Wer stimmt im Grossen Rat im Sinne des Gewerbeverbandes ab? Um das herauszufinden, hat der Gewerbeverband ein Ranking erstellt. Auf dem Podest stehen drei Freisinnige.
Einfluss kostet. Der Gewerbeverband Basel-Stadt sammelt derzeit fleissig Geld bei seinen Mitgliedern. Ziel des Verbandes ist es nämlich, nach den Parlamentswahlen am 23. Oktober so viele «gewerbefreundliche» Grossräte wie nur möglich im 100-köpfigen Parlament zu haben – aussichtsreiche Kandidaten aus dem Gewerbe will der Verband im Wahlkampf deshalb unterstützen.
Zum Zug kommen sollen zwar vorwiegend neue Kandidaten, aber auch Bisherige dürfen mit einem finanziellen Zustupf rechnen (Betrag noch offen). Damit der Verband nicht in die falschen Personen investiert, hat er das Abstimmungsverhalten der Mitglieder des Grossen Rats in der laufenden Legislaturperiode genau unter die Lupe genommen. Für das Ranking wurden 60 «besonders gewerberelevante Abstimmungen» in den ersten drei Amtsjahren der laufenden Legislatur im Parlament angeschaut – darunter die Stadtrandentwicklungen Süd und Ost, den Claraturm oder die Strasseninitiative. Für die Berechnung des «KMU-Freundlichkeits-Indexes» spielte auch die Anwesenheitsquote der Parlamentarier eine Rolle.
Das Resultat: Im Sinne des Gewerverbandes stimmen – wenig überraschend – die Bürgerlichen. Die ersten drei Plätze belegen freisinnige Grossräte: Luca Urgese (98,53 Prozent), David Jenny (96,67 Prozent) und Andreas Zappalà (94,08). Mit Daniela Stumpf, Joël Thüring, Thomas Strahm und Michel Rusterholtz (darf nicht mehr für die SVP kandidieren) befinden sich auch Vertreter der SVP und LDP unter den ersten zehn Plätzen.
Nägelin am schlechtesten bei der SVP
Am schlechtesten für den Gewerbeverband sind – auch das wenig überraschend – die SP und das Grüne Bündnis. Den letzten Platz belegt Thomas Grossenbacher von den Grünen (5,69 Prozent). Heidi Mück (6,67 Prozent) und Brigitta Gerber (8,48 Prozent) von der BastA! landeten auf dem zweitletzten respektive drittletzten Platz. Keinen Einfluss hatten nationale Vorlagen wie die Masseneinwanderungsinitiative auf die Berechnung, dann hätte Rot-Grün wohl besser abgeschnitten, dafür die SVP nicht.
Von allen SVP-Mitgliedern schnitt Regierungsratskandidat Lorenz Nägelin am schlechtesten ab. Er kommt nur auf Platz 37 (73,99 Prozent). Zwar stimmte Nägelins effektives Abstimmungsverhalten in knapp 83 Prozent mit den Empfehlungen des Gewerbeverbandes überein, seine Anwesenheitsquote im Grossen Rat zog aber den Index nach unten. Dennoch unterstützt der Gewerbeverband Nägelin. «Das ist immer noch ein gutes Resultat», sagte Verbandspräsident Marcel Schweizer am Mittwoch vor den Medien.
Ranking soll wiederholt werden
Welche Kandidaten der Gewerbeverband konkret finanziell unterstützen wird, soll Ende Juni bekannt gegeben werden. Gewerbedirektor Gabriel Barell hat vor, ein solches Ranking in vier Jahren wieder zu veröffentlichen. Er versteht das Ranking als «ein gewisses Druckmittel». «Mit diesem Ranking erkennen wir, ob jemand auch einhält, was er öffentlich verspricht.» Verbandspräsident Schweizer hingegen sieht das Ranking vielmehr als «Sensibilisierungsmittel für die Grossräte, im Sinne der KMU abzustimmen».
Mustafa Atici, SP-Grossrat und Mitglied des Gewerbeverbandes, hält grundsätzlich nicht viel von solchen Rankings – vor den Wahlen findet er sie aber «vertretbar». Er selber landete auf Platz 51 und ist damit der gewerbefreundlichste Sozialdemokrat. «Damit kann ich gut leben. Es gibt aber immer unterschiedliche Betrachtungsweisen, was gewerbefreundlich ist», sagt er.