Situation mit einer Fachperson besprechen können, wäre deshalb wichtig. Das sollte obligatorisch sein. Ob dies heute so ist, weiss ich allerdings nicht.

Astrid Geistert leitet seit drei Jahren den Oekumenischen Seelsorgedienst für Asylsuchende (OeSA) neben dem EVZ Bässlergut. Asylsuchende können dort den Café-Treffpunkt besuchen und über ihre Probleme sprechen. Die Seelsorgenden haben täglich Zutritt zum EVZ. Der OeSA bietet täglich eine Kinderanimation im EVZ an und verteilt zweimal wöchentlich gratis Kleider.

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