Haarscharf an der Eskalation vorbei

Die Demonstration am Freitagabend «für mehr Freiräume – gegen Polizeieinsatz und Baschi Dürr» verlief friedlich. Kritisch ging es erst danach zu und her.

An der zweiten Demo um 22 Uhr waren es etwa 500 Personen. (Bild: Stefan Bohrer)

Die Demonstration am Freitagabend «für mehr Freiräume – gegen Polizeieinsatz und Baschi Dürr» verlief friedlich. Kritisch ging es erst danach zu und her.

Gegen 1.30 Uhr früh zog sich die Polizei zurück, zuvor wäre es fast zur Eskalation gekommen. Dutzende Polizisten in Vollmontur waren um den St. Johanns-Park postiert. Die Räumung stand kurz bevor. Die Stimmung war aufgeladen. Dabei hatte alles harmlos begonnen.

Um 19 Uhr besammeln sich rund 200 Personen auf dem Theodorskirchplatz im Wettsteinquartier, um ihren Ärger über den Polizeieinsatz vegangener Woche auf dem Messeplatz Luft zu machen – eine Demo «für mehr Freiräume, gegen Polizeigewalt und Baschi Dürr».

Mit Transparenten wie «Bunt gegen die politische Dürre» und «Mehr Mut zur Freiheit» (Dürrs Wahlkampfslogan) marschiert die Truppe via Messeplatz, Horburgstrasse, Klybeckstrasse zurück zum Theodorskirchplatz. Die Wettsteinallee, wo Dürrs Haus steht, gehört nicht zur Route. Vorerst. Die Polizei, die bereits am späten Nachmittag am Wettsteinplatz Präsenz markierte, hält sich im Hintergrund.

Pyros und Knallkörper

Um 22 Uhr beginnt die zweite Runde der unbewilligten Demo. Dieses Mal sind es etwa 500 Personen, darunter laut Involvierten auch einige Ultras aus dem Fan-Umfeld des FC Basel, sowie Linksautonome aus Zürich und Lausanne. Und dieses Mal geht es bei Dürr vorbei. Seine Storen hat er alle unten. Vor seinem Haus werden die Demonstranten lauter, verhalten sich aber sonst ruhig. Noch immer ist die Polizei aktiv im Hintergrund. Die Gruppe geht weiter via Messeplatz zur Feldbergstrasse auf die Johanniterbrücke. Immer wieder werden Pyros und Knallkörper gezündet.

Es ist kein Zufall, dass die Demonstranten schliesslich im St. Johanns-Park landen. Denn genau an diesem Tag vor 25 Jahren wurde die alte Stadtgärtnerei geräumt. Hier endet die Demo offiziell, und der weniger friedliche Teil des Abends beginnt. Plötzich hört man überall Sirenen, ein paar Vermummte rennen in den Park, in dem gerade der «Pärkli Jam» stattfindet.

Bei der Tramhaltestelle St. Johanns-Tor steigen aus mehreren Kastenwagen etliche Polizisten aus. Es kommt zu einer kurzen Auseinandersetzung zwischen Polizei und Demonstranten. Flaschen und eine Signalfackel werden geworfen. Die Stimmung ist auf beiden Seiten gereizt, es braucht nicht mehr viel und das grosse Chaos bricht aus. Plötzlich heisst es seitens Polizei, dass der Park geräumt werden soll. Doch so weit kommt es nicht.

Polizisten angegriffen, SVP will Massnahmen

Die Polizisten halten nun in Vollmontur vor dem St. Johanns-Park Stellung. Regelmässig warnen sie mit ihren nicht hörbaren Lautsprechern, dass der Platz geräumt werde, sollten sie noch einmal mit Laserpointer attackiert werden.

Wie Einsatzleiter Loosli sagt, sei zuvor eine Polizistin verprügelt worden. Je später es wird, desto mehr beruhigt sich die Lage. Schrittweise ziehen sich die Polizisten schliesslich zurück.

Gemäss einer späteren Mitteilung der Polizei (siehe Hintergrund zum Artikel) hat eine Gruppe von vermummten Personen am Freitagabend in der Immengasse zwei Zivilpolizisten gezielt angegriffen und dabei eine Polizistin verletzt. Zudem sei ein BVB-Mitarbeiter angegriffen worden. Den mutmasslichen Werfer der Signalfackel konnte die Polizei anhalten, er wird verzeigt. Zudem wurden drei weitere Personen vorübergehend festgenommen.

Die Basler SVP hat sich am Samstagnachmittag in einer Mitteilung zu den Angriffen gegen die Polizei geäussert: «Angriffe auf die Polizei und auf Staatsangestellte müssen mit aller Härte geahndet werden, sonst verliert der Staat seine Glaubwürdigkeit», schreibt die Partei. Sie fordert nun, dass «das linksautonome Milieu nun systematisch nach radikalen Chaoten durchforstet wird, damit diese inhaftiert und einer harten Strafe zugeführt werden können».

Messeplatz hat politisches Nachspiel

Der Einsatz der Polizei auf dem Messeplatz wird zum Thema im Grossen Rat. Mit einer Interpellation (siehe Rückseite des Artikels) will die SP-Grossrätin Tanja Soland von der Regierung wissen, ob diese immer noch der Ansicht ist, dass der Messeplatz «ein Anziehungspunkt des öffentlichen Lebens» werden soll und ob der Polizeieinsatz nicht ein Imageschaden für Basel bedeuten könnte. Zudem fragt die Präsidentin der Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission, warum man ein «grosses Polizeiangebot und Gummigeschosse» benötigte, um die Musikanlage auszuschalten – und weshalb überhaupt wegen Lärm eingegriffen wurde, obwohl es keine Lärmklagen von den Anwohnern gab. Soland will die Interpellation kommenden Mittwoch im Grossen Rat als dringlich traktandieren. Somit müsste die Regierung diese bereits in der Nachmittagssitzung beantworten. 

 

Artikelgeschichte

– Die Zusammensetzung der Teilnehmer an der zweiten Demo wurde nach Schilderungen von Beteiligten aktualisiert.

– In der ersten Version der Slideshow wurde der Briefkasten von Basch Dürr gezeigt. Das Bild wurde am Samstagnachmittag entfernt.

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