Vor zehn Jahren wurde in Italien das Rauchverbot in öffentlichen Räumen eingeführt: Die Raucherquote und der Tabakverkauf sind gesunken, nun soll das Qualmen an weiteren Orten verboten werden.
Neulich in einer römischen Trattoria: Am Nachbartisch steigt eine Rauchschwade auf. Die erste Reaktion von den anderen Tischen: Erschrecken und Unmut. Dann stellt man fest, dass der Raucher nur den unschädlichen Dunst einer elektronischen Zigarette in den Raum geblasen hat. Die Aufregung legt sich sofort. Sie zeigt aber, dass sich Italien in den vergangenen zehn Jahren grundlegend verändert hat, was das Rauchen in öffentlichen Räumen angeht. Die Toleranz gegenüber Verstössen gegen das Rauchverbot ist auf Null gesunken.
Zehn Jahre ist es her, seit das Rauchverbot in öffentlichen Räumen in Kraft getreten ist. Was damals für die meisten, darunter auch viele Nichtraucher, eine unvorstellbare Änderung darstellte, wird heute als selbstverständlich wahrgenommen. Die Perspektive der Italiener hat sich durch die Gesetzesänderung grundlegend geändert. Damals wurde es als völlig normal hingenommen, dass Nichtraucher in den Kneipen von Bozen bis Palermo passiv mitrauchten und am nächsten Morgen stinkende Kleider hatten. Heute kann sich das kaum noch jemand vorstellen.
Geplant ist künftig auch ein Verbot, in Parks, Fussballstadien und an Stränden zu rauchen.
Die Daten des italienischen Statistikamts Istat bestätigen diese Wahrnehmung. 95 Prozent der Italiener halten das Rauchverbot für sinnvoll, 90 Prozent respektieren es auch. Vor allem in Nachclubs, aber auch in eher abgelegenen Orten gibt es die meisten Verstösse. Bei 35’800 Kontrollen durch die Carabinieri seien in nur zwei Prozent der Fälle Verstösse gegen das Rauchverbot festgestellt worden. Insgesamt ist die Zahl der Raucher in den vergangenen zehn Jahren von knapp 24 Prozent auf 19,5 Prozent der Bevölkerung zurück gegangen. Auch der Verkauf von Tabak-Produkten verringerte sich seither um 25 Prozent. Es wird angenommen, dass der Rückgang auch mit den staatlichen Einschränkungen zu tun hat.
Aus diesem Grund und angesichts der positiven Erfahrungen erwägt das italienische Gesundheitsministerium nun weitere Einschnitte. Geplant ist künftig auch ein Verbot, in Parks, Fussballstadien und an Stränden zu rauchen. Zunächst soll das Rauchen am Steuer, insbesondere in Gegenwart von Kindern verboten werden. Umstritten ist etwa der Vorschlag, auch in Filmen oder TV-Serien Szenen zu verbieten, in denen geraucht wird. Allerdings nur, wenn die Zahl dieser Szenen als «exzessiv» eingeschätzt wird. Italienische Regisseure und Filmemacher, darunter auch der Oskar-Preisträger Paolo Sorrentino («La grande bellezza – Die grosse Schönheit») protestierten heftig. Sie sehen ihre künstlerische Freiheit eingeschränkt. Diese habe nicht die Aufgabe zu erziehen, hiess es in einem öffentlichen Appell.
Jugendliche im Fokus der Prävention
Der Erfolg einiger dieser Massnahmen in anderen Ländern sei nachgewiesen, heisst es im Gesundheitsministerium. Ziel ist es, die Zahl der Raucher in Italien weiter zu senken. «Es wird weitere Einschränkungen geben», kündigte Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin an. «Rauchen tötet, das müssen wir uns weiterhin vor Augen halten», sagte die Ministerin. Die Regierung, so heisst es, will in erster Linie Jugendliche davor schützen, mit dem Rauchen zu beginnen. Laut Statistik hat die Zahl der Raucher im Alter von elf bis zwölf Jahren trotz der bisherigen Erfolge deutlich zugenommen. Offensichtlich, so Lorenzin, sei in den vergangenen Jahren nicht genügend Präventionsarbeit geleistet worden. Die Regierung will nun mit Sensibilisierungs-Kampagnen dem Phänomen entgegen treten und weitere Verbote umsetzen.
Telefonieren im Auto soll weniger ablenken als Rauchen.
Erste Massnahme soll das Rauchverbot im Auto sein. 15 Prozent aller wegen Unaufmerksamkeit verursachter Autounfälle sei auf Rauchen zurück zu führen, stellt der Verbraucherverband Codacons fest, der die Vorschläge des Ministeriums unterstützt. Während die durchschnittliche Ablenkungszeit durch den Gebrauch des Telefons am Steuer 10,6 Sekunden dauerte, summierte sich die Ablenkung beim Rauchen am Steuer auf 11,5 Sekunden. «Rauchen und seine gesundheitlichen Konsequenzen verursacht nicht nur hohe Kosten für die Gemeinschaft, sondern gefährdet auch die Unversehrtheit anderer Autofahrer», heisst es beim Codacons-Verband.
Angesichts der Masse der in Italien am Steuer telefonierenden Menschen bleibt der Erfolg eines Rauchverbots am Steuer abzuwarten. Vor zehn Jahren hätte allerdings auch niemand mit dem Erfolg des Rauchverbots in geschlossenen Räumen gerechnet.