Guy Morin hat Schmetterlinge im Bauch – und Risotto

An der Expo Milano will Basel als Innovationsmotor wahrgenommen werden. Der Auftritt bleibt blass.

Auch im fernen Mailand gibt es für Regierungspräsident Guy Morin kein Entrinnen vor der Lokalpresse. (Bild: Matthias Oppliger)

An der Expo Milano will Basel als Innovationsmotor wahrgenommen werden. Der Auftritt bleibt blass.

Im Schweizer Pavillon an der Weltausstellung in Mailand wird aufgetischt: Es gibt Schinken, Salami, Bündnerfleisch und Hartkäse. Ausserdem Risotto mit Walnüssen und Kalbsgeschnetzeltes, Weisswein vom Schlipf, Apfelsaft aus der Ostschweiz und italienisches Mineralwasser. Die Angestellten des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung haben alle Hände voll zu tun, die regulären Messebesucher vom Buffet fernzuhalten.

Der Ansturm beim Apéro riche mag am Konzept des Schweizer Expo-Auftrittes liegen. Es beruht darauf, dass sich die Besucher frei bedienen können. In vier Türmen liegen Kaffee, Salz, Apfelringe und Wasser bereit. S’het so lang s’het.

Während in den oberen Etagen des Pavillons also die Gratismentalität mit gleichzeitig erhobenem Zeigefinger gefördert wird, ist sie im Parterre nicht Teil der Botschaft. Die reich gedeckten Tische sind für die Gäste von Guy Morin und Sabine Horvath gedacht.

Symbolischer Falter

Am Samstagmittag haben der Regierungspräsident und die Leiterin des Basler Standortmarketings die Basler Ausstellung eröffnet. Während der nächsten sechs Wochen bespielt Basel in Zusammenarbeit mit verschiedenen Partnern (darunter Syngenta und Vitra) das Erdgeschoss des Schweizer Pavillons.

Die Ausstellung trägt den Titel «Spirito Di Basilea», das Logo ziert ein Schmetterling. Über die symbolische Kraft dieses Wappenfalters wird Morin später in seinem Grusswort sinnieren.

Das entnehme ich zumindest den Karten, die er mir freundlicherweise überlässt. Denn ich habe die Rede verpasst, die Eröffnungszeremonie ebenso. Morin habe ein Band zerschnitten, lasse ich mir sagen. Also sehe ich gerade noch, wie er als erstes die Ausstellungsräume betritt. Hinter ihm drängt eine ganze Gefolgschaft bestehend aus Medienvertretern, Angestellten des Pavillons, Vertretern vom Basler Standortmarketing und anderen geladenen Gästen in die engen Gänge.

Grund meiner Verspätung ist die nahezu ikonenhafte Inkompatibilität der Schweizer Pünktlichkeit mit der italienischen, sagen wir mal, Arbeitsweise. Im Medienbüro lässt man sich Zeit mit der Akkreditierung (in meinem Fall eine Woche). Der Sicherheitsbeamte wiederum sprengt das Klischee, indem er seine Aufgabe mit grosser Hingabe und Genauigkeit erledigt und jede Person einzeln mit seinem Handdetektor absucht. So komme ich genau 15 Minuten zu spät zum Pavillon. In Italien nicht der Rede wert, in Schweizer Zeitrechnung eine halbe Ewigkeit.

Item. Morin pries in seiner Rede den Butterfly Effect, demzufolge der Flügelschlag eines Schmetterlings am anderen Ende der Welt einen Tornado auslösen könne. Er zog allerdings konstruktivere Vergleiche. So manche bahnbrechende Erfindung, wissenschaftliche oder intellektuelle Erkenntnis habe ihren Anfang in Basel gefunden, erklärt Morin.

Die Ausstellung führt diese Worte fort und zeigt beispielhafte Basler Errungenschaften. Den Panton-Chair etwa, ein Designklassiker. Oder synthetisches Vitamin C, das der Basler Chemiker Tadeus Reichenstein in den 1930er-Jahren entdeckt hat. An den Wänden der thematisch angeordneten Räume findet sich auf den ersten Blick eine verwirrende Vielzahl von Informationen.

Didaktik die Eindruck machen soll

Ein Nietzsche-Gipskopf rezitiert ein Gedicht («In Basel steh ich unverzagt …»). Syngenta türmt Nahrungsmittel (Soja, Weizen, Reis und Mais) in Plexiglasrohre. Vitra reiht bunte Stühle aneinander. Auf Bildschirmen sind Drohnenaufnahmen verschiedener architektonisch interessanter Orte in Basel zu sehen.

Die Basler Ausstellung fällt nicht durch Extravaganz auf, es gibt wenig Interaktives, Spielerisches. Der Ansatz bleibt Didaktik. Morin ist jedoch frohen Mutes, dass der Auftritt Eindruck macht. «Den Besuchern dürfte insbesondere der Gegensatz von historischen Bauten und modernster Architektur in Erinnerung bleiben.»

Insofern passt der Basler Auftritt zum Schweizer Pavillon. Dieser fällt architektonisch gegenüber den anderen Länder- und Themenpavillons derart ab, dass ihn die NZZ gar als «Missverständnis» bezeichnet hat. Die nüchterne Industriearchitektur setzt ganz auf Inhalt. Die Botschaft ist zwar überzeugend, der Tonfall jedoch arg moralisierend.

Wer sich beim Kaffee (Nescafé, auweia) bedient, soll für die Nachwelt etwas übrig lassen. Wer eine Führung bucht, soll pünktlich sein («be on time, like a swiss watch!»).

Dafür sind die Maskottchen herzig. Und grotesk.

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