Das Parlament von Basel-Stadt lehnt die Verschärfung des Hooligan-Konkordates ab: Die Entscheidung im Grossen Rat fiel mit 69:13 Stimmen deutlich aus.
Einen Sieg können Fussballfans in Basel bereits vor dem entscheidenen Spiel gegen den FC Schalke 04 in der Champions League feiern. Der Grosse Rat hat die Verschärfung des sogenannten Hooligan-Konkordats abgelehnt. Das Parlament entschied – wie zu erwarten war – deutlich für das Nicht-Eintreten mit 69 zu 13 Stimmen bei zwei Enthaltungen.
Der Grosse Rat folgte damit der vorberatenden Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission, die sich gegen die Regierung stellte und das Nicht-Eintreten empfahl. Während der Debatte zeigte sich, dass bis auf die CVP-Fraktion alle Parteien gegen den Beitritt zum verschärften Konkordat sind. Fraktionssprecherin Pasqualine Balmelli-Gallacchi machte in ihrem Votum aber klar, dass es der CVP hautpsächlich darum ginge, dass es eine schweizweit einheitliche Lösung gibt. Sie folgte damit dem Hauptargument von Regierungsrat Baschi Dürr.
Argument der Einheitlichkeit griff nicht
Der Sicherheitsdirektor machte in seinem Eröffnungsvotum klar, dass die Regierung hinter dem Basler Modell stehe und dies auch weiterhin tun werde. «Wer unseren Ratschlag gelesen hat, könnte das Gefühl bekommen haben, das wir skeptisch sind gegenüber den Verschärfungen. Das ist auch so», sagte Dürr. Er argumentierte aber, dass es bei den Massnahmen und den Formulierungen im Konkordat um Möglichkeiten gehe, nicht darum, dass man sie anwenden müsste.
Die Regierung sei für einen Beitritt, weil sie für eine einheitliche Lösung schweizweit sei. Die Auswirkungen auf Basel seien «relativ klein» bei einem Beitritt. Die angestrebte Bewilligungspflicht existiere im Basel bereits im Polizeigesetz, die «einzige Unterscheidung» ist gemäss Baschi Dürr, dass die polizeilichen Massnahmen wie Rayonverbote und Meldeauflagen ausgebaut würden.
Rayonverbot und Ausweitung des Gewaltbegriffs sind problematisch
Ein Punkt, der von fast allen Grossräten, die sich zum Votum meldeten, kritisch beurteilt wurde: Rayonverbote können aktuell auf weniger als ein Jahr ausgesprochen werden, mit der Verschärfung wäre die Minimaldauer ein Jahr, die maximale drei Jahre. Nicht nur die Kommission fragte sich, ob dies nicht kontraproduktiv sei, wenn man für kleine Vergehen nicht kürzere Stadionsperren ausprechen könnte. Diese Befürchtung teilte auch die Mehrheit der Grossräte.
Kritisch äusserten sich mehrere Sprecher auch zur Ausweitung des Gewaltbegriffs auf Tätlichkeiten, die ein Beitritt zum verschärften Konkordat mit sich bringen würde: Eine Tätlichkeit sei ein wenig schwerwiegendes Delikt, dass nur auf Antrag verfolgt würde, erklärte Otto Schmid (SP): «Mit der Verschärfung wird aber ein Anrempeln bereits zu einer Gewalttat.» Zusätzlich reiche bei einer Annahme der Verschärfung die Aussage eines Sicherheitsangestellten aus, um eine Strafe nach sich zu ziehen. «Vielleicht tue ich einigen Sicherheitsangstellten unrecht», sagte André Auderset für die LDP, «aber es ist wohl Zufall, ob eine Person ein Gillet trägt oder ein Fanshirt.»
«Eine einheitliche, untaugliche und rechtstaatlich bedenkliche Lösung ist nicht besser als eine unheitliche Lösung.»
Gestolpert ist die Verschärfung aber vor allem darüber, dass Basel – im Gegensatz zu anderen Kantonen, die die Verschärfung annahmen – bereits eine Bewilligungspflicht kennt. «Ein ausreichendes Instrumentarium besteht mit dem aktuellen Konkordat und dem Basler Polizeigesetz bereits», sagte unter anderem FDP-Fraktionssprecher David Jenny dazu. Wenn Verschärfungen tatsächlich nötig würden, könnte man immer noch später dem Konkordat beitreten oder das Polizeigesetz anpassen. Er verwarf die Argumentation des Regierungsrates mit einem Satz, in dem er auch die Bedenken der Mehrheit des Parlamentes aufgriff: «Eine einheitliche, untaugliche und rechtstaatliche bedenkliche Lösung ist nicht besser als eine unheitliche Lösung.»
