Als Hauptsponsorin von Basel-Stadt spielt die Syngenta eine tragende Rolle an der Weltausstellung in Mailand. Kritiker fordern, die Zusammenarbeit mit dem Agrochemie-Konzern zu beenden. Guy Morin will davon nichts wissen.
Es sei doch klar, dass Basel-Stadt für das Sponsoring von Syngenta «auch eine Gegenleistung» erbringe: Basels Regierungspräsident Guy Morin wirkte an der Pressekonferenz vom Dienstag etwas genervt ob der kritischen Fragen der Journalisten. Die Städte Basel, Zürich und Genf präsentierten ihren gemeinsamen Auftritt an der Weltausstellung Expo Milano 2015, die am 1. Mai startet.
Hauptkritikpunkt ist die Teilnahme von Syngenta. Die Kritiker des Basler Agrochemie-Konzerns – darunter die Nichtregierungsorganisationen Swissaid, MultiWatch und Brot für alle – luden nach der offiziellen Veranstaltung nur wenige Hundert Meter weiter zu einer Gegen-Pressekonferenz. Dort kritisierten sie, Morin halte sein Versprechen nicht, das Thema nachhaltige Landwirtschaft an der Ausstellung kritisch zu diskutieren. MultiWatch fordert gar, die Zusammenarbeit mit Syngenta zu beenden.
Als vor über einem Jahr bekannt geworden war, dass Syngenta den Stadtbasler Auftritt an der Weltausstellung in Mailand 2015 sponsern wird, kam die Kritik postwendend. Nicht nur Syngenta als Agrarkonzern wurde kritisiert, sondern auch die Rolle des grünen Regierungsrats Guy Morin, der bei der Partnerschaft zwischen der viel kritisierten Syngenta und Basel federführend war.
Syngenta und Basel – eine umstrittene Partnerschaft
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«Den Planeten ernähren»
An der Expo in Milano geht es um viel: Die Organisatoren erwarten rund 25 Millionen Besucher aus aller Welt. Und da die Ausstellung quasi vor der Haustür der Schweiz stattfindet, will man mit der grossen Kelle anrühren. Die Schweiz baut den drittgrössten Pavillon an der Ausstellung. Auf ungefähr der Fläche eines Fussballfeldes wird sich die Eidgenossenschaft präsentieren, mit vier von Weitem sichtbaren Türmen, die mit Wasser, Salz, Kaffee und Apfelringen gefüllt sind.
Die Produkte stünden für eine nachhaltige, verantwortungsvolle, innovative und traditionsbewusste Schweiz, sagt Nicolas Bideau, Chef von Präsenz Schweiz.
Damit will die Schweiz dem Motto der Weltausstellung folgen: «Den Planeten ernähren, Energie für das Leben». Den Auftritt lässt sich das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA 23,1 Millionen Franken kosten. Davon werden rund 7,5 Millionen von privaten und öffentlichen Sponsoren finanziert, etwa auch vom Lebensmittelkonzern Nestlé.
Die urbane Schweiz
Auf rund einem Drittel der Fläche des Schweizer Pavillons repräsentiert Basel-Stadt zusammen mit Genf und Zürich die urbane Schweiz. Kernstück des Basler Auftritts ist eine Ausstellung in den Sockeln der vier Silotürme. Darin sollen die Welternährung und das Bedürfnis nach geistiger Nahrung thematisiert werden.
Anhand von Persönlichkeiten und Ereignissen, welche die Welt von Basel aus verändert haben, will man den Standort in den Bereichen Wissenschaft, Kultur, Architektur und Wirtschaft international in bestes Licht rücken.
So wird zum Beispiel das Wirken des Chemikers Tadeus Reichstein in den Fokus gerückt. Dieser hatte das synthetische Vitamin C und das Kortison entdeckt und war dafür mit dem Nobelpreis geehrt worden. Aber auch der Basler Philosoph Friedrich Nietzsche und der Panton-Stuhl von Vitra werden gezeigt.
Weiblichen Basler Persönlichkeiten schenkt man indes keine Aufmerksamkeit. Auf Nachfrage kann Guy Morin keine Namen von Frauen nennen.
