Der neue Vorsitzende der konservativen griechischen Nea Dimokratia traut sich zu, Premier Alexis Tsipras aus dem Amt zu hebeln. Zuerst aber muss Kyriakos Mitsotakis die von den Führungskämpfen zerrissene eigene Partei hinter sich bringen. Das dürfte nicht leicht werden.
Er hat sich viel vorgenommen, der neue Vorsitzende der konservativen griechischen Nea Dimokratia (ND): «Vereinen und erneuern» will er seine Partei und bei der nächsten Parlamentswahl Alexis Tsipras als Premierminister ablösen. Das wird ein schwieriger Spagat. Bei der Urwahl am Sonntag, an der etwa 320’000 Mitglieder und Freunde der ND teilnahmen, bekam Kyriakos Mitsotakis 51 Prozent der Stimmen. 49 Prozent entfielen auf seinen Vorgänger Evangelos Meimarakis, so der Stand der Auszählung am Montagmittag.
Das zeigt: Die Partei ist gespalten. Denn die beiden Kandidaten stehen für zwei politische Lager: Meimarakis, seit über 40 Jahren Mitglied der ND und ein Parteibaron der alten Schule, repräsentiert den konservativen Flügel. Mitsotakis dagegen ist ein Mann der liberalen Mitte. Er will die ND für neue Wählerschichten öffnen. Bevor ihm das gelingen kann, muss er aber zunächst die Partei einen. Die Flügelkämpfe zwischen Konservativen und Liberalen begleiten die Partei seit ihrer Gründung 1974. Für Ende Februar kündigt Mitsotakis nun einen Sonderparteitag an. Das wird seine erste grosse Bewährungsprobe.
Der 47-jährige ist der jüngste Vorsitzende in der Geschichte der Partei. Zugleich kommt er aber aus der ältesten Polit-Dynastie Griechenlands. Sein Vater Kostas Mitsotakis war von 1990 bis 1993 Ministerpräsident, seine älteste Schwester Dora Bakogianni amtierte als Kultur- und Aussenministerin. Die Linie der aus Kreta stammenden liberal-konservativen Politikerfamilie reicht zurück bis zum legendären Staatsmann Eleftherios Venizelos (1864-1936). Kyriakos Mitsotakis weiss: Sein Nachname ist auch eine Hypothek. In den Augen vieler Griechen gehört er zu jener politischen Klasse, die das Land vor die Wand gefahren hat.
Mitsotakis kündigt eine «harte Linie» gegen die Links-Rechts-Regierung an, die er als «populistisch» und «inkompetent» bezeichnet.
Er selbst betont deshalb: «Ich bin zunächst Kyriakos und danach erst Mitsotakis» – will sagen: Er möchte nach dem beurteilt werden, was er selbst geleistet hat. Das ist nicht wenig: Studium an den US-Eliteuniversitäten Stanford und Harvard, eine berufliche Karriere, die in von der Chase Manhattan Bank über McKinsey zur National Bank of Greece führte. Mitsotakis spricht fliessend Deutsch, Englisch und Französisch. Im Ausland ist er ebenso gut vernetzt wie in griechischen Wirtschaftskreisen. Dort gilt er vielen als Hoffnungsträger.
Politische Sporen verdiente Mitsotakis sich 2014 als tatkräftiger Minister für Verwaltungsreform. Mit der Streichung tausender Stellen im Staatsdienst machte er sich allerdings unbeliebt bei den Gewerkschaften. Jetzt kündigt er als Oppositionschef eine «harte Linie» gegen die Links-Rechts-Regierung an, die er als «populistisch» und «inkompetent» bezeichnet.
Noch am Sonntagabend griff Alexis Tsipras zum Telefon und gratulierte dem neuen Oppositionschef zur Wahl. Der Premier bekommt in Mitsotakis einen gefährlichen Gegner. Dass Tsipras die Wahl Ende September trotz gebrochener Versprechen, neuer Sparauflagen, Bankenschliessung und Kapitalkontrollen klar gewinnen konnte, war nicht zuletzt der Schwäche der Opposition geschuldet. Bisher dominiert Tsipras die politische Bühne unangefochten. Das könnte sich ändern.