Helvetier im Dichtestress

Im Jahr 58 vor Christus erlagen die Helvetier einer Fehleinschätzung und bissen sich an Cäsar die Zähne aus.

(Bild: Karl Jauslin/Museen Muttenz)

Als den Helvetiern ihr Revier zu eng wurde, zogen sie gen Westen. Doch dann stoppte Cäsar die Völkerwanderung.

Um das Jahr 60 vor Christus wurde es den Helvetiern in ihren angestammten Grenzen zu eng. Sie begannen Vorräte anzuhäufen und schafften sich Wagen und Zugtiere an. Als die Vorbereitungen abgeschlossen waren, zündeten sie sämtliche befestigten Siedlungen, Dörfer und Gehöfte an und marschierten mit Frauen und Kindern Richtung Genf. Von dort wollten sie durch die römische Provinz weiter ins heutige Frankreich ziehen. Mit dabei waren auch die Rauraker und die Tiguriner.

Der Anstoss ging von Orgetorix aus, dem angesehensten und reichsten Helvetier jener Tage. Er machte den Stammesgenossen seinen Plan schmackhaft, indem er ihnen einredete, dass sie im Verhältnis zur Grösse der Bevölkerung und ihres Kriegsruhmes ein zu kleines Land besässen.

Eine Gelegenheit für Cäsar

Als die Helvetier zu ihrer Reise Richtung Frankreich aufbrachen, war Orgetorix nicht dabei. Nachdem durchgesickert war, dass er sich zum alleinigen Chef des Stammes aufschwingen wollte, hatten ihm seine Stammesgenossen den Prozess gemacht. Am Gerichtstag war es zu einem heftigen Tumult gekommen, in dem Orgetorix sein Leben verlor. So erzählt es jedenfalls Cäsar in seinem Rechtfertigungsbericht über den Krieg mit den Galliern.

Cäsar dürfte den Göttern gedankt haben, als er erfuhr, dass die Helvetier durch römisches Gebiet ziehen wollten. Eine Gelegenheit, sich als erfolgreicher Feldherr zu profilieren, war genau das, was er brauchte. Als Konsul hatte er sich im Jahr zuvor nämlich durch sein arrogantes Verhalten in Rom viele Feinde gemacht, die nur darauf warteten, ihn zu erledigen.

Dies alles scheint den Helvetiern nicht bewusst gewesen zu sein. Vielleicht sonnten sie sich auch einfach zu sehr im Kriegsruhm vergangener Tage.

Grösser als der Kriegsruhm

Wie dem auch sei: Der Auszug aus Helvetien wurde zum Desaster. Nachdem ihnen von Cäsar der Durchzug durch römisches Gebiet verwehrt worden war, versuchten die Helvetier auf anderen Wegen nach Gallien zu gelangen. Darauf setzte Cäsar ihnen nach und verwickelte sie in Gefechte.

Als es den Helvetiern dämmerte, dass ihnen die Römer punkto Beweglichkeit stark überlegen waren, schickten sie eine Verhandlungsdelegation zu Cäsar. Deren Leiter war der hochbetagte Divico, der 107 vor Christus in der Schlacht bei Agen an der Garonne ein römisches Heer besiegt und danach die überlebenden Römer gedemütigt hatte. Ein Umstand, der Cäsar bestens bekannt war, da in jener Schlacht auch der Grossvater seines Schwiegervaters Lucius Piso den Tod gefunden hatte.

Die Verhandlungen brachten keine Verständigung. Schliesslich besiegte Cäsar im Sommer des Jahres 58 vor Christus die Helvetier bei Bibracte in einer blutigen Schlacht endgültig und zwang sie zur Rückkehr in die alte Heimat. Dort machten die Nachkommen der gescheiterten Auswanderer die Erfahrung, dass ihr Gebiet grösser als ihr Kriegsruhm war und es sogar noch Platz für römische Niederlassungen hatte.

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