Kritik bereits vor einem Jahr
Für den Auftritt investiert Basel 1,3 Millionen Franken. Als Hauptsponsor steuert der Agrarkonzern Syngenta 200’000 Franken bei und erhält dafür einen eigenen Ausstellungsraum, um seine Sicht einer nachhaltigen Landwirtschaft zu präsentieren. Syngenta thematisiert die Herausforderung an die weltweite Landwirtschaft, immer mehr Nahrungsmittel für eine stark wachsende Bevölkerung zu produzieren und gleichzeitig die natürlichen Ressourcen zu schonen.
Da der prominente Auftritt von Syngenta schon vor gut einem Jahr für massive Kritik gesorgt hatte, planen die drei Städte eine gemeinsame Zusatzausstellung zum Thema «Urban Food Innovation» (7. 8. bis 12. 9. 2015). Damit soll die Deutungshoheit, wie Ernährungsprobleme in Zukunft gelöst werden können, nicht alleine Syngenta überlassen und dem Versprechen Guy Morins auf einen kritischen Dialog nachgekommen werden.
Die Zusammenarbeit erfolgt gemeinsam mit verschiedenen Organisationen aus den Bereichen Nachhaltigkeit und Biodiversität wie dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) oder der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW).
«Es findet kein Dialog statt»
Die Kritiker geben sich damit jedoch nicht zufrieden. An der Gegen-Pressekonferenz sagte Florianne Koechlin vom Blauen-Institut, ein kritischer Dialog sei nicht möglich: Der Auftritt von Syngenta zu Beginn bleibe unwidersprochen, da die Auftritte der drei Städte sowie die Sonderausstellung nacheinander erfolgten.
Weil Basel am 1. Mai den Auftakt macht, könne der Sichtweise von Syngenta während dreier Monaten nicht widersprochen werden. «Ich habe nicht einmal etwas gegen die Teilnahme von Syngenta, aber der Dialog muss stattfinden. Und das tut er in diesem Fall nicht», so Koechlin.
Sie sei enttäuscht, dass Guy Morin den versprochenen kritischen Dialog nicht umsetze. «Ich habe Herrn Morin eine Liste mit Organisationen und Personen zukommen lassen, die für einen kritischen Dialog essenziell wären», sagt Koechlin. Eine der wichtigsten Personen, der Landwirtschafts- und Entwicklungsexperte Hans Herren, sei bis heute nicht angefragt worden.
Noch deutlicher wurde Roman Künzler von MultiWatch: «Wir fordern, dass Syngenta ausgeladen wird.» Mit dem Sponsoring legitimiere die Basler Regierung den im November 2014 von Syngenta angekündigten Abbau von 500 Stellen, so Künzler.
Unternehmen nicht einfach ausschliessen
Für die Kritik hat der für die Partnerschaft zwischen Syngenta und Basel verantwortliche Regierungspräsident wenig übrig: «Eine Weltausstellung beruht nun mal auf Beziehungen zwischen Privaten und der öffentlichen Hand», so Guy Morin. Basel führe seit Langem einen kritischen, aber auch konstruktiven Dialog – unter anderem mit Unternehmen wie Syngenta.
Man könne nicht einfach Unternehmen von der Diskussion ausschliessen. «Denn Syngenta spielt eine wichtige Rolle in der Ernährungssicherheit der Zukunft – auch wenn Syngenta vielleicht nicht die alleinige Lösung hat», sagt Morin. Deshalb stehe er auch als grüner Regierungsrat nach wie vor hinter der Zusammenarbeit.
Zwar stimme es, dass die Ausstellungsflächen ungleich gross seien. Wer welchen Beitrag leisten könne, entscheide auch über die entsprechenden Auftrittsmöglichkeiten. Im Übrigen habe man mit allen Personen, die Koechlin vorschlug, Gespräche geführt.
Der inhaltlichen Kritik müsse sich das Unternehmen selbst stellen, sagt Morin. Wichtig sei, dass Basel eine Plattform biete, die solche Diskussionen ermögliche – und das sei der Fall.