Heiratsstrafe-Initiative abgelehnt: Werden Ehepartner jetzt separat besteuert?

Nach dem knappen Nein zur Heiratsstrafe-Initiative werden bereits neue Lösungen des Problems herumgereicht. Eine davon ist die Individualbesteuerung.

Steuerhimmel oder Steuerhölle für Ehepaare? Die Individualbesteuerung würde das Problem der Heiratsstrafe sofort lösen, sagen SP-Politiker.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

Nach dem knappen Nein zur Heiratsstrafe-Initiative werden bereits neue Lösungen des Problems herumgereicht. Eine davon ist die Individualbesteuerung.

Die Überraschung des Abstimmungssonntags ging beinahe unter: Die CVP-Initiative gegen die Heiratsstrafe wurde knapp abgelehnt, nachdem Umfragen über Wochen ein stabiles Ja voraussagten. Basel-Stadt lehnte die Initiative gar mit 61 Prozent ab – kein anderer Kanton sagte so deutlich Nein.

Das Problem, dass bestimmte Ehepaare schlechtergestellt sind als unverheiratete Paare, bleibt vorerst bestehen. Was passiert nun? Finanzminister Ueli Maurer kündigte bereits vor der Abstimmung an, dass der Bundesrat eine Vorlage ausarbeiten wird, die sich dieses Problems annimmt.

Wie das gehen könnte, deutete er bereits an: via Individualbesteuerung. Das würde bedeuten, dass Ehepaare nicht mehr gemeinsam Steuern zahlen, sondern separat.

Bürokratiemonster

Für die Baselbieter CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter ist das keine Option. «Die Individualbesteuerung wäre ein Bürokratiemonster und wird von den Kantonen abgelehnt.»

Die Kantone äusserten sich bereits kritisch gegenüber dem Modell. Mit dem neuen System müssten sie für alle Ehepaare die Steuererklärungen doppelt erledigen. Ausserdem müssten die Steuererklärungen genauer überprüft und abgeglichen werden, um zu verhindern, dass beispielsweise Kinderabzüge bei Ehepartnern doppelt verbucht werden.

Auch der CVP-Ständerat Peter Hegglin sieht in der Individualbesteuerung neue Probleme, die zu lösen wären. «Zum Beispiel: Wo werden Kinderabzüge zugewiesen, wie regelt man eine Gütertrennung, was passiert mit selbständig Erwerbenden, welche Einkünfte fliessen welchem Partner zu, die Beseitigung krasser Ungleichheiten zwischen Einverdiener- und Zweiverdienerpaare – alles Fragen, die nicht leicht zu beantworten sind.»

«Der einzig richtige Weg»

Die Aargauer SP-Nationalrätin Yvonne Feri findet, diese Fragen können im Detail beantwortet werden, wenn das Modell erst einmal auf dem Tisch liegt. «Die Individualbesteuerung ist der einzig richtige Weg, zu einem gerechten Steuersystem zu gelangen, das die heutigen Familienrealitäten abbildet.»

Verheiratete Paare sollen nicht einfach als Paket, sondern individuell besteuert werden, so Feri. Der administrative Aufwand, den die separaten Steuererklärungen mit sich brächte, könne problemlos bewältigt werden. «Die Steuererklärungen werden bereits heute vielfach elektronisch ausgewertet, das wird in Zukunft noch zunehmen.»

Individualbesteuerung hat schweren Stand

Der Basler SVP-Nationalrat Sebastian Frehner hat die Initiative gegen die Heiratsstrafe unterstützt. Er denkt aber, dass «es nun langfristig in Richtung Individualbesteuerung gehen» werde. «Es gibt kein Modell, das für alle gerecht ist. Deshalb muss es darum gehen, möglichst die gesellschaftliche Realität zu berücksichtigen.» Ob die Individualbesteuerung gerecht ist oder nicht, hänge vom Modell ab. «Ich kann es heute noch nicht beurteilen», sagt Frehner.

Der Nationalrat berät die Individualbesteuerung bereits am 10. März. Die Finanzkommission hat eine entsprechende Motion eingereicht. Die Individualbesteuerung bleibt ein Modell, das die Heiratsstrafe aus dem Weg räumen könnte. Bei der bürgerlichen Mehrheit im Nationalrat hat das Modell jedoch einen schweren Stand.

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