Thüring auf einsamem Posten
Nebst der CVP-Fraktion sprach sich einzig Joël Thüring von der SVP für die Verschärfung aus. «Nehmen sie die rotblaue Brille ab», eröffnete er sein Votum, «die Frage ist nicht: Sind sie für das Konkordat und gegen den FCB, sondern sie für das Konkordat und gegen Chaoten.» Er betonte, dass es sich um Kann-Formulierungen handle, die nicht bei jedem Spiel zur Anwendung kommen würden. «Ich kenne Leute, die nicht mehr ins Stadion gehen, weil sie sich mit ihren Kindern nicht trauen.» Dies müsse geändert werden, argumentierte Thüring.
Auf die Zwischenfrage von SP-Grossrat und Fanarbeiter Thomas Gander, wie er sich dann die steigenden Zuschauerzahlen, den Jahr für Jahr ausverkauften Familiensektor und die immer grössere Zahl weiblicher Fans erkläre, antwortete er: «Meine Erfahrungen sind anders, ich habe nicht mit SVP-nahen Leuten gesprochen, sondern normalen Bürgern und die haben mir anderes erzählt.» Was für Gelächter im Rat sorgte, während einer Debatte, die nicht von grossen Unterschieden und verschiedenen Standpunkten geprägt war, sondern sachlich und entspannt ablief.
«Das SRF hätte sich das Geld besser gespart»
Thüring liess sich nicht beirren, er appellierte an die Grossräte als Volksvertreter: «Haben Sie die SRG-Umfrage gesehen? Ein eindeutiges Resultat, die Bevölkerung ist dafür, vergessen sie das nicht!» Und verwies damit auf die repräsentative Umfrage, die «Schweiz aktuell» in Auftrag gegeben hat und bei der 58 Prozent der Befragten sich für die Verschärfung ausgesprochen haben.
Eine Erklärung für das deutliche Ergebnis und warum, es nicht viel aussage, lieferte Parteikollege Heinrich Ueberwasser in seinem Votum. Er verwies darin auf Studien, die belegen, dass das Sicherheitsempfinden bei regelmässigen Matchbesuchern deutlich höher ist als bei Leuten, die nicht an Spiele gehen. «Je weniger eine Person mit Fussballstadien zu tun hat, umso unsicherer empfindet sie diese.»
«Je weniger eine Person mit Fussballstadien zu tun hat, umso unsicherer empfindet sie diese.»
Thüring blieb mit seiner Meinung alleine und auch seine Ankündigung eines Antrages auf ein obligatorisches Referendum, ist hinfällig, weil auf die Verschärfung letztlich nicht eingetreten wurde und damit diese Möglichkeit gar nicht besteht. Die Präsidentin der vorberatenden JSSK, Tanja Soland, ging auf seinen Hinweis als Volksvertreter dennoch in ihrem Schlusswort ein: «Aus meiner Sicht hätte sich das SRF das Geld von uns Steuerzahlern sparen können, es war klar, was das Ergebnis sein würde.»
Es brauche mehr Sachlichkeit in der Debatte, sagte Soland weiter und bedankte sich, dass dies im Grossen Rat möglich gewesen sei. «Wir haben die Aufgabe uns für die Bevölkerung mit Gesetzen und ihren Auswirkungen auseinanderzusetzen und das haben wir getan. Wir streuen aber der Bevölkerung nicht Sand in die Augen: Das Konkordat wird nicht bringen, was erwartet wird.»
Es gebe Gewalt im Rahmen von Sportveranstaltungen, sagte Soland weiter, und ganz gefeit werde man davon nie sein. Und ja der Aufwand für die Polizei sei hoch, es seien viele Einsätze und die Kosten entsprechend hoch: «Die Verschärfung des Konkordates bietet dafür keine Lösung, es sind andere Lösungen gefragt.»
_
Mehr zum Hintergrund im Artikel «Die Basler Sonderlösung» oder im Dossier zum Thema: Fanverhalten.